OLG Frankfurt am Main sieht fahrlässige Selbstgefährdung: Poli­zisten tragen Mit­schuld an Ver­kehr­s­un­fall

12.12.2024

Drei Polizisten sichern eine Unfallstelle, wobei einer von ihnen getötet und die anderen beiden schwer verletzt werden. Das OLG Frankfurt musste nun bestimmen, wie groß das Mitverschulden war.

Halten sich Polizisten nach der Sicherung einer Unfallstelle auf der Autobahn noch weitere Zeit dort auf, ohne den herannahenden Verkehrs hinreichend zu beobachten, trifft sie bei einem weiteren Unfall sodann ein Mitverschuldensanteil von ein Drittel. Das hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main entschieden (Teilurt. v. 05.12.2024, Az. 15 U 104/22).

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Im November 2015 kam es auf einer dreispurigen Stelle der A4 zu einem Verkehrsunfall, wobei ein Fahrzeug auf dem linken Fahrstreifen liegen blieb und Trümmerteile auf den anderen beiden Fahrstreifen lagen. Drei Bundespolizisten, die sich eigentlich auf dem Heimweg befanden, hielten dort an und sicherten die Unfallstelle ab.

Etwa eine halbe Stunde später, als der mittlere und rechte Fahrstreifen wieder befahrbar waren, kollidierte ein nunmehr beklagter Autofahrer auf der linken Spur frontal mit einem der Polizisten, wobei dieser getötet wurde. Auch mit den beiden anderen Polizisten kollidierte er, wobei diese zum Teil erheblich verletzt wurden. Der Autofahrer wurde bereits wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körperverletzung (§§ 222, 229 Strafgesetzbuch, StGB) verurteilt.

Verkehrswidriges Verhalten der Polizisten

Die Bundesrepublik als Dienstherr der Polizisten wollte dann die an die Hinterbliebenen erbrachten Leistungen in Höhe von knapp 350.000 Euro ersetzt haben. Die erste Instanz ordnete die Haftung vollständig dem Unfallfahrer zu, wogegen sich die Berufung beim OLG Frankfurt richtete.

Der dortige 15. Zivilsenat entschied nun, dass sich die Haftung auf zwei Drittel beschränke und das übrige Drittel folglich die Polizisten trifft. "Die geschädigten Beamten haben sich als Fußgänger im Bereich der Fahrbahn der BAB A4 verkehrswidrig verhalten und dadurch eine nicht unerhebliche Schadensursache gesetzt", so der Senat dazu. Die Polizisten hätten sich fahrlässig selbst gefährdet, indem sie sich etwa eine halbe Stunde nach erfolgter Sicherung der Unfallstelle "auf dem linken Seitentreifen befanden, ohne den herannahenden Verkehr zumindest sorgfältig zu beobachten und ohne angemessen auf diesen Verkehr zu reagieren".

Beim Betreten der Autobahn sei höchstmögliche Sorgfalt geboten, betont das OLG. Aus Zeugenaussagen habe sich ergeben, dass die linke Fahrspur mehrere hundert Meter komplett frei gewesen und vom Wetter her gut einsehbar gewesen sei. Zwei dunkle Fahrzeuge seien am Ende der Fahrspur zu erkennen gewesen, die ziemlich schnell und hintereinander an den anderen Fahrzeugen vorgefahren seien, hieß es in der Zeugenaussage weiter. Damit sei davon auszugehen, so das OLG, "dass bei aufmerksamer Beobachtung des herannahenden Verkehrs eine rechtzeitige Reaktion aller drei Beamten – etwa durch das Überklettern der die beiden Fahrbahnen trennenden und ca. 92 cm hohen Betonschutzwände – möglich gewesen und der Unfall vermieden worden wäre".

jb/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

OLG Frankfurt am Main sieht fahrlässige Selbstgefährdung: . In: Legal Tribune Online, 12.12.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56095 (abgerufen am: 20.01.2025 )

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