Anwälte in den USA mögen es gerne etwas extremer, wenn es um die eigene Außendarstellung geht. Im dritten Teil unserer Serie gibt es neben wirklich schauderhaften auch richtig professionelle Vermarktungsclips zu bestaunen.
Anwaltswerbung in den USA: Lesen Sie hier auch Teil 1 und Teil 2 unserer Serie!
Markante Advokaten in schicken Anzügen und attraktive Rechtsberaterinnen mit wallendem Haar in einer graffitibeschmierten Lagerhalle – was wie ein modernes Serienintro aussieht, ist in Wirklichkeit der aktuelle Werbespot der Arbeitsrechtler Levitt & Grosman LLP aus Toronto. Doch nicht nur filmisch, auch musikalisch erinnert der Clip an eine moderne Auflage von Law & Order und seinen Ablegern. Zu rockigen Gitarrenriffs posen Inhaber und Partner überlegen, berechnend und.. ääh.. 'souverän' vor der Kamera.
Dabei wirkt das Team nicht mal unnahbar oder unsympathisch. Dank persönlicher Accessoires wie der gepunkteten Fliege des "ergebnisorientierten" Partners Robert Taylor und seinem schicken Fedora schwappt so etwas wie Liebenswürdigkeit herüber. Wer nicht schon vorher weiß, dass das Video amerikanische Juristen vorstellt, ist am Ende überrascht: Immerhin "besticht" diese professionelle Produktion eben nicht durch den sonst so typischen Trashcharakter und oftmals bewusst gewählten Billig-Look amerikanischer Anwaltswerbungen.
Als man bei den Scheidungsspezialisten von Schmidt & Gladstone aus Utah merkte, dass der erste Clip nun wirklich kein fesselndes Meisterwerk geworden ist, grübelte man mächtig darüber nach, wie man es besser machen könnte. Dabei herausgekommen ist ein kurzes Video im Muppet-Show-Stil. Das wenig Revolutionäre daran: Eine Handpuppe im Seniorenalter, der deutsche Professor Hans von Puppet, die allerdings eine ähnlich langweilige Werbebotschaft wie zuvor erzählt.
Nicht nur, dass die deutsche Sparkasse die Idee mit der Handpuppe schon vor über zehn Jahren hatte. Vielmehr krümmt man sich unter Schmerzen bei dem Versuch, dieses reichlich altbackene Konzept in ein vermeintlich witziges Kostüm zu pressen. Offenbar war man in der Kanzlei der Meinung, die Handpuppe wirke irgendwie lebendiger als die eigenen Protagonisten – was ja auch wieder stimmt. Fazit gleichwohl: royally cringeworthy.
Was auch immer den jungen Anwalt Bryan "Texas Law Hawk" Wilson aus Fort Worth, Texas antreibt: Die Sorge, sich selbst zu ernst zu nehmen, kann es nicht gewesen sein. Ganz im Sinne des besonders patriotischen Geistes eines stereotypen Texaners spielt Wilson mit nationalen Stilmitteln (wehende White Stripes und kreischender Adler) und übertrieben heldenhaft dargestelltem Einsatz. Dabei nimmt er die Polizei aufs Korn, die im Clip mehr als langweiliger Spielverderber denn als Freund und Helfer auftritt.
Nach dem Motto "Ein Anruf genügt!" kommt er dem Beamten zuvor und haut seine potentielle Klientel aus dem Schlamassel heraus. Der süße Schäferhund auf dem Arm darf da natürlich nicht fehlen. Seine Botschaft ist eindeutig und kommt gut an: Es gibt nichts, wogegen sich ein waschechter Texaner nicht alleine wehren kann. Und wenn doch, ruft er eben den Texas Law Hawk. So einfach ist das.
Nicht nur burschikos, sondern rabiat geht es im Clip von Lowell "The Hammer" Stanley zu. Der alteingesessene Advokat aus Norfolk hat sich mit seinen Filmchen zu einer lokalen Berühmtheit gemausert. Sein Spezialgebiet ist es, das meiste Geld aus den (bleibenden) Unfallschäden seiner Mandanten herauszuholen. Und weil es bei so einem Unfall nun mal ordentlich knallt, laufen im Hintergrund diverse Einblendungen unterschiedlicher Verkehrscrashs der eher saftigen Gattung ab.
Im Vordergrund ist dann "The Hammer" höchstpersönlich zu sehen. Sogleich wird klar: Mit diesem Mann ist so wenig zu spaßen wie mit einem Monstertruck in voller Fahrt.
"Ich bin der Hammer, sie [die Versicherungen] sind die Nägel", lautet sein Wahlspruch, der vornehmlich den spießigen Hut-am-Steuer-Träger zwischen 40 und 50 beeindrucken dürfte. Ebenso einprägsam, aber hart an der Grenze zum "that's what (s)he said" sind auch die übrigen Parolen wie "Ich hämmere seit über 30 Jahren" oder "Sie rufen an, ich hämmere los". Stanley selbst scheint sich der latenten Zweideutigkeit allerdings nicht bewusst zu sein –zumindest schaut er die ganze Zeit so ernst und grimmig drein, als wollte er sich jeden Anflug von Ironie verbitten. Na dann: immer feste druff!
Wesentlich gediegener geht es bei den Kollegen von Siegfried & Jensen aus Salt Lake City zu. Auch sie haben sich auf Unfallrecht spezialisiert, ziehen ihre Werbung im Gegensatz zu "The Hammer" jedoch auf einem subtileren Wege auf. Der ist aber nicht weniger bissig: Ein scheinbar naives Blondchen berichtet über ihre Erfahrungen mit der Versicherung nach einem Unfall. Ihr gegenübergestellt wird der namenlose "Versicherungstyp", der betroffen in die Kamera guckt – aber nur, weil er bald zahlen soll. Deshalb rät er der Dame, lieber keinen Anwalt zu nehmen, der würde schließlich nur unnötige Kosten verursachen und die Versicherung zahle ja sowieso gern (nämlich viel weniger als sie müsste).
Spätestens hier klingeln beim eitlen Zuschauer die Alarmglocken – wer will denn schon der Haarfarbe des Dummchens alle Ehre machen und sich von der Versicherung veräppeln lassen? Niemand! Dieser visuell nicht sehr spektakuläre und psychologisch einfach gehaltene Werbespot bringt seine Botschaft auch ohne viel Knall und Puff ins Ziel: Ein Anwalt mag kosten, keinen zu haben kostet aber mehr. Die simple Aufmachung könnte allerdings auch ein Nachteil sein. In einem Land, in dem die Konkurrenz mit viel Tamtam und Platzhirschgehabe aufwartet, mag dieser vergleichsweise leisetretende Clip schnell untergehen.
Anwaltswerbung in den USA: Lesen Sie hier auch Teil 1 und Teil 2 unserer Serie!
Marcel Schneider, Anwaltswerbung in den USA - Teil 3: Captain America, Kasperltheater und ein Hammer-Typ . In: Legal Tribune Online, 17.07.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/16074/ (abgerufen am: 26.04.2024 )
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