Vollstreckung vergessen: Räuber bleibt 13 Jahre frei

07.05.2014

Vor 14 Jahren wurde Cornealious Anderson wegen bewaffneten Raubes verurteilt – nur ins Gefängnis musste er nie. Erst 2013, als seine Haft eigentlich enden sollte, fiel den amerikanischen Behörden auf, dass er sie nie angetreten hatte. Doch inzwischen war Anderson zum Familienvater und Vorzeigebürger geworden. Für knapp ein Jahr musste er dennoch hinter Gitter, seit Montag ist er wieder frei.

Eigentlich hätte das Jahr 2013 ein glückliches für Cornealious Anderson werden sollen. Nach Verbüßen seiner 13-jährigen Haftstrafe wegen eines bewaffneten Raubüberfalles auf den Manager eines Fast-Food-Restaurants wäre er erstmals wieder ein freier Mann gewesen. Tatsächlich kam es exakt andersherum: Anderson verbrachte 13 Jahre in Freiheit; erst kurz vor seiner geplanten Entlassung stand die Polizei vor seiner Tür und eskortierte ihn ins Gefängnis.

Was war geschehen? Nach seiner Verurteilung im Jahr 2000 legte Anderson Berufung ein und wurde bis zu deren endgültiger Ablehnung 2002 auf Kaution entlassen. Danach hätte er eigentlich zum Haftantritt abgeholt werden sollen. Doch dazu kam es nie, obwohl er sogar ausdrücklich nachfragte. "Tag um Tag, Monat um Monat, Jahr um Jahr vergingen, und sie haben mich nie abgeholt", zitiert die Associated Press den Mann aus St. Louis.

In Freiheit besser rehabilitiert als viele im Gefängnis

Dahinter verbarg sich keine ungewöhnliche Gnade, sondern ein simpler Irrtum: Die Strafvollzugsbehörden nahmen aus ungeklärten Gründen an, dass Anderson sich bereits in Haft befinde und wurden auf ihren Fehler erst aufmerksam, als sie seine Entlassung vorbereiteten. Doch in der Zwischenzeit hatte Anderson sich in einen regelrechten Vorzeigebürger verwandelt: Er hatte keine weiteren Straftaten begangen, stattdessen geheiratet, vier Kinder gezeugt und sich mit einem Bauunternehmen selbständig gemacht. In seiner Freizeit trainierte er Jugendliche im Football und arbeitete ehrenamtlich in der Kirche.

"Er hat auf eigene Faust geschafft, woran das Strafrechtssystem oftmals scheitert", sagte Andersons Anwalt laut CBC News am Mittwoch bei einer Verhandlung zur Freilassung seines ungewöhnlichen Mandanten. Sogar das Opfer des Raubüberfalls hatte im Vorfeld gegenüber der Riverfront Times geäußert, dass Anderson freigelassen werden sollte, allerdings auch seinem Ärger über den Justizirrtum Ausdruck verliehen.

Nach Urteil: Haftstrafe gilt als verbüßt

Und tatsächlich war Anderson vor Gericht auf ganzer Linie erfolgreich. Nachdem er seit seiner Inhaftierung 2013 fast ein Jahr in Haft verbracht hatte, wurde er am Mittwoch endgültig entlassen. Das Gericht entschied, dass ihm die vergangenen 13 Jahre voll angerechnet würden; somit ist Anderson nicht etwa auf Bewährung frei, sondern seine Strafe gilt als im Rechtssinne voll verbüßt.

"Sie sind ein guter Vater, ein guter Ehemann und ein guter, steuerzahlender Bürger des Staates Missouri", sagte der Richter Terry Lynn Brown zu Anderson. "Das lässt mich glauben, dass Sie sich geändert haben und nun ein aufrechter Mann sind." Anderson selbst zeigte sich glücklich und dankbar über das Ende seiner Haft. Auch sein Anwalt äußerte sich laut CBC News zufrieden: "Dies war kein einfacher Fall. Er hat uns gezeigt, dass die Gerechtigkeit schnell und hart sein kann, aber auch gnädig."

cvl/LTO-Redaktion

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Vollstreckung vergessen: Räuber bleibt 13 Jahre frei . In: Legal Tribune Online, 07.05.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/11897/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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