Viel Lärm um Nichts: Nachdem der Nachbarschaftsstreit um das Gebimmel von Kuhglocken bereits je zweimal Land- und Oberlandesgericht und einmal den BGH beschäftigte, einigte man sich nun auf einen Vergleich, der schon vor fünf Jahren bestand.
Nach jahrelangem Rechtsstreit um die Lautstärke von Kuhglocken haben sich ein Ehepaar und eine Bäuerin am Dienstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) München auf einen Vergleich geeinigt. Höchstens drei Kühe dürfen demnach Glocken tragen; genau genommen handelt es sich um sogenannte Schellen. Der Durchmesser darf dabei maximal zwölf Zentimeter betragen, allerdings gibt es einen Zentimeter Toleranz. Zudem dürfen die beglockten Tiere nur in einem bestimmten Teil der Weide grasen. All das sieht bereits ein Vergleich vor, den der Mann im September 2015 mit der Halterin der Kühe vor dem Amtsgericht (AG) Miesbach geschlossen hatte.
In dem Streit waren die Richter am Dienstag eigens zu einer Hörprobe angereist. Allerdings zeigten sich die fünf Kühe eher müde - von dem umstrittenen Gebimmel war wenig zu hören, da die Tiere vorwiegend im Gras lagen. Die Tiere waren trächtig. Der Augenschein sei deshalb "aus unserer Sicht mehr oder weniger nutzlos verlaufen", stellte der Vorsitzende Richter Nikolaus Stackmann fest. Zu verantworten habe dies die beklagte Bäuerin, die trächtige Mutterkühe anstelle von Jungvieh auf die Weide gestellt habe.
Einer Schmerzensgeldforderung der klagenden Frau in Höhe von 21.000 Euro für gesundheitliche Folgen des schlafraubenden Lärms sowie Kopfschmerzen und depressive Verstimmung räumte der Richter wenig Chancen ein. Selbst bei einem Abstand von drei, vier Metern zu einer Kuh habe der Lärmpegel - gemessen mit einer Handyapp eines Richters – "nur ein bisschen über 60 Dezibel" gelegen, und damit knapp unter dem Richtwert von 65 Dezibel.
Ruhe in einem jahrelangen Rechtsstreit
Auch die Bäuerin, die zuvor eigens mit zwei Testglocken ins Gericht gekommen war, nahm der Richter ins Gebet. Sie solle einmal überlegen, bei wie vielen Landwirtschaften so nah an Wohnhäusern es Usus sei, Kühe mit Glocken auf die Weide zu schicken. Schon vor mehr als 100 Jahren, 1918, habe in Garmisch-Partenkirchen ein Bauer eine "massive Ordnungsstrafe" erhalten, weil er Kühe auf einer eingezäunten Weide mit voluminösen Glocken behängt habe - was unnötig sei. Es müsse beiden Seiten klar sein: "Es gibt Gründe, sich zu vergleichen."
Darum wurde hart gefeilscht. Die Parteien diskutierten ein Maximum von zwei Glocken oder nur einer, ein anderer Vorschlag sah den Zuschnitt der Weidefläche vor oder eine Mähpflicht des Ehepaares als Ausgleich für den Mehraufwand und, so schlug eine Richterin vor, ein "Schlafzimmer" für die Kühe, das weit genug weg wäre vom Anwesen - und damit vom Schlafzimmer des Paares.
Schon nach dem Vergleich von 2015 mussten Kühe mit Glocken gut 20 Meter Abstand vom Haus des Paares halten. Doch das fühlte sich weiter gestört. Ehemann und Ehefrau klagten in getrennten Verfahren. Beide scheiterten in erster Instanz vor dem Landgericht München II, der Ehemann verlor auch in zweiter Instanz vor dem OLG. Seine Nichtzulassungsbeschwerde wies der Bundesgerichtshof (BGH) mangels grundsätzlicher Bedeutung der Sache ab. Nun verhandelte das OLG die Klage der Frau in zweiter Instanz.
Jetzt könnte Frieden einkehren. Er rechne damit, dass sich der Lärmpegel "um bis zu 50 Prozent vermindert", sagte der Anwalt des Ehepaares, Peter Hartherz. "Von daher ist etwas an Ruhe wieder eingekehrt, wenn auch nicht so viel, wie man sich gewünscht hätte." Auch die Bäuerin gab sich zufrieden: "Damit kann ich leben - aber dann muss Ruhe sein."
dpa/acr/mgö/LTO-Redaktion
Vergleich vor dem OLG München: . In: Legal Tribune Online, 27.05.2020 , https://www.lto.de/persistent/a_id/41729 (abgerufen am: 04.12.2024 )
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