Druckversion
Mittwoch, 29.11.2023, 05:34 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/kurioses/k/lg-koblenz-13s13-19-kreuzfahrt-krankheit-rueckkehr-verweigert-schadensersatz/
Fenster schließen
Artikel drucken
37157

LG Koblenz zu erkranktem Urlauber: Eine Kreuz­fahrt am Limit

20.08.2019

Kreuzfahrtschiff (Symbolbild)

© napa74 - stock.adobe.com

Ein 81-Jähriger erkrankte während einer Kreuzfahrt an einer Lungenentzündung. Als er sich erholt hatte, flog er dem Schiff nach, um wieder an Bord zu gehen - durfte aber nicht. Deshalb bekommt er nun Schadensersatz.

Anzeige

Hart im Nehmen war der 81-jährige Urlauber definitiv: Zusammen mit einer Begleiterin bestieg er im März 2017 ein Kreuzfahrtschiff für eine Reise von Singapur bis Barcelona. Zwischenzeitlich musste er aufgrund einer Lungenentzündung in ein Krankenhaus im malaysischen Penang eingeliefert werden, wo er auf die Intensivstation verfrachtet wurde.

Nach nur vier Tagen hatte er sich aber wieder erholt und dachte gar nicht daran, auch den Rest der teuer bezahlten Rundreise sausen zu lassen. Kurzerhand nahm er das nächste Flugzeug und reiste zusammen mit seiner Begleiterin dem Kreuzfahrtschiff nach Mumbai nach, um wieder an Bord zu gehen und die Reise fortzusetzen. Dort angekommen, untersagte ihm der Schiffsarzt allerdings die Rückkehr auf das Schimm: Aufgrund einer zwischenzeitlich aufgetretenen Grippewelle an Bord sei es für den Mann älteren Semesters zu gefährlich, wieder aufs Schiff zu gehen, so der Bordazt.

Der 81-Jährige reiste also wieder in die Heimat. Doch er ließ es nicht dabei bewenden und verklagte die Reiseveranstalterin aus dem Westerwald auf Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Nachdem das Amtsgericht der Klage bereits im Wesentlichen stattgab und die Veranstalterin zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1.275,70 Euro verurteilte, schlug sich in der Berufung auch das Landgericht (LG) Koblenz auf seine Seite, woraufhin das beklagte Unternehmen sein Rechtsmittel zurücknahm (Hinweisbeschl. v. 09.07.2019, Az. 13 S 13/19).

LG: Mann hatte keine anderen Optionen

Dem Senioren sei die Rückkehr aufs Schiff zu Unrecht untersagt worden, so das LG. Er sei nach dem viertägigen Krankenhausaufenthalt schon wieder völlig genesen und in bester Verfassung gewesen, weshalb das Grippe-Risiko für ihn im Vergleich zu anderen Passagieren an Bord nicht erhöht gewesen sei, wie ein gerichtlich bestellter medizinischer Sachverständiger festgestellt hatte. Zudem habe der Mann auch eine Grippe-Imfpung gehabt.

Die Reiseveranstalterin müsse sich den Fehler des Schiffsarztes auch zurechnen lassen, denn er habe stellvertretend für den Kapitän des Schiffes gesprochen. Sie darf ihrem Kunden nach Ansicht des LG dabei auch nicht entgegenhalten, dass dieser zunächst vor Ort hätte versuchen müssen, Kontakt mit ihr aufzunehmen, um das Problem gemeinsam zu lösen. Abhilfe nämlich, so das LG, wäre faktisch gar nämlich nicht möglich gewesen, da in Mumbai sowie auf dem Kreuzfahrtschiff unstreitig kein Ansprechpartner des Unternehmens zur Verfügung gestanden habe.

Angesichts der nur einige Stunden dauernden Liegezeit des Schiffes im indischen Hafen und einer Zeitverschiebung von viereinhalb Stunden nach Deutschland habe ohnehin nur ein kleines Zeitfenster zur Verfügung gestanden, um die Veranstalterin zu kontaktieren, bevor das Schiff wieder ablegte. Es sei deshalb auch keine Zeit gewesen, ein Gesundheitszeugnis eines Arztes vor Ort einzuholen, um seine Reisefähigkeit zu bestätigen. Dem Schiff weiter nachzureisen, um gegebenenfalls später wieder an Bord gehen zu können, sei dem Mann auch nicht zuzumuten gewesen.

Somit bleibt es bei der Geldentschädigung, die dem 81-Jährigen und seiner Begleitung, die ihm ihr Recht abgetreten hatte, erstinstanzlich zugesprochen worden war. Der Begleiterin sei es nämlich auch nicht zumutbar gewesen, ohne den klagenden Mann weiterzureisen, bestätigte das LG ebenfalls.

mam/LTO-Redaktion

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

LG Koblenz zu erkranktem Urlauber: Eine Kreuzfahrt am Limit . In: Legal Tribune Online, 20.08.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/37157/ (abgerufen am: 29.11.2023 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Reiserecht
    • Reise
    • Schadensersatz
    • Urlaub
  • Gerichte
    • Landgericht Koblenz
28.11.2023
Schadensersatz

AG Köln spricht Land NRW Schadensersatz zu:

Trau­ben­zu­cker löste Groß­e­in­satz aus

Während einer Sicherheitskontrolle bei Gericht weißes Pulver zu verstreuen, ist keine gute Idee. Auch wenn es nur Traubenzucker war, wurde damit ein Großeinsatz ausgelöst. Ein Mann muss deswegen Schadensersatz an das Land NRW leisten.

Artikel lesen
23.11.2023
Anwaltsberuf

LG München I gibt Reisetipps für Rechtsanwälte:

Lassen Sie Ihr beA nicht unbe­auf­sich­tigt

Merkt man erst nach neunstündiger Autofahrt, dass der Gerichtstermin kurzfristig aufgehoben wurde, ist das ärgerlich und teuer. Auf den Reisekosten lässt das LG München I einen Rechtsanwalt sitzen. Er sei außergewöhnlich früh losgefahren.

Artikel lesen
28.11.2023
Gil Ofarim

Sechster Verhandlungstag im Prozess gegen Gil Ofarim:

Die Hin­ter­gründe zum über­ra­schenden Geständnis

Im Prozess wegen falscher Verdächtigung führt das Geständnis Gil Ofarims zur Einstellung gegen Geldauflage, das Gericht sieht nur Gewinner, der Verteidiger verrät die Hintergründe und der Zentralrat der Juden spricht von großem Schaden. 

Artikel lesen
28.11.2023
Studium

LG Koblenz zur Kündigung von Studienvertrag:

Trink­ge­lage mit Ers­ties beein­träch­tigt Ansehen der Hoch­schule

Weil er in seiner Wohnung eine Feier mit viel Alkohol für Erstsemester veranstaltete, hat eine private Hochschule den Studienvertrag eines Drittsemester-Studenten gekündigt. Die fristlose Kündigung sei rechtmäßig, entschied das LG Koblenz.

Artikel lesen
27.11.2023
Cannabis-Legalisierung

Ampel-Fraktionen einigen sich auf geändertes Cannabisgesetz:

Ent­kri­mi­na­li­sie­rung zum 1. April 2024

Kleinere Konsumverbotszonen, größere erlaubte Menge beim Eigenanbau, dafür aber auch Strafverschärfungen, wenn es um Minderjährige geht: Die Ampel hat sich auf diverse Änderungen des Cannabisgesetzes verständigt.

Artikel lesen
28.11.2023
Gil Ofarim

"Die Vorwürfe treffen zu":

Ver­fahren gegen Ofarim nach Geständnis ein­ge­s­tellt

Im Prozess gegen Gil Ofarim gibt es eine überraschende Wende: Der Musiker legte am Dienstagmorgen ein Geständnis ab. Die Vorwürfe träfen zu, den betroffenen Hotelmanager bat er um Entschuldigung. Das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

Artikel lesen
TopJOBS
Rechts­re­fe­ren­da­re (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Voll­ju­ris­ten (m/w/d) – Ih­re Zu­kunft in der hes­si­schen Jus­tiz

Hessisches Ministerium der Justiz , Wies­ba­den

Se­k­re­tär / Se­k­re­tärin (m/w/d) in der Rechts­be­ra­tung

Becker Büttner Held , Ber­lin

Rechts­an­walt (m/w/d) - Me­xi­ko

Rödl & Partner

Re­fe­ren­dar*in / Dok­to­rand*in (m/w/d)

Becker Büttner Held , Ham­burg

Men­to­ring-Pro­gramm für Ju­ris­tin­nen

Skadden, Arps, Slate, Meagher & Flom LLP , Frank­furt am Main

vier Stel­len als No­ta­ras­ses­so­rin / No­ta­ras­ses­sor (w/m/d)

Sächsisches Staatsministerium der Justiz und für Demokratie, Europa und Gleichstellung , Dres­den

Wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter (m/w/d)

SammlerUsinger , Ber­lin

Alle Stellenanzeigen
Veranstaltungen
Fachanwaltslehrgang Verkehrsrecht im Fernstudium/online

06.12.2023

Termine und Fristen – das Herzstück der Kanzlei sicher bedienen

06.12.2023

RA-MICRO vOffice – Das sichere virtuelle Büro inkl. Videokonferenzmöglichkeit

06.12.2023

BrownBag «ChatGPT in der Verwaltung: Go oder No-Go»

06.12.2023

Kölner Tage Krypto und Steuern 2023

08.12.2023, Köln

Alle Veranstaltungen
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH