Noch etwas zögerlich, aber doch zunehmend nutzen Kanzleien soziale Plattformen wie Xing, LinkedIn, Twitter oder Facebook. Während Einige die Klaviatur des sozialen Selbstmarketing mühelos beherrschen, brauchen Andere noch Nachhilfe. Der Xing-Experte Joachim Rumohr gibt Tipps und Hinweise, wie sich die Präsenz im sozialen Netzwerk für Akquise und Recruiting nutzen lässt.
LTO: Sie haben das Buch Xing optimal nutzen verfasst, von dem sich rund 15.000 Exemplare verkauft haben. Wo sehen Sie den Hauptnutzen dieses sozialen Netzwerks?
Rumohr: Für mich liegt er ganz klar in den Suchoptionen. Ich kann mein Netzwerk auf Xing sehr gezielt nach Kontakten durchsuchen und dabei Filter setzen, die mir auf anderen Social Media Plattformen wie Facebook, Twitter oder Google+ nicht zur Verfügung stehen. So ist es beispielsweise möglich, gezielt in den Kontakten meiner Kontakte zu suchen und so mein bestehendes Netzwerk nach möglichen Empfehlungsgebern zu durchsuchen.
Für einen Anwalt kann es jedoch auch der Punkt Datensicherheit sein. Xing ist das einzige Netzwerk, welches wirklich alle Seiten mit dem bankenüblichen Standard der SSL-Verschlüsselung absichert. So ist eine geschützte Kommunikation in allen Bereichen gegeben und die eigenen eingegebenen Daten werden von Xing nach den deutschen Datenschutzrichtlinien gesichert. Kontaktdaten müssen beispielsweise einzeln freigeschaltet werden.
LTO: Wie ist Ihre Wahrnehmung, was die Auftritte von Kanzleien und Anwaltsprofilen auf Xing angeht? Sehen Sie Verbesserungspotential?
Rumohr: Dieses Potential besteht tatsächlich, denn die wenigsten nutzen die Möglichkeiten von Xing wirklich in dem Umfang, wie er gegeben ist. Gerade online ist es wichtig, dem Besucher meines Profils so schnell wie möglich klar zu machen, ob er bei mir richtig ist. Der Name der Kanzlei beantwortet diese Frage in der Regel selten. Man sucht eine bestimmte Fachrichtung und möchte wissen, ob der gefundene Anwalt Kompetenz hat.
LTO: Was sind Ihre wichtigsten Empfehlungen für das perfekte Xing-Profil als Anwalt?
Rumohr: Spätestens im Profilspruch sollte in einem kurzen Satz klar werden, welche Fachrichtungen der Anwalt hat. Über das Portfolio sollten dann weitere Kompetenzen, eine kurze Beschreibung des Werdeganges und/oder der Kanzlei und der Art der übernommenen Mandate ausgeführt werden. Dies übrigens bestenfalls mit einigen Bildern, denn diese halten den Besucher auf der Seite und machen das Lesen erst zu einem 'Erlebnis'.
"Der Anwalt muss im richtigen Moment im Weg stehen"
LTO: Kann eine kontinuierliche Präsenz bei Xing andauernde Akquiseaktivitäten obsolet machen?
Rumohr: Ja, auf jeden Fall. Ich kenne eine ganze Reihe von Personen, bei denen dies auch der Fall ist. Ein Anwalt kann im Grunde auch schlecht akquirieren. Soll er irgendwo anrufen und fragen, ob man nicht vielleicht mal einen Unfall verursachen möchte, damit er tätig werden kann? Nein, ein Anwalt muss im richtigen Moment 'im Weg stehen'. Und er muss in seinem Netzwerk bekannt sein.
Was macht man, wenn man einen Anwalt benötigt? Man googelt oder fragt Freunde und Bekannte oder Geschäftspartner nach einer Empfehlung. Und dafür ist es notwendig in den Köpfen der Menschen zu sein. Manche Anwälte schreiben dafür Newsletter und bleiben so in den Köpfen der Mandanten.
Im Social Media geht das über Statusmeldungen. Legen Sie sich einen Blog an, in dem Sie regelmässig Artikel zu Ihrem Fachbereich veröffentlichen. Das können Hinweise auf aktuelle Urteile, Strategien zur Vermeidung von Rechtsstreiten oder allgemeine Hinweise zum Fachthema sein. Und dann verbreiten Sie diese Artikel per Statusmeldung auf Xing. Alternativ können Sie auch Artikel aus Online-Magazinen mit Ihren Kontakten teilen, wenn diese etwas mit Ihrem Fachgebiet zu tun haben.
LTO: Würden Sie Anwälten, die in größeren Einheiten agieren, immer auch ein Einzelprofil neben einem Unternehmensprofil empfehlen?
Rumohr: Selbstverständlich, denn mit einem Unternehmensprofil kann man auf Xing nicht agieren beziehungsweise kommunizieren. Will man einen Gruppenartikel schreiben, ein Event anlegen oder einem anderen Mitglied eine Nachricht zukommen lassen, geht das stets nur mit einem Einzelprofil. Das Unternehmensprofil kann zur Verbreitung von allgemeinen Informationen und zur Anwerbung neuer Mitarbeiter dienen.
Doch in jedem Personenprofil sollten sich ebenfalls die Beschreibung der Kanzlei und weitere Informationen zum jeweiligen Profilinhaber befinden. Online nehmen sich die meisten nicht viel Zeit. Es gibt viel zu viele Informationen und alles soll schnell und einfach erfassbar sein. Die Notwendigkeit sich durch langes Hin- und Herklicken alles zusammen suchen zu müssen führt da eher zum Abbruch.
LTO: Was ist die wichtigste Funktion bei Xing?
Rumohr: Das hängt stets von der Zielsetzung, dem Kundenkreis und dem eigenen Angebot ab. Am Anfang ist es sicher das eigene Profil. Es muss professionell und aussagekräftig aufgebaut sein. Der Besucher sollte nach zwei bis drei Sekunden feststellen können, ob er bei der für ihn richtigen Person gelandet ist.
Danach ist es der Auf- und Ausbau des eigenen Netzwerkes. Verbinden Sie sich mit allen Menschen, die Sie auch Offline kennen und die Sie auf Xing finden können. Dabei sollte man auch keinen Unterschied zwischen privaten und beruflichen Kontakten machen. Xing ist ein Business-Netzwerk und Menschen, die Sie privat kennen, sind trotzdem aus beruflichen Gründen auf dieser Plattform und können Ihnen ebenso wertvolle Empfehlungen geben.
Hat man sein Profil auf einem guten Stand und sein Netzwerk grösstmöglich ausgebaut, ist es wichtig, aktiv zu sein. Der Erfolg auf Xing ist letztendlich davon abhängig, dass Sie in Ihrem Netzwerk bekannt bleiben und bisher nicht bekannte Menschen auf sich aufmerksam machen. Aus dem Marketing kennt man die Aussage: 'Wer nicht wirbt, der stirbt'. Für soziale Plattformen lautet sie abgewandelt: 'Wer nicht aktiv ist, wird vergessen'.
"Kontakte sollten belastbar sein"
LTO: Was ist die Mindest- und was die maximale Anzahl von Kontakten, die sinnvoll sind?
Rumohr: Es gibt keine Vorgabe in Bezug auf die Anzahl von Kontakten. Wichtig ist, dass der überwiegende Teil Ihrer Kontakte aus sogenannten belastbaren Kontakten besteht. Ich habe beispielsweise fast 10.000 Kontakte auf Xing. Jedoch haben 98 Prozent dieser Kontakte mich hinzugefügt, weil sie dies wollten. Weil sie nach einem Vortrag, einem Seminar oder dem Lesen einer meiner Artikel mit mir in Verbindung bleiben wollten.
Rufe ich einen dieser Kontakte an, wird er sich mit grosser Wahrscheinlichkeit an meinen Namen erinnern. Frage ich ihn nach einer Empfehlung, bekomme ich diese in vielen Fällen auch. Es hängt davon ab, wie wertvoll das war, was er von mir vorher erhalten hat und ob er sich noch daran erinnert. Hat es ihm weitergeholfen, hilft er auch mir weiter.
Im Gegenzug bedeutet dies, dass es nicht empfehlenswert ist, massenhaft Kontakte anzufragen, zu denen man keinerlei Bezug hat. Was bringt mir ein Kontakt, von dem ich so gut wie nichts weiß und der auch im Grunde keine Ahnung hat, wer ich bin und was ich anbiete?
LTO: Was empfehlen Sie bei Anfragen von Unbekannten?
Rumohr: Prüfen Sie bei Kontaktanfragen stets das Profil des Anfragenden. Ist es ein möglicher Mandant, Kooperationspartner oder Dienstleister für Sie oder für jemanden aus Ihrem Netzwerk? Anschließend stellen Sie den Kontakt her! Und zwar am besten durch einen persönlichen Anruf. Nur so können Sie schnell und erfolgreich einen neuen Kontakt aufbauen. Wenn Sie die Kontaktanfrage nur bestätigen, passiert in der Regel nichts weiter. Rufen Sie jedoch an, können Sie direkt klären, was Sie eventuell füreinander tun können. Gerade bei Anfragen ohne Text halte ich dies für sehr wichtig.
Haben Sie hingegen den Eindruck, dass die Kontaktanfrage nur dem Ziel dient, eine für Sie unbrauchbare Dienstleistung zu verkaufen oder gar nur gestellt wurde, um Daten zu sammeln, dann sollten Sie diese direkt ablehnen. Eine Nachricht dazu können Sie sich dabei sparen. Der andere bekommt keine Information darüber, dass Sie abgelehnt haben. Sie bleiben auch nach der Ablehnung bei dem anderen ein unbestätigter Kontakt ohne weitere Informationen zum Status.
Der gebürtige Hamburger Joachim Rumohr, ein Xing-Mitglied der ersten Stunde, ist Autor des Buchs Xing optimal nutzen mit rund 15.000 verkauften Exemplaren, sowie von rund 800 Fachartikeln. Er hält Vorträge und Seminare rund um das soziale Netzwerk.
Claudia Bonacker, Akquirieren via Xing & Co.: "Wer nicht aktiv ist, wird vergessen" . In: Legal Tribune Online, 27.11.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13940/ (abgerufen am: 29.03.2024 )
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