Druckversion
Dienstag, 18.11.2025, 21:25 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/kanzleien-unternehmen/k/vg-koeln-14-K-1282-15-rwe-land-nrw-bund-rodung-hambacher-tagebau
Fenster schließen
Artikel drucken
25697

Redeker Sellner Dahs / Dammert & Steinforth / Philipp-Gerlach Teßmer: BUND kann Tagebau Ham­bach nicht ver­hin­dern

24.11.2017

Der Bund für Umwelt und Naturschutz ist mit seinem Versuch, den Braunkohletagebau Hambach zu stoppen, vor dem VG Köln gescheitert. Das Gericht wies die Klage des Umweltverbands am Freitag ab.

Anzeige

Dieter Sellner (© Redeker)

Der Weg für die umstrittenen Rodungen im Hambacher Wald und die Fortführung des Braunkohletagebaus ist nach einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts (VG) Köln frei. Das Gericht wies eine Klage des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND) ab (Urt. v. 24.11.2017, Az.:14 K 1282/15). Die Naturschützer wollten die Fortführung des Tagebaus und die anstehenden Rodungen im uralten Hambacher Wald verhindern. Gegen das Urteil protestierten Braunkohlegegner lautstark im Gerichtssaal.

Die Rodungen würden "zeitnah" beginnen, sagte ein Sprecher des Energiekonzerns RWE. Der BUND indes reichte nach eigenen Angaben direkt nach der Urteilsverkündung beim Oberverwaltungsgericht (OVG) NRW in Münster einen Antrag auf Erlass einer Verfügung auf einen Rodungsstopp im Hambacher Wald ein. Damit will der BUND erreichen, dass die Rodungen zumindest solange untersagt werden, bis das OVG in dem dort anhängigen Eilverfahren gegen die Zulassung des Hauptbetriebsplans eine Entscheidung getroffen hat. Zudem will der BUND einen Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des VG einreichen.

BUND argumentiert mit fehlenden Umweltprüfungen

Gegenstand des Verfahrens vor dem VG Köln waren die Zulassungen des Hauptbetriebsplans bis 2017 und des 3. Rahmenbetriebsplans bis 2030 mit zwei Bescheiden von Ende 2014 durch das Land Nordrhein-Westfalen. Der Hauptbetriebsplan erlaubt unter anderem die sogenannte Vorfeldräumung und Waldrodung. Er erfasst Teile des Hambacher Forsts.

Ein zentraler Einwand der Naturschützer war, dass die Zulassungen beider Betriebspläne rechtswidrig seien, weil erforderliche Umweltprüfungen nicht durchgeführt worden seien. Das VG folgte dieser Ansicht jedoch nicht. Es betonte, dass das Gesamtvorhaben vor Inkrafttreten der einschlägigen Vorschriften begonnen worden sei und im Übrigen auch umfangreiche Umweltprüfungen durchgeführt worden seien.

Schwerpunkt des Verfahrens waren Fragen des Europäischen Naturschutzrechts. Aus Sicht des BUND hätten die Zulassungen nicht erteilt werden dürfen, weil es sich bei dem Hambacher Forst um ein potenzielles FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat) handele, das fehlerhaft nicht als Schutzgebiet gemeldet worden sei. Auch sei der Hambacher Forst wegen des Vorkommens an Mittelspechten ein faktisches Vogelschutzgebiet, das nicht in Anspruch genommen werden dürfe. Ferner seien auch artenschutzrechtliche Anforderungen verletzt worden.

VG: Rodung verstößt nicht gegen Umweltrecht

Mit keinem dieser Einwände setzte sich der BUND durch. Der Rahmenbetriebsplan Hambach für die Jahre 2020 bis 2030 und der Hauptbetriebsplan bis 2017 seien rechtmäßig, stellten die Richter in der mündlichen Urteilsbegründung fest. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung sei nicht notwendig. Die Rodung des Hambacher Waldes verstoße nicht gegen europäisches Umweltrecht.

Der Wald habe zwar eine besondere Wertigkeit, aber für den Erhalt der dort vertretenen Lebensraumtypen und Arten seien andere Gebiete für das europäische Schutzgebietssystem Natura 2000 gemeldet worden. Deshalb sah das VG auch keine Veranlassung, der Anregung des BUND zu folgen und den Europäischen Gerichtshof zur Klärung weiterer Fragen in einem Vorabentscheidungsverfahren anzurufen.

RWE und Land hatten zuvor Vergleich abgelehnt

Der Vorsitzende Richter Holger Mauerer bedauerte vor dem Richterspruch, dass die Beigeladene RWE, vertreten durch Redeker Sellner Dahs, und das beklagte Land Nordrhein-Westfalen, das von der Leipziger Kanzlei Dammert & Steinforth vertreten wurde, einen Kompromissvorschlag des Gerichts abgelehnt hatten. Nur der BUND hatte Bereitschaft für einen Vergleichsvorschlag signalisiert, die Abbaugrenzen zu verschieben und den Hambacher Wald zu verschonen.

Das Gericht hatte den Vergleichsvorschlag als Beitrag zum Rechtsfrieden in der Region gesehen, zumal ein Kohleausstieg absehbar sei. Das VG betonte auch, dass in den Verfahren nicht über energiepolitische Fragen zu entscheiden gewesen sei, sondern allein über die Rechtmäßigkeit der erteilten Zulassungen. Rechtsmängel seien hier aber nicht ersichtlich.

Der BUND, der sich in dem Rechtsstreit von Dirk Teßmer vertreten lässt, profitierte von einer erst 2017 in Kraft getretenen Änderung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes. Diese führte dazu, dass die 2015 erhobene Klage nachträglich als zulässig erachtet wurde.

 ah/LTO-Redaktion

mit Material von dpa

Beteiligte Kanzleien

Beteiligte Personen

Redeker Sellner Dahs für RWE Power (Beigeladene):

Dr. Dieter Sellner

Dr. Frank Fellenberg

Dr. Tobias Masing

 

Dr. Dammert & Steinforth für das Land NRW, Bezirksregierung Arnsberg:

Prof. Dr. Bernd Dammert

 

Philipp-Gerlach Teßmer für den BUND:

Dirk Teßmer

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

Redeker Sellner Dahs / Dammert & Steinforth / Philipp-Gerlach Teßmer: . In: Legal Tribune Online, 24.11.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/25697 (abgerufen am: 18.11.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Verwaltungsrecht
    • Energie
    • Umweltschutz
    • Verfahren
  • Gerichte
    • Verwaltungsgericht Köln
Eine Wärmepumpe vor einem Wohnhaus 14.11.2025
Energie

Strenge Vorgaben aus Brüssel:

EU-Recht ver­bietet Rüc­k­ab­wick­lung des Hei­zungs­ge­setzes

Die Regierungskoalition streitet über das sogenannte Heizungsgesetz. Dabei hat sich die seit Ampel-Zeiten andauernde Debatte längst seit der Novelle der EU-Gebäudeeffizienzrichtlinie erledigt, meint Marvin Klein.

Artikel lesen
Illegal entsorgter Müll 05.11.2025
Umweltschutz

Bekämpfung von Umweltkriminalität:

Das Umwelt­straf­recht als Tür­öffner für höhere Ver­bands­geld­bußen

Das BMJV geht die Umsetzung der EU-Umweltstrafrechtrichtlinie an. Neben Änderungen im Strafgesetzbuch soll der Höchstbetrag für Verbandsgeldbußen vervierfacht werden – auch für Straftaten ohne Umweltbezug.

Artikel lesen
Demonstration gegen das Badeverbot in der Spree im August 2025 10.10.2025
Umweltschutz

Verein stellt Gesetzentwurf zu Eigenrechten der Natur vor:

Die Spree soll sich sauber klagen können

Verschmutze Flüsse, die selbst dagegen klagen können? In Deutschland ist der Gedanke von Eigenrechten der Natur noch nicht verbreitet. Eine Initiative will das ändern – und beginnt mit der Spree.

Artikel lesen
Gülleausbringung 08.10.2025
Umweltschutz

Deutsche Umwelthilfe erfolgreich vorm BVerwG:

Bun­des­re­gie­rung muss Akti­on­s­pro­gramm Nitrat ers­tellen

Wegen zu hoher Nitratwerte im Grundwasser gibt es seit Jahren Streit um Schutzmaßnahmen: Muss die Bundesregierung sich einmal grundsätzlich mit dem Thema befassen? Ja, hat jetzt hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden.

Artikel lesen
Videoverhandlung beim LG München 17.09.2025
Zivilprozess

Masseverfahren, Versäumnisurteile und verpasste Chancen:

Vide­o­ver­hand­lung – eine Reform ohne Wir­kung

Massenverfahren belasten die Justiz durch hohe Klagezahlen, überflüssige Verhandlungen und Verzögerungstaktiken. Carl Christian Müller und Bennet Roßbach werfen einen kritischen Blick auf die Reform des § 128a ZPO.

Artikel lesen
Das mittlerweile abgeschaltete Atomkraftwerk Isar bei Landshut 10.09.2025
Umweltschutz

EuG zur Taxonomie:

Ein­stu­fung von Atom­kraft und Erdgas als kli­ma­f­reund­lich rech­tens

Die EU-Kommission hat Investitionen in Atomkraft und Erdgas als klimafreundlich eingestuft, um Geldgeber wie Banken und Investoren in diesen Bereichen zu gewinnen. Österreich hatte dagegen geklagt, unterlag nun aber vor dem EuG.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Düs­sel­dorf

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Düs­sel­dorf

Logo von CMS Deutschland
Le­gal En­gineer / Le­gal Tech Spe­cia­list (m/w/d) im Be­reich „Do­cu­ment...

CMS Deutschland , Ber­lin

Logo von ARQIS
Re­fe­ren­dar (m/w/d) Re­gu­lato­ry

ARQIS , Ber­lin

Logo von ARQIS
Re­fe­ren­dar (m/w/d) Re­gu­lato­ry

ARQIS , Düs­sel­dorf

Logo von Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland(KMK)
Re­fe­rats­lei­tung Voll­ju­rist / Voll­ju­ris­tin (m/w/d)

Sekretariat der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland(KMK) , Bonn

Logo von REDEKER SELLNER DAHS
Re­fe­ren­da­rin/​Re­fe­ren­dar (m/​w/​d) Wirt­schafts­ver­wal­tungs­recht

REDEKER SELLNER DAHS , Bonn

Logo von Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern
Re­fe­ren­da­re | Ber­lin

Baker McKenzie Rechtsanwaltsgesellschaft mbH von Rechtsanwälten und Steuerberatern , Ber­lin

Logo von RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Rechts­an­wäl­te (m/w/d) als An­ge­s­tell­te oder in frei­er Mit­ar­beit

RechtDialog Rechtsanwaltsgesellschaft mbH , 100% Re­mo­te

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
Logo von FPS Rechtsanwaltsgesellschaft mbH & Co. KG
Wandhängende WCs und andere Luxusmodernisierungen - – Soziales Erhaltungsrecht in der anwaltlichen Praxis

04.12.2025, Berlin

Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Carve-Out-Transaktionen: Rechtliche, finanzielle und IT-Herausforderungen meistern

26.11.2025

Verfahren wegen Kindesmissbrauchs und Kinderpornographie (5 Zeitstunden)

25.11.2025

Aktuelle Rechtsprechung im Wohn- und Gewerberaummietrecht (5 Zeitstunden)

25.11.2025

Verlesen statt vernehmen? – Hürden und Schwachstellen beim Urkundenbeweis (5 Zeitstunden)

25.11.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH