Michael Jaffé wirft ehemaligen Vorständen und einem Aufsichtsratsmitglied von Wirecard Pflichtverletzungen vor. In einer Zivilklage fordert er einen dreistelligen Millionenbetrag. Ein Termin für die Entscheidungsverkündung steht bereits fest.
Im Dezember 2022 startete vor dem Landgericht (LG) München I die Hauptverhandlung im Wirecard-Strafverfahren. Angeklagt sind neben gegen Ex-CEO Markus Braun auch weitere frühere hochrangige Manager des insolventen Technologiekonzerns. Seit Donnerstag wird, ebenfalls am LG, eine Organhaftungsklage des Insolvenzverwalters Michael Jaffé verhandelt (Az.: 5 HK O 17452/21). Beklagt sind frühere Konzernvorstände, darunter auch Braun, sowie mit Stefan Klestil ein ehemaliges Mitglied des Aufsichtsrats.
Die 5. Kammer für Handelssachen des LG unter dem Vorsitz von Dr. Helmut Krenek soll klären, ob bei der Vergabe eines unbesicherten Darlehens und der Zeichnung einer Schuldverschreibung Pflichtverletzungen begangen wurden und somit die Voraussetzungen für eine persönliche Haftung vorliegen. Einen Vorsatz braucht es dabei nicht, die Organmitglieder einer Aktiengesellschaft haften schon bei leichter Fahrlässigkeit.
"Eh gemacht, was sie wollen"
Das betreffende Darlehen über 100 Millionen Euro wurde im März 2020, also wenige Monate vor der Insolvenz, ausgezahlt und sollte in den Aufbau des Asien-Geschäfts von Wirecard fließen. Jaffé ist überzeugt, dass die Vergabe pflichtwidrig erfolgt ist, insbesondere weil keine ausreichenden Sicherheiten hinterlegt wurden.
Die in zwei Tranchen zu 40 Millionen Euro bzw. 60 Millionen Euro erfolgte Zeichnung der Schuldverschreibungen wertet Jaffé als reine "Bilanzkosmetik". Zudem fehle eine vorgehende Due Diligence, mit der man seiner Ansicht nach die Werthaltigkeit der Forderungen hätte prüfen müssen.
Die Anwälte von Braun und Klestil wiesen sämtliche Vorwürfe gegen ihre Mandanten zurück. Stephan Freund, Verteidiger von Klestil, gab zu Protokoll, dass die Vorstände bei Wirecard "eh gemacht haben, was sie wollen". Man habe es mit einer "ausgeprägten Bande" zu tun. Markus Braun bezeichnete er als Kriminellen.
Wohin die Kammer tendiert, war in der mündlichen Verhandlung am Donnerstag Prozessbeobachtenden zufolge noch nicht herauszuhören. Eine Entscheidung soll am 5. September dieses Jahres verkündet werden, teilte das Gericht mit.
sts/LTO-Redaktion
Mündliche Verhandlung vor dem LG München I: . In: Legal Tribune Online, 22.02.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/53944 (abgerufen am: 02.10.2024 )
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