Ein wankender Gang, glasige Augen und ein starker Alkoholgeruch: Ausreichend Anzeichen für Airline-Mitarbeiter, um einen Rechtsanwalt für den Langstreckenflug des Flugzeugs zu verweisen, entschied das AG München.
Wann ist ein Passagier zu betrunken, um einen Flug antreten zu dürfen? Eine Reihe von Anzeichen dafür hat ein Rechtsanwalt aus Niedersachsen geliefert, dem eine Fluggesellschaft daraufhin rechtmäßigerweise verweigert hat, bei einem Langstreckenflug mitzufliegen, wie das Amtsgericht (AG) München in einem am Freitag veröffentlichten Urteil entschieden hat (Urt. v. 23.07.2019, Az. 182 C 18938/18).
Der Anwalt hatte einen Münchner Reiseveranstalter verklagt. Über eine Discounterkette hatte er für sich und seine Ehefrau eine Pauschalreise über eine Pazifikkreuzfahrt mit Hin- und Rückflug gebucht. Wie geplant verlief die Reise dann allerdings nicht: Die Airline weigerte sich, dass Paar zurückzufliegen. Zur Begründung führte sie an, dass das Paar zu diesem Zeitpunkt zu betrunken und damit fluguntauglich gewesen sei.
Beide mussten das Flugzeug deswegen mit Hilfe des Sicherheitsdienstes verlassen und einen neuen Flug für den kommenden Tag buchen - nach eigenen Angaben für zusammen rund 1.750 Euro. Das Geld forderte der Mann nun vor Gericht nun vom Reiseveranstalter zurück, zusätzlich dazu noch 600 Euro Schadensersatz für den Umsatzverlust, der ihm als Rechtsanwalt durch den verspäteten Rückflug mindestens entstanden sei.
Passagier musste sich zum Stehen an die Wand anlehnen
Das Gericht bezog für sein Urteil unter anderem die Aussage einer Stewardess ein, die bereits in einem anderen Zivilprozess in Frankfurt zu diesem Streitfall Stellung genommen hatte. Ihren Aussagen zufolge hatte das Paar zu besagtem Zeitpunkt nicht einmal mehr geradeaus zu seinen Sitzen gehen können. Die weinende Frau habe sich nach besten Kräften bemüht, ihren Ehemann zu seinem Platz zu führen. Der Kläger, der noch vor dem Hinsetzen ein Glas Champagner gefordert habe, habe sich an die Wand anlehnen müssen, um nicht umzufallen. Der Flugkapitän habe daraufhin entschieden, der Mann werde nicht von Brisbane bis zum Zwischenstopp in Dubai durchhalten - und das Ehepaar des Flugzeugs verwiesen.
Gegen ihre vertraglichen Pflichten habe die Airline mit dieser Entscheidung des Kapitäns nicht verstoßen, entschied nun das AG München. Die Fluguntauglichkeit der zwei Passagiere könne als glaubhaft nachgewiesen angesehen werden, weswegen die Fluggesellschaft die Nichtbeförderung nicht zu vertreten habe.
Zusammenfassend heißt es in dem mittlerweile rechtskräftigen Urteil: "Ein wankender Gang beider Fluggäste, gerötete Gesichter, glasige Augen, Stützen des Klägers, Weinen der Ehefrau des Klägers, die Aussage, es gehe ihr nicht gut, starker Alkoholgeruch und mangelnde Konzentrationsfähigkeit des Klägers sowie der Umstand, dass dieser sich zum Stehen an die Wand anlehnen musste - dies ist nach Auffassung des Gerichts als ausreichend anzusehen."
Die Münchner Richterin bescheinigte dem Flugkapitän, die Situation richtig beurteilt zu haben. Dabei habe er insbesondere vorausschauend bewerten und auch berücksichtigten dürfen, dass es sich um einen Langstreckenflug von entsprechender Dauer handelte.
mgö/LTO-Redaktion
Mit Materialien der dpa
AG München verneint Schadensersatzanspruch: . In: Legal Tribune Online, 28.10.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/38413 (abgerufen am: 14.12.2024 )
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