Leserbriefe an LTO: Ihre Kom­men­tare in KW 32

11.08.2018

Bundestagsfraktion kann Forderung nicht begleichen: Eine profitable Pleite

Die "alte" FDP-Fraktion kann ausstehende Rechnungen einer Versorgungskasse in Millionenhöhe nicht zahlen, weil sie ihre Rücklagen verprasst hat. Ein Beispiel für klaffende Lücken im Recht der Fraktionsfinanzierung, meint Alexander Hobusch.

Von: Aras Abbasi, Jura-Student an der HHU

Der Autor verkennt meines Erachtens die Kernprobleme bezüglich der Uneinbringlichkeit der Forderung. 

Zum einen wird jedem Jura-Studenten der Unterschied zwischen Partei und Fraktion klipp und klar erklärt: Die Fraktion ist nicht identisch mit der Partei und umgekehrt. Wenn der Autor schreibt, dass eine Fraktion die Rechtsnachfolge(!) einer der Partei zugehörigen Fraktion antreten könne, dann wird klar, dass die alte FDP-Fraktion wohl aufgrund des mangelnden Nachfolgers rechtlich untergegangen ist. Die Forderungen können also nicht ggü. der Partei FDP oder ggü. der neuen FDP-Fraktion geltend gemacht werden. 

Zudem kann ich aus dem vom Autor angeführten § 12 Abs. 1 Nr. 1 InsO nur die Insolvenzunfähigkeit von Vermögen des Bundes und der Länder bzw. der entsprechenden Gebietskörperschaften herauslesen. Auch § 12 Abs. 1 Nr. 2 der InsO greift nicht, da es ja um eine Bundestagsfraktion und nicht um eine Landtagsfraktion geht. 

Die Rechtsstellung der Fraktion ergibt sich aus § 46 des Abgeordnetengesetzes, woraus man herauslesen kann, dass diese eigenständige Vereinigungen und keine öffentliche Verwaltung darstellen. Daraus kann man schließen, dass diese eigenes Vermögen besitzen. Einfachgesetzlich scheint es somit keine Unzulässigkeit der Insolvenz für Bundestagsfraktionen zu geben. 

Ob eine verfassungsrechtlich gebotene Unzulässigkeit eines Insolvenzverfahrens von Bundestagsfraktionen aufgrund der Nennung der Fraktionen in Artikel 53a I S. 2 GG - vergleichbar der womöglich verfassungsrechtlich gebotenen Unzulässigkeit von Insolvenzverfahren von Parteien aufgrund ihrer Nennung in Artikel 21 GG - problematisch wäre, wird vom Autor nicht geprüft. 

Außerdem wird der FDP-Fraktion vorgeworfen, nicht vorgesorgt oder weitsichtig gehandelt zu haben. Der Autor stellt die FDP-Fraktion so dar, als hätte diese das Scheitern des Wiedereinzuges in den Bundestag als sehr sicher ansehen müssen. Die FDP-Fraktion saß von 1949 bis 2013 im Bundestag. Das sind ca. 64 Jahre Kontinuität. Zudem scheiterte die FDP sehr knapp am Einzug. Welcher Kassenwart hätte also aus Ex-post-Sicht Sicht den Wiedereinzug in den Bundestag bei der FDP bezweifelt?

Wenn der Autor dann noch schreibt, dass die betreffende Fraktion ihrer Buchführungspflicht nicht nachgekommen sei, so stellt sich mir die Frage, wie weit die Buchführungspflicht tatsächlich geht. Die Buchführungspflicht (vgl. § 238 HGB - drittes Buch, erster Abschnitt, erster Unterabschnitt "Buchführung. Inventar") umfasst streng genommen nicht die Pflicht, Rückstellungen ( § 249 HGB - drittes Buch, erster Abschnitt, zweiter Unterabschnitt "Eröffnungsbilanz. Jahresabschluß") oder gar Rücklagen zu bilden. Es wäre also eine Frage der Bilanzierungspflicht, die aber womöglich gar nicht für die Fraktionen verpflichtend ist.  

Viel interessanter wäre es aber gewesen, zu untersuchen, was die vom Ältestenrat des Bundestages erlassenen Ausführungsbestimmungen zu Haushalts- und Wirtschaftsführung (siehe § 51 I AbgG) zu einem solchen Fall sagen und ob dahingehend ein Verstoß vorliegen würde. 

All das wird nicht geklärt, obwohl das die staatsrechtlichen Aspekte gewesen wären, die man hätte näher erläutern können. Schade.

Von: Tobias de Raet, Rechtsanwalt

Das Verhalten der ehemaligen FDP-Fraktion gibt sicherlich Anlass zur Diskussion - juristisch und moralisch. Befremdlich finde ich allerdings, dass Sie einen Beitrag eines Autors veröffentlichen und nicht kenntlich machen, dass der Autor Vorsitzender der Jusos-Wuppertal sowie im Vorstand der SPD Wuppertal ist.

Antwort der Redaktion:

Die Kritik ist durchaus berechtigt, der Hinweis versehentlich unterblieben. Er wurde zwischenzeitlich nachgetragen. 


Zitiervorschlag

Leserbriefe an LTO: Ihre Kommentare in KW 32 . In: Legal Tribune Online, 11.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30261/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

Infos zum Zitiervorschlag
Jetzt Pushnachrichten aktivieren

Pushverwaltung

Sie haben die Pushnachrichten abonniert.
Durch zusätzliche Filter können Sie Ihr Pushabo einschränken.

Filter öffnen
Rubriken
oder
Rechtsgebiete
Abbestellen