Legal Tech und das Rechtsdienstleistungsgesetz: Was geht? Was nicht? Und was sollte gehen?

von Dr. Frank R. Remmertz und Nico Kuhlmann

06.11.2017

Legal Chatbots und Vertragsgeneratoren sind in aller Munde. Aber sind diese und andere Legal-Tech-Angebote auch zulässig? Dr. Frank R. Remmertz und Nico Kuhlmann haben neben Antworten auch Vorschläge für ein sichereres Recht. 

Wie durch kaum eine andere Entwicklung wird der Rechtsmarkt gegenwärtig von der stetig voranschreitenden Digitalisierung geprägt. Die Arbeitsweisen und Prozesse auf dem Rechtsmarkt werden sich in den kommenden Jahren tiefgreifend verändern.

Neben digitalen Werkzeugen, welche  alltägliche anwaltliche Tätigkeiten erleichtern,  gibt es auch immer mehr Geschäftsmodelle, die direkt und unmittelbar mit klassischen anwaltlichen Beratungsdienstleistungen konkurrieren. Dazu gehören beispielsweise Chatbots, die eine vorläufige Rechtseinschätzung abgeben, und Vertragsgeneratoren, die individuell zugeschnittene Rechtsdokumente erstellen.

Durch den rasanten Aufstieg dieser Geschäftsmodelle rückt nun zunehmend die Frage in den Vordergrund, wann die Schwelle zu einer erlaubnispflichtigen Rechtsdienstleistung erreicht wird.

Das RDG: Verbotsgesetz zum Schutz vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen

Das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) regelt die  Befugnis, außergerichtliche Rechtsdienstleistungen zu erbringen. Es soll die Rechtsuchenden, den Rechtsverkehr und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen schützen. Die Anwaltschaft und deren Besitzstand sind dagegen keine direkten Schutzgegenstände des RDG, sondern werden lediglich als Rechtsreflex mit erfasst.

Das RDG ist ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt. Es verbietet grundsätzlich die selbstständige Erbringung  außergerichtlicher Rechtsdienstleistungen, es sei denn, diese wird ausdrücklich erlaubt. In der Praxis besonders relevant ist die Erlaubnis von Inkassodienstleistungen, also der Einzug von Forderungen für Dritte. Andere im RDG ausdrücklich geregelte Erlaubnistatbestände sind in Bezug auf Legal-Tech-Geschäftsmodelle regelmäßig nicht einschlägig.

Die Anbieter von Rechtsdienstleistungen müssen dabei stets selbst über eine entsprechende Erlaubnis verfügen. Wer digitale Produkte und Dienstleistungen anbietet, ohne selbst Rechtsanwalt zu sein  oder eine sonstige Erlaubnis nach dem RDG inne zu haben, kann sich dem Verbotsbereich des RDG nicht dadurch entziehen, dass er Rechtsanwälte als Subunternehmer einschaltet. Eine unerlaubte Rechtsdienstleistung wird nicht dadurch gerechtfertigt, dass sich der Handelnde Rechtsanwälten als Erfüllungsgehilfen bedient.

Rechtstipps, Vertragsmuster und reine Vermittlungsplattformen

Der Dreh- und Angelpunkt für die Antwort auf die Frage nach der Rechtmäßigkeit ist somit, ob die Anbieter der Legal-Tech-Modelle eine Rechtsdienstleistung erbringen. Nach der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 RDG ist das jede Tätigkeit in konkreten fremden Angelegenheiten, sobald diese eine rechtliche Prüfung des Einzelfalls erfordert.

Von vornherein außerhalb des Anwendungsbereichs des RDG agieren Anbieter von Rechtstipps, die ohne Bezug zu einem konkreten Einzelfall auf Plattformen im Internet veröffentlicht werden. Auch der bloße Verkauf von Vertragsmustern fällt nicht unter den Erlaubnisvorbehalt nach dem RDG, weil damit keine rechtliche Prüfung im Einzelfall verbunden ist.

Vermittlungsplattformen, die Rechtsuchende mit geeigneten Rechtsanwälten zusammenführen, bewegen sich ebenfalls außerhalb des RDG, soweit sich die Tätigkeit dieser Dienstleister auf die Vermittlung beschränkt. Voraussetzung ist allerdings, dass auf der Plattform klar und unmissverständlich kommuniziert wird, dass die Rechtsdienstleistung von den kooperierenden Anwälten erbracht wird. Andere Modelle sind weniger eindeutig. Oder sogar ziemlich eindeutig ein Verstoß gegen das RDG.  

Zitiervorschlag

Nico Kuhlmann, Legal Tech und das Rechtsdienstleistungsgesetz: . In: Legal Tribune Online, 06.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25381 (abgerufen am: 03.10.2024 )

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