Die Selbstschussanlage eines Kleingärtners sollte eigentlich Wildschweine vom Bambus fernhalten, traf aber einen Menschen. Nun muss sich der Mann vor Gericht verantworten – auch wegen seiner Sammlung von alten Waffen.
Wie gefährlich darf ein Kleingarten in Saarbrücken sein? Muss man mit einer Selbstschussanlage rechnen? Und was ist mit alten Wurfgranaten, Handgranaten, Stabbrandbomben oder Kanonenzündern, wenn diese von einem 64 Jahre alten Gartenfreund in seiner Gartenlaube gelagert werden?
Ein Verfahren, das vor dem Amtsgericht (AG) Saarbrücken diese Fragen klären soll, ist am Donnerstag von der Vorsitzenden Richterin Wiebke Zimdars erst einmal vertagt worden. Sie ordnete für den 23. April einen Ortstermin auf dem Gartengrundstück an: "So etwas habe ich schon seit zehn Jahren nicht mehr gemacht, das ist wirklich sehr ungewöhnlich." Aber die wesentliche Frage, wie zugänglich der Garten gewesen sei - ob also für die Öffentlichkeit eine Gefahr bestanden habe - lasse sich anhand der Akten nicht klären.
Vor dem Schöffengericht antwortete der 64-jährige Pächter des Grundstücks mit einer von seinem Anwalt Michael Rehberg verlesenen Erklärung auf den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung und des strafbaren Umgangs mit Explosivstoffen. Im Mai 2017 war ein 60 Jahre alter Mann auf der Suche nach einem anderen Gartengrundstück durch die an einem Holzstapel installierte Selbstschussanlage des 64-jährigen Gärtners am Knie verletzt worden.
Der Pächter sagte, er habe mit der Selbstschussanlage seine Bambuspflanzen vor Wildschweinen schützen wollen. Die Selbstschussanlage habe er von seinem Vorgänger übernommen. Das Opfer bestätigte, Wildschweine seien in der Tat sehr lästig. Aber als er von der versteckten Selbstschussanlage am Knie getroffen wurde, sei er doch sehr erschrocken und schockiert gewesen: "Plötzlich lief da Blut." Eine förmliche Entschuldigung des 64-Jährigen Kleingärtners habe er bereits angenommen. Bleibende Schäden habe er nicht davongetragen: "Ich habe schon Schlimmeres erlebt." Laut einer Sprecherin des Gerichts trug er ein Hämatom mit einem Durchmesser von einem Zentimeter davon.
Waren Warnschilder ausreichend?
Ein Beamter des Landeskriminalamtes berichtete als Zeuge, es sei durchaus möglich, dass sich auch Kinder in der Nähe des Holzstapels aufhalten könnten: "Das wäre dann lebensgefährlich." Er ist der Ansicht, dass die Selbstschussanlage auf öffentlichem Grund gestanden habe. Weil die Frage, wo welcher Zaun und welches Warnschild mit der Aufschrift "Vorsicht Elektrozaun" beziehungsweise "Vorsicht Knall" gestanden hat, wegen unterschiedlicher Angaben nicht geklärt werden konnte, setzte das Gericht eine Ortsbegehung an. Richterin Zimdars: "Es geht auch darum, ob für einen Dritten vorhersehbar war, dass so etwas passieren kann."
Den Besitz von alten Waffen oder Waffenteilen, Granaten und Zündern räumte der Angeklagte bereits ein. Er sei "seit vielen Jahren Sammler von ehemaligem Kriegsmaterial und so Waffensachen" und habe einen Teil davon auch auf Flohmärkten in Frankreich gekauft, sagte sein Anwalt. Der Gartenpächter soll laut Anklageschrift auch mit einem Metalldetektor nach Kriegsmunition gesucht und diese in der eigenen Wohnung und in der Gartenlaube aufbewahrt haben. "Es war früher gang und gäbe, dass man in Frankreich solche Sachen kaufen konnte", sagte Rehberg weiter.
dpa/acr/LTO-Redaktion
AG Saarbrücken ordnet Ortstermin an: . In: Legal Tribune Online, 12.04.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/28035 (abgerufen am: 09.12.2024 )
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