Auch in dieser Woche beschäftigten "Corona-Spaziergänge" die Justiz. Der VGH Baden-Württemberg hat jetzt der Stadt Karlsruhe Recht gegeben, nachdem das erstinstanzliche VG die Sache noch anders bewertet hatte.
Das präventive Verbot von unangemeldeten "Montagsspaziergängen" durch die Stadt Karlsruhe war rechtmäßig. Das hat der Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg entschieden und der Beschwerde der Stadt gegen die erstinstanzliche Entscheidung stattgegeben (Beschl. v. 04.02.2022, Az. 10 S 236/22).
Ende Januar hatte das Verwaltungsgericht (VG) Karlsruhe einem Antragsteller noch Eilrechtsschutz gegen eine versammlungsrechtliche Allgemeinverfügung gewährt, in der die Stadt Karlsruhe die Durchführung unangemeldeter "Corona-Spaziergänge" untersagt hatte. Zur Begründung hatte die Kammer ausgeführt, dass die Stadt in der Lage sei, sich auf die "Spaziergänge" angemessen vorzubereiten und ausreichende Polizeikapazitäten vorzuhalten, da sie wisse, dass diese jeden Montag stattfänden. Auch seien mildere Mittel ersichtlich, so zum Beispiel die Verpflichtung zum Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes. Die Kammer meinte, es sei erfahrungsgemäß nicht ersichtlich, dass solche Maßnahmen generell unbeachtet blieben.
Wiederum hatte einen Monat früher eine andere Kammer des VG noch anders entschieden, auch sonst ist die Rechtsprechung hierzu aktuell nicht einheitlich. Erst in dieser Woche hatte sich auch das Bundesverfassungsgericht mit der Problematik zu beschäftigen.
VGH widerspricht VG in mehreren Punkten
Der VGH hat jetzt die Entscheidung des VG von Ende Januar entsprechend geändert. Die Stadt Karlsruhe habe aufgrund von Erfahrungen im Zusammenhang mit früheren "Spaziergängen" davon ausgehen dürfen, dass bei diesen niederschwelligere Maßnahmen wie die Maskenpflicht bzw. das Abstandsgebot öfter als nur vereinzelt nicht eingehalten würden.
Nach Überzeugen des 10. Senats gingen gerade in der derzeitigen, von der sog. Omikron-Welle geprägten Phase der Corona-Pandemie, damit ganz erheblich erhöhte Ansteckungsgefahren einher, die das präventive Verbot unangemeldeter "Montagsspaziergänge" rechtfertigten.
Auch sieht der VGH - anders als das VG - einen Unterschied zwischen angemeldeten und unangemeldeten Versammlungen. Die Gefahrenbeurteilung unterscheide sich hier erheblich, weil bei angemeldeten Veranstaltungen im Vorfeld Kooperationsgespräche stattfänden und ein Hygienekonzept erstellt werden könne. Auch gewährten Versammlungsleiter:innen und Ordner:innen - auch als Ansprechpartner:innen für die Polizei - ersichtlich eine höhere Wahrscheinlichkeit für die Einhaltung der Coronaschutzbestimmungen.
Weiter stelle die Möglichkeit, mit größeren Polizeikräften auf die "Spaziergänge" zu reagieren und diese notfalls aufzulösen, kein gleich effektives Mittel dar, widerspricht der Senat dem VG. Denn die erhöhten Ansteckungsgefahren wären bei einer Versammlungsauflösung bereits eingetreten, da die Auflösung gerade in Innenstadtlagen voraussehbar mit aus Sicht des Infektionsschutzes unerwünschten Kontakten einhergehe.
Der Beschluss des VGH ist unanfechtbar.
jb/LTO-Redaktion
VGH Baden-Württemberg: . In: Legal Tribune Online, 04.02.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/47436 (abgerufen am: 09.10.2024 )
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