Selfies sind beinahe schon wieder out. Das Selbstportrait eines Affen aber sorgt gerade für Wirbel. Der Eigentümer der Kamera will nun die Veröffentlichung der Bilder bei Wikimedia Commons gerichtlich untersagen lassen. Wieso er damit nach deutschem Recht bei einem dressierten Schimpansen Erfolg haben könnte, mit dem wilden indonesischen Makaken aber kläglich scheitern wird, erklärt Niklas Haberkamm.
Der Fotograf David Slater war entzückt, als ein wilder Makake in Indonesien mit seiner - für einen Moment unbeaufsichtigten - Kamera durchaus sehenswerte Selfie knipste. Weniger glücklich war er, als er diese Fotos dann später bei Wikimedia Commons entdeckte. Seiner Meinung nach verletzt die Veröffentlichung der Bilder in diesem von allen Wikipedia-Projekten genutzten Aufbewahrungsort für Mediendateien, die gemeinfrei sein oder unter eine freien Lizenz stehen müssen, sein Urheberrecht.
Wikimedia verweigerte die Löschung. Nicht Slater habe schließlich den Auslöser gedrückt, sondern vielmehr der Affe selbst. Aus diesem Grund stünden ihm auch keine Rechte an den Bildern zu. Der Fotograf akzeptierte diesen Ansatz nicht und will die Angelegenheit nun gerichtlich klären. Auch wenn das Verfahren im Vereinigten Königreich stattfindet, liegt die Frage nahe, wem die Rechte am Affen-Selfie in Deutschland zustünden.
Hier alle Selfies des Affen ansehen
Selfies und das Urheberrecht
Ein Foto ist nach dem deutschen Urheberrecht entweder als künstlerische Fotografie und damit als Lichtbildwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 Urheberrechtsgesetz (UrhG) oder als einfaches Lichtbild nach § 72 UrhG geschützt. Während Lichtbildwerke sich durch ihre künstlerische Gestaltungskraft und eine inhaltliche Aussage auszeichnen, sind Selfies als einfache Schnappschüsse lediglich als Lichtbilder einzustufen. Auch auf diese werden die Vorschriften für die anspruchsvolleren Lichtbildwerke aber entsprechend angewandt.
Das damit urheberrechtlich geschützte Selfie darf also nur sein Urheber veröffentlichen. Die Veröffentlichung im Internet regelt § 19a UrhRG unter dem sprachlich unschönen Begriff der öffentlichen Zugänglichmachung. Dieses Recht steht bei Lichtbildern dem Fotografen zu. Fotografen wie David Slater - wenn er denn den Auslöser gedrückt hätte und damit Urheber wäre. Hat er aber nicht, der Affe war's.
Ohne Urheberschaft aber kein Urheberrecht. Und ohne Urheberrecht kein Widerspruch gegen die Veröffentlichung bei Wikimedia.
Affen und das Urheberrecht
Und was ist mit dem Affen? Immerhin hat er den Auslöser gedrückt und dadurch ein Lichtbild angefertigt. Das Urheberrecht schützt nach § 2 Abs. 2 UrhG aber nur persönliche geistige Schöpfungen. Solche schöpferischen Leistungen können per se nur Menschen erbringen. Knipsende oder malende Affen können damit ebenso wenig wie Maschinen urheberrechtlich geschützte Werke erschaffen.
Anders könnte man das sehen, wenn der Fotograf den Affen so trainiert hätte, dass dieser zuverlässig nach den Vorgaben der Dressur die Kamera bedient und dabei die Selfies geknipst hätte.
Zwar lehnt die Rechtsprechung einen urheberrechtlichen Schutz für die Tierdressur selbst als artistische Leistung bislang ab. Ein urheberrechtlicher Schutz kann aber immer dann bestehen, wenn ein menschlicher Wille den konkreten Entstehungsprozess des Werkes, hier eben des Lichtbildes steuert. Dabei darf sich der Urheber aleatorischer Hilfsmittel bedienen. Ein von einem präzise dressierten Affen angefertigtes Selfie könnte also durchaus als eine persönliche Schöpfung des den Entstehungsprozess steuernden Dompteurs bewertet werden.
Ist das Selfie aber ein reines Zufallsprodukt und stand wie im Fall des wilden Makaken keinerlei menschlicher Wille hinter seinem Entstehungsprozess, scheidet eine solche Annahme zugunsten von David Slater aus.
Das (tierische?) Recht am eigenen Bild
Abschließend soll noch kurz ein Blick auf das bei der Veröffentlichung von Fotos grundsätzlich auch immer relevante Recht am eigenen Bild erlaubt sein. Ein solches Recht stünde David Slater zu, wenn der Affe nicht sich selbst, sondern den überraschten Fotografen abgelichtet hätte.
Grundsätzlich dürfen Bildnisse einer Person nach § 22 S. 1 Kunsturhebergesetz (KUG) nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Wäre also er selbst abgebildet, könnte Slater eine Veröffentlichung ohne Einwilligung nach §§ 22, 23 KUG verbieten.
Der Makake hingegen geht auch nach dem KUG leer aus. Weil ein Tier rechtlich als Sache behandelt wird und es kein Recht am Bild der eigenen Sache gibt, hätte der Affe mit einem Verbotsantrag vor Gericht ähnlich geringe Erfolgsaussichten wie der Fotograf David Slater bei seinem Vorgehen gegen Wikimedia.
Der Autor Niklas Haberkamm, LL.M. oec. ist Partner der Kanzlei Lampmann, Haberkamm & Rosenbaum in Köln. Er ist spezialisiert auf das Urheberrecht und das Medienrecht, dort insbesondere auf das Reputationsmanagement sowie den Schutz des Persönlichkeitsrechts.
Niklas Haberkamm, Urheberrecht an Affen-Selfie: . In: Legal Tribune Online, 08.08.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/12841 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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