Angebliches Bußgeld fürs Handy-Aufladen: Warum denn so unge­müt­lich?

von Dipl.-Jur. Simon Gauseweg, LL. B.

02.12.2017

2/2: Haushalte als Marktakteure?

Betrachtet werden muss auch der systematische Zusammenhang einer Norm. Schon die Überschrift der Registrierungsverpflichtung in § 3 MaStRV ("Registrierung von Marktakteuren") weist darauf hin, dass es nicht um Gasthandys oder -föhne oder auch die mitgebrachten Bohrmaschinen von Handwerkern geht, sondern eher um Stromproduktion und Netzeinspeisung.

Zudem weist § 1 MaStRV für den Anwendungsbereich der Verordnung auf § 111e EnWG hin. Diese Vorschrift wiederum nennt als Zweck des zu errichtenden Marktstammdatenregisters die bessere Verfügbarkeit energiewirtschaftlicher Daten und – Verringerung des Aufwands zur Erfüllung energierechtlicher Meldepflichten. Dass die Registrierung faktisch jeden Privathaushalts der transparenten Darstellung der Energiewende dienen könnte, darf begründet bezweifelt werden.

Auch die Entstehungsgeschichte einer Norm ist für ihre Auslegung nicht unbedeutend: So lassen sich häufig Hinweise auf die Bedeutung einzelner Formulierungen von Gesetzen in Gesetzesbegründungen oder Parlamentsreden finden.

Und tatsächlich: Im Referentenentwurf ist von "wesentlichen Akteuren" die Rede, die im Stammdatenregister erfasst sein sollen. Der Fokus liegt dabei auf dem "Energiemarkt". Für den mag auch das Solarpaneel auf dem Wohnhausdach relevant sein, wenn es in das Stromnetz einspeist – das Gasthandy darf hingegen wohl als eher unwesentlich für die Energiewende gelten.

Kein Grund, geladen zu sein

Schlussendlich fragt die teleologische Auslegung nach dem Sinn und Zweck einer Norm, hier also nach Sinn und Zweck des Registers. In der Auflistung aller Privathaushalte, was die Konsequenz der Warnecke'schen Auslegung wäre, liegt er wohl nicht. Dazu reicht das bereits bestehende Melderegister völlig aus. Stattdessen soll es einen Überblick darüber verschaffen, wer wo auf welche Weise Strom oder Gas produziert beziehungsweise ins Netz einspeist. Das Register soll den Blick auf das große Ganze erleichtern. Wem das ladende Handy innerhalb der privaten Verbrauchsstelle gehört, ist dafür vollständig irrelevant.

Zudem soll das Register der transparenten Darstellung der Transformation des Energieversorgungssystems dienen. Dazu gehört zumindest ein Mindestmaß an Übersicht. Diese ginge vollständig verloren, wenn jeder Mieter oder Eigentümer, der seinem Besuch ein guter Gastgeber sein will, prophylaktisch eine Registrierung als "Lieferant" vornimmt. Dies sollte einspeisenden Stromerzeugern vorbehalten sein. Genau das ergibt sich auch aus den anderen Fällen, in denen die MaStRV eine Registrierung vorsieht (§ 3 MaStRV).

Anstatt auf die Inbetriebnahme des elektronischen Registers im Sommer 2018 hinzuweisen, wäre seitens des Eigentümerverbandes in seiner Mitteilung wohl eher ein Verweis auf die "fünfte Jahreszeit" angebracht gewesen: Nicht kafkaesk, sondern geradezu karnevalistisch mutet die Mitteilung seines Präsidenten an.

Für gute Gastgeber gibt es also keinen Grund, wie elektrisiert in der Formularsammlung der Bundesnetzagentur zu stöbern. Ob die Gäste nun Handy, Föhne oder andere Geräte mit Netzstecker verwenden wollen – ein Bußgeld droht in keinem Falle. Insofern bedarf es auch der geforderten Klarstellung des Wirtschaftsministeriums nicht. Die kann nämlich auch jeder Erstsemesterstudent der Rechtswissenschaften vornehmen.

Der Autor Dipl.-Jur. Simon Gauseweg, LL.B. ist akademischer Mitarbeiter am Lehrstuhl für Öffentliches Recht, insbesondere Völkerrecht, Europarecht und ausländisches Verfassungsrecht an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder).

Zitiervorschlag

Dipl.-Jur. Simon Gauseweg, LL. B., Angebliches Bußgeld fürs Handy-Aufladen: Warum denn so ungemütlich? . In: Legal Tribune Online, 02.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25813/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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