LSG Niedersachsen zu Rentenanspruch bei unklarem Alter: 1919 oder 1973 geboren?

19.11.2021

Ist der Mann aus dem Landkreis Stade nun knapp 50 - oder doch schon 102? Und steht ihm tatsächlich eine Altersrente zu? Das LSG Niedersachsen-Bremen hat eine ganz klare Meinung dazu.

Über einen skurrilen Fall hatte das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen mit Sitz in Celle zu entscheiden (Urt. v. 19.11.2021, Az. L 1R 124/21): Ein Mann aus dem Landkreis Stade sagt über sich, er sei schon 102 Jahre alt - und habe damit Anspruch auf die Rente. Doch für die Rentenversicherung ist er laut Versicherungskonto erst 48, sie lehnte den Antrag ab. Für einen knapp 50-Jährigen käme eine Altersrente unter normalen Umständen tatsächlich wohl etwas früh.

Vor Gericht sitzt der Mann, der an einer spastischen Lähmung leidet, gebeugt an seinem Platz, das Haar ist graumeliert und dicht, er sieht aus, wie man mit knapp 50 eben aussieht. Aber ein Greis? "Dass wir es nicht mit einem 102-jährigen Menschen zu tun haben, ist, glaube ich, offensichtlich", sagt Richter Uwe Dreyer. Das Gericht weist die Berufung des Mannes zurück.

Der Richter wirft dem Mann auch vor, das Verfahren mutwillig zu führen, möglicherweise liege eine Straftat vor - "die möglicherweise ein anderes Verfahren nach sich zieht". Schon während der mündlichen Verhandlung warnt der Richter, dass Kläger in bestimmten Fällen die Verfahrenskosten tragen müssen. Im Vorfeld und auch während der Verhandlung versucht ihm Dreyer eine Brücke zu bauen - und fragt: "Sollen wir weitermachen?" Die Antwort lautet, wie aus der Pistole geschossen: "Na klar."

Nach Gerichtsangaben arbeitet der Mann, der 102 Jahre alt sein will, als Verwaltungsfachangestellter beim Landkreis Stade - in Vollzeit. Um seine angeblichen Rentenansprüche zu untermauern, legte er eine eidesstattliche Erklärung und eine selbst verfasste "Geburtsbescheinigung" vor.

Die Daten der Deutschen Rentenversicherung seien aus seiner Sicht falsch, nicht 1973 sei sein Geburtsjahr, sondern 1919, betonte der Mann. 1973 habe er in Stade einen Unfall erlitten, über den er "aus Sicherheitsgründen" nicht sprechen dürfe. Dreyer fragte nach, welche Sicherheitsgründe das denn sein sollten. "Das muss ich hier nicht erläutern", antwortet der Mann. Der Richter schmunzelt. Am Ende weißt das Gericht die Berufung zurück und der Mann muss die Kosten des Verfahrens tragen: 1.000 Euro.

cp/dpa (Thomas Strünkelnberg)/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

LSG Niedersachsen zu Rentenanspruch bei unklarem Alter: . In: Legal Tribune Online, 19.11.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/46702 (abgerufen am: 14.10.2024 )

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