Das Jahr neigt sich dem Ende, und damit beginnt auch wieder die Zeit der Mitarbeitergespräche in den Kanzleien. Worauf Associates dabei achten sollten, erklärt Karriereberaterin Carmen Schön.
Das Mitarbeitergespräch ist ein Instrument für zwei Dinge: Zum einen dient es einem Selbstbild-Fremdbild-Abgleich, es liefert Ihnen also Antworten auf die Fragen: Wo stehe ich und wie bewertet mein Vorgesetzter meine Leistung. Zum anderen ist es eine Gelegenheit, Dinge auszuhandeln, etwa eine Gehaltserhöhung, einen Karriereschritt oder bestimmte Weiterbildungsmaßnahmen.
In Kanzleien laufen die Mitarbeiterjahresgespräche unterschiedlich professionell ab. Es kann sein, dass die Partner von der Personalabteilung Fragebögen bekommen, mit denen sie die Gespräche sehr strukturiert durchführen. In einer anderen Kanzlei gibt es diese Fragebögen vielleicht auch, aber die Partner verwenden sie nicht. In wieder anderen Sozietäten gibt es womöglich gar keine Struktur für Jahres- oder Mitarbeitergespräche.
Das Gespräch ist Ihre Holschuld
Als Associate sollten Sie sich deshalb nicht darauf verlassen, dass der Partner auf Sie zukommt. Verstehen Sie das Mitarbeitergespräch als Holschuld. Es ist Ihnen erlaubt, aktiv zu werden und um ein Gespräch zu bitten.
Partner scheuen die Mitarbeitergespräche oft aus mehreren Gründen: Manche möchten dafür keine Zeit verwenden und blocken die Gespräche entweder völlig ab oder nehmen sich maximal zwei Minuten Zeit. Andere Partner sind unsicher, wie man diese Gespräche führt – und vermeiden sie ebenfalls.
Mit den folgenden Tipps können Sie diesen Fallen entgehen.
2/3: Richtige Zeit, richtiger Ort, richtige Vorbereitung
Sprechen Sie den Partner nicht zwischen Tür und Angel an, sondern vereinbaren Sie über das Sekretariat einen Termin. Eine Stunde Zeit sollten Sie einplanen.
Buchen Sie einen neutralen Raum, etwa einen Konferenzraum. Im Büro des Partners fühlt man sich oft unwohl und auf ungewohntem Terrain.
Machen Sie sich vorab klar, welches Ziel Sie in diesem Gespräch verfolgen. Das könnte beispielsweise ein Selbstbild-Fremdbild-Abgleich sein, die Planung weiterer Karriereschritte oder eine Gehaltserhöhung.
Hilfreiche W-Fragen
Bereiten Sie konkrete Fragen vor, um gewappnet zu sein, falls der Partner unvorbereitet kommt. Stellen Sie zum Beispiel sogenannte W-Fragen (wie, warum,…) oder versuchen Sie es mit "Auf einer Skala von 0 bis 10, wie zufrieden sind Sie mit meiner Leistung?"
Ein Vorteil dieser Frage: Viele Menschen können mit Zahlen etwas anfangen, und es fällt ihnen deshalb leicht zu antworten. Sie wiederum können die Gelegenheit zum Nachfragen nutzen: Was genau ist nicht zufriedenstellend?
Sie können den Partner auch bitten, drei bis fünf Stärken zu nennen, die er an Ihnen sieht - und ebenso viele Schwächen oder Bereiche, wo Sie seiner Ansicht nach Lernbedarf haben. Fragen Sie nach konkreten Beispielen und auch danach, wie Sie diese Lernfelder angehen könnten.
Aus diesen Lernfeldern können sich konkrete Ziele für das kommende Jahr ergeben, beispielsweise wenn Sie an einem besseren Zeitmanagement arbeiten sollen. Hierzu machen Sie sich nach dem Gespräch einen Plan, wie Sie das Ziel konkret umsetzen.
3/3: Feedback für den Partner?
Wenn es in Ihrer Kanzlei üblich ist, können Sie dem Partner auch anbieten, ihm ein Feedback zu geben. Das könnte etwa darin bestehen, wie zufrieden Sie mit seiner Führung sind, welche Stärken er aus Ihrer Sicht hat - und Sie könnten Ihre Wünsche an ihn formulieren. Allerdings sollten Sie das nicht ungefragt tun, sondern zunächst abwarten, wie der Partner auf Ihr Angebot reagiert.
Dabei sollten Sie aber die Feedback-Regeln einhalten: Beschreiben Sie, bewerten Sie nicht. Sprechen Sie aus der Ich-Position, also beispielsweise "ich nehme folgendes wahr" statt "Du machst immer".
Wenn das Gespräch unsachlich wird: Eine typische Reaktion ist es, sich verletzt zu zeigen und verbal zurückzuschlagen. Dies artet dann aber oft in gegenseitige Vorwürfe aus.
Im Notfall: sachlich bleiben
Besser: Versuchen Sie gelassen zu bleiben –auch wenn das sehr schwer fällt und viel Übung erfordert. Fragen Sie nach, wenn Sie etwas nicht verstehen und bringen Sie das Gespräch so wieder auf eine Sachebene zurück: Was kann ich tun, um das Problem zu lösen? Wie kann ich mein Verhalten ändern?
Dabei kann es helfen, wenn Sie sich gewissermaßen dissoziieren, indem Sie sich als "Berufsperson" sehen und die Vorwürfe nicht an Ihr Herz kommen lassen. Das erfordert aber einiges an Übung.
Wenn das Gespräch zu emotional wird, dann unterbrechen Sie es mit dem Versprechen, sich noch einmal Gedanken zu machen – und nehmen Sie den Gesprächsfaden ein paar Tage später wieder auf.
Carmen Schön, Karriereplanung: 8 Tipps für ein gelungenes Mitarbeitergespräch . In: Legal Tribune Online, 03.11.2015 , https://www.lto.de/persistent/a_id/17419/ (abgerufen am: 29.09.2023 )
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