Gute Nachrichten für Sammler von fragwürdigen Unterhaltungsmedien: Nach einem Urteil des Kölner Verwaltungsgerichts ist die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien verpflichtet, auf dem Markt vergriffene Werke auf Anfrage herauszugeben. Geklagt hatte ein Mann, der eine Kopie des Films "Carl Ludwig, 2. Teil – Carl Ludwigs heiße Träume" von der Behörde haben wollte.
Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (BPjM) muss auf einen entsprechenden Antrag hin ihre Archive öffnen und Kopien einzelner Werke herausgeben. Dies hat das Verwaltungsgericht (VG) Köln in einem nun veröffentlichten Urteil (v. 22.09.2014, Az. 13 K 4674/13) entschieden.
Stuft die BPjM ein Werk als bedenklich ein, so landet dieses für bis zu 25 Jahre auf der Liste jugendgefährdender Medien, § 18 Abs. 7 S. 2 Jugendschutzgesetz (JuSchG). Danach kann erneut geprüft werden, ob das Werk dort verbleiben soll; häufig ist dies auf Grund gewandelter Moralvorstellungen nicht mehr der Fall. Um diese Prüfung jedoch überhaupt vornehmen zu können, legt die Behörde zunächst von jedem indizierten Werk eine Kopie an.
Das bringt es mit sich, dass in den Giftschränken der BPjM ein gewaltiger Schatz von zweifelhaften Medien schlummert – darunter so manche Rarität, die auf dem freien Markt inzwischen kaum noch erhältlich ist. Um eine solche handelt es sich ganz offenbar auch bei dem Pornofilm "Carl Ludwig, 2. Teil – Carl Ludwigs heiße Träume", den ein Kläger von der Prüfstelle herausverlangte. Seinen Anspruch stützte er auf § 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG).
Danach müssen Behörden "amtliche Informationen" herausgeben, nach § 2 Abs. 1 IFG also "jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung". Dass hierunter auch die archivierten, jugendgefährdenden Medien fallen, ist evident und veranlasst das VG Köln zu der fast schon süffisanten Feststellung: "Obwohl es sich um ein Unterhaltungsmedium handelt, dient das Filmexemplar der BPjM daher nicht zur Unterhaltung, sondern zu amtlichen Zwecken."
Die BPjM als unfreiwilliger Mailorderdienst für schlüpfrige Werke?
In der Folge bespricht das Gericht eine Reihe von Gründen, die einer Herausgabepflicht der Behörde ausnahmsweise entgegenstehen könnten, verwirft diese jedoch sämtlich. So ist der Anspruch etwa nach § 9 Abs. 3 IFG ausgeschlossen, wenn der Antragsteller sich die Informationen auf zumutbare Weise selbst beschaffen kann. Dies sei aber zumindest bei solchen Werken nicht der Fall, die, wie der vom Kläger begehrte Titel, nicht mehr frei erhältlich sind.
Auch urheberrechtliche Bedenken stünden nicht entgegen, da der Kläger – insoweit unstreitig – den Film lediglich zu privaten Zwecken nutzen wolle. Nach den §§ 53 Abs. 2 S. 1 Nr. 4 b), S. 2 Nr. 2, S. 3 Urheberrechtsgesetz (UrhG) seien einzelne Vervielfältigungen eines Werkes zur rein analogen Nutzung zulässig, wenn dieses seit wenigstens zwei Jahren vergriffen ist. Schließlich stehe auch § 3 Nr. 2 IFG nicht entgegen: Danach kann die Herausgabe verweigert werden, wenn Belange des Jugendschutzes entgegenstehen. Der Kläger sei aber gerade kein Jugendlicher mehr, sodass der Jugendschutz insoweit nicht tangiert werde.
Die BPjM beabsichtigt, gegen das Urteil Berufung einzulegen. Sollte die Entscheidung Bestand haben, könnte die Behörde sich neben ihrer eigentlichen Zweckbestimmung bald noch eine zweite auf die Fahnen schreiben: Als gewaltiger, museumsartiger Versandservice für historisch interessierte Freunde der Erwachsenenunterhaltung.
Constantin Baron van Lijnden, Klage nach Informationsfreiheitsgesetz: . In: Legal Tribune Online, 02.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13381 (abgerufen am: 05.11.2024 )
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