Seit Jahren liegt die Witwe des früheren Bundeskanzlers Helmut Kohl mit dessen Ghostwriter Heribert Schwan im Clinch. Jetzt hat sie vor Gericht einen Erfolg errungen.
Im juristischen Dauerstreit um ein Enthüllungsbuch über Altkanzler Helmut Kohl hat das Oberlandesgericht (OLG) Köln die Veröffentlichung weiterer Passagen verboten. Diese betreffen nicht nur Zitate Kohls, sondern auch Schilderungen und Bewertungen des Autors Heribert Schwan, der zuvor als Ghostwriter für Kohl tätig gewesen war (Urt. v. 06.02.2024, Az. 15 U 314/19).
Der Journalist und Historiker Schwan hatte Anfang der 2000er-Jahre als Ghostwriter gemeinsam mit Kohl dessen Memoiren verfasst. Schwan nahm dafür lange Schilderungen Kohls aus seinem politischen Leben auf Kassette auf. Vor dem Verfassen des letzten Bandes der Erinnerungen, der Kohls Abwahl und die CDU-Spendenaffäre behandeln sollte, zerstritten sich die beiden jedoch. Daraufhin veröffentlichte Schwan ohne vorherige Absprache mit Kohl das Buch "Vermächtnis. Die Kohl-Protokolle", in dem er nicht autorisierte Aussagen des Altkanzlers veröffentlichte, insbesondere drastische Werturteile über andere Politiker. Kohl verklagte Schwan daraufhin. Seit seinem Tod 2017 wird das Verfahren von seiner Witwe Maike Kohl-Richter weitergeführt.
Schwan sucht Schuld an Bruch mit Kohl bei dessen zweiter Ehefrau
Obwohl Zeugen wie Kohls Sohn Walter in dem vorangegangenen Gerichtsverfahren bestätigt hatten, dass Kohl mit Schwan keine schriftliche Vertraulichkeitsvereinbarung getroffen hatte, geht das Gericht dennoch davon aus, dass Vertraulichkeit impliziert war, weil Schwan für Kohl gearbeitet habe. Aus Sicht von Kohl seien die von Schwan publik gemachten Kommentare niemals für die Öffentlichkeit bestimmt gewesen. Entsprechend sei die Veröffentlichung weiterer Passagen zu untersagen.
Schwan zeigte sich am Dienstag von der Entscheidung enttäuscht. "Wenn man mir eine Verschwiegenheit angetragen hätte, wäre ich weggelaufen", sagte er der dpa. Vom journalistischen Standpunkt aus betrachtet sei es "unfassbar", dass nun sogar Zitate verboten worden seien, die gar keine Aussagen Helmut Kohls beträfen, sondern Bewertungen von ihm, Schwan. Dabei geht es unter anderem um Schilderungen, wie die Gespräche abliefen und warum es aus Schwans Sicht zum Bruch kam. Schwan macht dafür Kohls zweite Ehefrau Kohl-Richter verantwortlich.
Das Verfahren zieht sich mittlerweile bereits seit über zehn Jahren hin. Neben dem Verbot von Passagen geht es dabei auch um Entschädigungszahlungen. Beide Seiten konnten dabei teilweise Erfolge für sich erzielen. Zuletzt bestätigte das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) Ende 2022 entsprechende Entscheidungen des Bundesgerichtshof (BGH) zur Unvererblichkeit von Entschädigungsansprüchen.
jb/LTO-Redaktion
mit Materialien der dpa
OLG Köln zu "Kohl-Protokollen": . In: Legal Tribune Online, 06.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53810 (abgerufen am: 14.11.2024 )
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