Jens Maier müsse "zwingend" in den Ruhestand, so das Dienstgericht. Zwar ist die persönliche Unabhängigkeit von Richtern ein hohes Gut, doch im Fall Maier ist der Zwangsruhestand die einzig richtige Entscheidung, meint Felix W. Zimmermann.
Die LTO-Eilmeldung zum Aus für Jens Maier auf dem Richterstuhl schlägt auf Twitter ein. Über Tausend liken bis zum Abend die Entscheidung des Dienstgerichts, wonach der vom Verfassungsschutz beobachtete Jens Maier „zwingend“ in den Ruhestand zu versetzen ist. Doch einige kritisieren das Urteil, ein User spricht vom „Gesinnungsstaat“.
In der Tat sollten Richter in Deutschland in einem Punkt eine bestimmte Gesinnung haben, nämlich dem prinzipiellen Gutheißen der freiheitlich demokratischen Grundordnung mit allem, was so dazugehört. Doch abgesehen davon: Im Fall Jens Maier geht es nicht um bloße Gesinnung, sondern um konkrete – in den Worten des Dienstgerichts am Landgericht Leipzig – "rassistische und menschenverachtende" Aussagen, die ihn für ein Richteramt offensichtlich ungeeignet machen: Seine Sorge vor "Mischvölkern", die er in einer Rede äußerte, seine Begründungsansatz für den Massenmord von Andreas Breivik (Verzweiflung wegen Einwanderung von Kulturfremden), Titulierung von Boris Beckers Sohn als „Halbneger“ (von Maiers Twitter-Account, von Mitarbeiter verfasst), sein Wunsch nach "Entsorgung von Marietta Slomka" – da müsste jede Prozesspartei mit Migrationshintergrund oder einer Maier nicht genehmen politischen Gesinnung Angst vor einem unfairen Verfahren haben.
Das gilt erst recht, wenn man – wie das Dienstgericht – diesen Tweet von Maier in die Waagschale wirft: "Wenn Angeklagte 'AfD-Richter' fürchten, haben wir alles richtig gemacht." Maier kündigt darin letztlich selbst an, sich in seinen Urteilen nicht objektiv an Recht und Gesetz, sondern an seine Ideologie halten zu wollen. Denn ansonsten gäbe es keinen Grund, vor einem AfD-Richter Angst zu haben. Ob das ernst gemeint war, spielt keine Rolle. Der böse Schein genügt. So ein Mann darf nicht als Richter arbeiten.
Ansehen der Justiz gerettet – vorerst
Dabei bleibt es wichtig zu differenzieren: Nicht jeder Richter mit AfD-Parteibuch kann in den Ruhestand geschickt werden. Es muss einiges zusammenkommen, bis die durch Art. 97 Abs. 2 Satz 1 GG gewährleistete persönliche Unabhängigkeit des Richters wegen einer Vertrauenserosion in seine Unabhängigkeit und Unparteilichkeit in den Hintergrund treten muss. Richtig war daher auch die kürzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin, die ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete und Richterin Birgit Malsack-Winkemann weiter im Richteramt zu belassen. Ihre bedenklichen Aussagen waren mit Maiers nicht gleichzusetzen und fielen zudem nicht außerhalb des Bundestages.
Doch auch wenn Maier nun nicht mehr auf der Richterbank Platz nehmen sollte (noch ist das Urteil nicht rechtskräftig), bleibt doch der Wermutstropfen, dass er weiter Ruhestandsbezüge erhält – jedenfalls wenn ein noch laufendes Disziplinarverfahren nun im Sande verliefe. Unschön und teuer. Doch ein Rechtsextremist in Richterrobe würde dem Ansehen der Justiz und der Demokratie sehr viel teurer zu stehen kommen.
Ex-AfD-Abgeordneter Jens Maier darf kein Richter mehr sein: . In: Legal Tribune Online, 01.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50350 (abgerufen am: 12.12.2024 )
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