Dass in der JVA mit Zigaretten und Drogen gehandelt wird, ist bekannt. Aber mit Schnitzeln und Würstchen? Unter großen Sicherheitsvorkehrungen hat in Celle der Prozess um krumme Geschäfte in der Gefängnisküche begonnen.
Am Donnerstag ging es am Amtsgericht (AG) Celle um Schnitzel, Würstchen und Mettenden. Weil vier Häftlinge des Hochsicherheitsgefängnisses Celle über Monate hinweg Fleisch aus der JVA-Küche unterschlagen und in eigene Gefrierfächer gepackt haben sollen, müssen sie sich vor Gericht verantworten. Aus Sicherheitsgründen wurde die Verhandlung in den großen Saal des Oberlandesgerichtes verlegt.
Die 42 bis 57 Jahre alten Angeklagten sind verurteilte Straftäter, auch ein Doppelmörder ist darunter. Drei von ihnen saßen gemeinsam mit fünf Wachleuten in einer Art Kasten aus Panzerglas. Derjenige von ihnen, der die Sache auffliegen lassen haben soll, durfte in Fußfesseln neben seinem Anwalt sitzen. Auch ein Kühlschrank mit den beschlagnahmten Wurstwaren stand im Saal.
Wegen Beihilfe mitangeklagt ist ein 42 Jahre alter Justizbeamter. Der Küchenchef des Gefängnisses soll beim Portionieren und Einschweißen geholfen haben. Gegen ihn läuft auch ein Disziplinarverfahren. Ihr Mandant gehe seit anderthalb Jahren wegen der Sache mit den Nerven zu Fuß, sagte seine Anwältin Katrin Brinkmann. Sie sei wie die anderen Verteidiger an einer Einstellung des Verfahrens interessiert - aber nur, wenn dies nicht mit einem Schuldeingeständnis des Küchenchefs verbunden sei.
Staatsanwältin will Rolle des Justizbeamten aufklären
Gleich sieben Zeugen hatte Amtsrichter Ingo Jacobs für den ersten Prozesstag geladen. Doch eine Flut von Anträgen der Verteidiger verhinderte, dass an diesem Tag Licht an die Machenschaften in der Gefängnisküche gelangt. Es kam zu stundenlangen Unterbrechungen.
Immerhin verlas Staatsanwältin Gesine Dell' Aquila die knappe Anklageschrift. 30,6 Kilogramm Fleisch, 10,2 Kilogramm Bratwürste und 4,7 Kilogramm Mettenden sollen die Angeklagten abgezweigt haben, zählte sie auf. Zwei Häftlinge sollen die Fleischportionen in Kisten auf Transportwagen auf die Stationen gebracht und in eigene Gefrierfächer "zum Verzehr und zur Weiterveräußerung" deponiert haben. "Das am 25. Mai 2016 sichergestellte Fleisch unterliegt der Einziehung", stellte die Staatsanwältin trocken fest.
"Hier ist eine riesige Kostenmaschinerie in Gang gesetzt worden", gab Rechtsanwalt Benjamin Schmidt zu bedenken und verwies dabei auf die Transporte der Angeklagten aus verschiedenen Gefängnissen. Nach Auffliegen der Fleisch-Bande wurde sein Mandant, ein 57-jähriger Deutscher, in die JVA Wolfenbüttel verlegt. Der 49-jährige Libanese, der die anderen belastet haben soll, sitzt derzeit in der JVA Oldenburg. Die Staatsanwältin sprach sich aber gegen eine Einstellung des Verfahrens aus - sie will die Rolle des Justizbeamten aufklären, der geholfen haben soll.
In einer Woche, am 2. November, sollen Gefangene als Zeugen gehört werden, in deren privaten Kühlschränken ebenfalls Fleisch aus der Küche entdeckt wurde. Dann müssen wieder Straftäter in den großen Saal des OLG Celle gebracht werden, viel Aufwand für die Wachleute. Am 16. November könnte dann das Urteil gesprochen werden, die Angeklagten müssen mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren rechnen.
dpa/acr/LTO-Redaktion
Prozessauftakt am AG Celle: . In: Legal Tribune Online, 26.10.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25265 (abgerufen am: 02.12.2024 )
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