OLG Frankfurt am Main zum Persönlichkeitsrecht: Presse darf Promi-Pri­vat­sphäre nicht aus­schlachten

07.02.2025

Beliebter Trick der Presse: Ein aktuelles Ereignis als Anlass nehmen, um vergangene Intimitäten einer prominenten Person breittreten zu können. Dass hier die Grenze zur sogenannten Selbstöffnung überschritten ist, hat das OLG klargestellt.

Ein prominenter Fußballer, eine Trennung und die Frage, wie viel von seinem Privatleben die Öffentlichkeit wirklich erfahren darf: Um so einen Fall ging es kürzlich vor dem Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main. Das Gericht entschied, dass das Recht auf Privatsphäre eines prominenten Fußballers nicht durch jede öffentliche Äußerung über eine seiner Beziehungen automatisch aufgeweicht wird (Urt. v. 06.02.2024, Az. 16 U 8/24).

Geklagt hatte ein deutscher Nationalspieler, der sich durch die Veröffentlichungen des beklagten großen Magazins in seinen Persönlichkeitsrechten (Art. 2 Absatz 1 und Art. 1 Absatz 1 Grundgesetz (GG)) verletzt sah. In verschiedenen Artikeln hatte das Blatt intime Details über die Trennung des Fußballers von der Mutter seiner Tochter und ihre private Lebenssituation verbreitet. Die Berichterstattung ging dabei so weit, dass sie das Kennenlernen des Paares, ihre Gefühle füreinander, das Zusammenziehen und die Trennung beschrieb – und zwar ohne dass der Nationalspieler dem zugestimmt hatte, seine privaten Angelegenheiten auf diese Weise zu teilen.

Er zog vor das Landgericht (LG) Frankfurt am Main und beantragte erfolgreich eine einstweilige Verfügung. Das Blatt legte Berufung ein und zog vor das OLG. Das Gericht bestätigte weitgehend die Entscheidung des Landgerichts und stellte klar, dass die Berichterstattung über intime Details der Beziehung nicht nur den Rahmen der "Selbstöffnung" des Fußballers überschritt, sondern auch dessen Privatsphäre verletzte.

"Selbstöffnung": Wo verläuft die Grenze?

Im Zentrum des Urteils stand der Begriff der sogenannten Selbstöffnung. Er umfasst, welche Informationen eine Person freiwillig und bewusst öffentlich zugänglich macht. Der Grundsatz dabei lautet: Wer private Details preisgibt, öffnet damit freiwillig einen Teil seiner Privatsphäre, die in dieser Hinsicht dann weniger schutzwürdig wird. Doch das bedeutet nicht, dass juristisch die Tür zur privaten Welt voll aufgestoßen wird und die Presse über alles berichten darf.

So hatte der klagende Sportler im vorliegenden Fall gelegentlich Fotos von sich und seiner Tochter in sozialen Netzwerken hochgeladen. Die Fotos haben laut OLG aber keinen Aufschluss über seine damalige Beziehung zur Kindesmutter gegeben, so das OLG. Das Posten dieser Bilder habe lediglich den Effekt gehabt, dass öffentlich bekannt wurde, dass der Fußballer eine Tochter hat – mehr nicht. Ansonsten habe der Mann die Beziehung stets privat gehalten, was von der Presse auch zu respektieren ist, so das OLG.

Auch dass der Mann zwischenzeitlich öffentlich mit seiner neuen Partnerin aufgetreten ist, gilt nicht als Selbstöffnung in Bezug auf seine frühere Beziehung zur Kindesmutter, stellte der Senat klar. Ganz im Gegenteil: Der Begriff der Selbstöffnung in Bezug auf intime Beziehungen sei besonders eng zu fassen. Nicht jede Information über eine Beziehung berechtige dazu, plötzlich sämtliche weiteren privaten Verhältnisse des Betroffenen öffentlich zu machen, so das OLG.

Die von der Presse publik gemachten Inhalte zählten damit zur schutzwürdigen Privatsphäre des Fußballers. Dann musste das Gericht noch eine Interessenabwägung vornehmen.

Persönlichkeitsrecht vs. Meinungsfreiheit der Presse

Der Eingriff in die geschützte Privatsphäre des Mannes sei auch rechtswidrig, so das Gericht, da im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung das Bedürfnis des Fußballers, seine Privatsphäre zu wahren, eindeutig schwerer wiege als das Recht des beklagten Magazins auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG). 

Zwar lasse sich nicht leugnen, dass der Fußballer als Spitzenathlet, Nationalspieler und Topverdiener für viele von öffentlichem Interesse ist, so das OLG. Auch sein Engagement in seiner Stiftung habe Leitbildfunktion. Doch auch ein Star habe das Recht auf Privatsphäre, so das OLG. Denn aus dem Persönlichkeitsrecht ergebe sich auch für Personen von öffentlichem Interesse nicht die Pflicht, es hinzunehmen, jede noch so private Ecke des eigenen Lebens von der Presse in der Öffentlichkeit ausleuchten lassen zu müssen.

Die Berichterstattung über die Beziehung des Fußballers mit der Mutter seine Tochter – vom ersten Kennenlernen über die Gefühlswelt und das Zusammenziehen bis hin zur Trennung und der Tatsache, dass das Paar eine Tochter hat – ging laut OLG daher weit über das hinaus, was die Öffentlichkeit wissen dürfe. Solche weitreichenden Informationen befeuerten lediglich das Klatsch-und-Tratsch-Bedürfnis der Leser, das jeden Bezug zu relevanten öffentlichen Angelegenheiten vermissen lasse.

Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar.

xp/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt am Main zum Persönlichkeitsrecht: . In: Legal Tribune Online, 07.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56542 (abgerufen am: 17.03.2025 )

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