Richtiges Auftreten im Mandantenkontakt: "Wer sym­pa­thisch wirkt, wird öfter man­da­tiert"

Interview von Dr. Anja Hall

09.08.2018

Gegenseitige Sympathie erleichtert die Zusammenarbeit zwischen Anwalt und Mandant ungemein. Was man selbst tun kann, um sympathisch zu wirken, und was hilft, wenn wir das Gegenüber nicht leiden können, sagt Juristen-Coach Carmen Schön.

LTO: Uns wird immer gesagt, dass wir möglichst authentisch auftreten sollen. Warum sollte ein Anwalt dann überhaupt versuchen, besonders sympathisch auf seinen Mandanten zu wirken?

Carmen Schön: Weil Sympathie ein Erfolgsfaktor im Beruf ist. Man hat herausgefunden, dass Menschen lieber bei denjenigen etwas kaufen, die sie sympathisch finden. Übertragen auf die Rechtsberatung bedeutet das: Anwälte und Anwältinnen, die sympathisch rüberkommen, werden öfter mandatiert.

LTO: Was aber empfindet ein Mandant als sympathisch?

Carmen Schön: In der persönlichen Begegnung ist der Blickkontakt wichtig. Also: Schauen Sie das Gegenüber an und halten sie den Blickkontakt. Auch ein leichtes Lächeln wirkt sympathisch - aber das muss aus dem Herzen kommen. Dieses typische Flugbegleiter-Lächeln, wo man sich morgens die Mundwinkel nach oben schiebt und sie dann den ganzen Tag über in dieser Position hält, ist unnatürlich.

Im Gespräch ist es wichtig, zuzuhören und dem Gegenüber ausreichend Raum zu geben, von seinem Anliegen zu berichten. Das Zuhören fällt übrigens gerade Anwälten oft schwer, denn sie haben ein gewisses Sendungsbewusstsein und wollen – typisch Dienstleister – ihr Gegenüber begeistern. Die Folge ist allerdings, dass sie oft zu viel reden. Manchmal fehlt es ihnen auch an Empathie, vor allem dann, wenn sie gedanklich wo ganz anders sind, etwa schon beim nächsten Mandanten.

Wir empfinden übrigens auch kooperative Menschen als sympathisch, also Menschen, die das "wir" im Gespräch nach vorne stellen und nicht immer nur "ich" sagen.

Auf das Gegenüber einschwingen

LTO: Man sollte also freundlich lächeln und nicht zu viel quatschen. Was ist noch hilfreich?

Carmen Schön: Menschen, die uns ähneln, wirken ganz besonders sympathisch auf uns. Im Kontakt mit dem Mandanten sollte man sich deshalb auf ihn einschwingen und ihn entsprechend "bespielen": Was ist der Mandant für ein Typ und in welcher Rolle ist er unterwegs? Möchte er einen langen Small Talk halten oder kommt er lieber gleich zum Thema? Will er lieber selbst erzählen oder sich befragen lassen?

Auch Ausdruck und Körpersprache des Gegenübers können wir spiegeln. Er sieht sich selbst dann in uns – was uns wiederum sympathisch macht.

LTO: Ein Anwalt soll seinen Mandanten nachäffen?

Carmen Schön: Nein, auf keinen Fall. Das würde das Gegenüber sofort bemerken. Aber wenn Sie sich einmal umschauen: Viele harmonische Paare spiegeln einander - allerdings unbewusst.

LTO: Wie soll das konkret funktionieren: Jemanden spiegeln, ohne ihn nachzuäffen?

Carmen Schön: Die innere Haltung ist wichtig: Sie müssen Lust auf den anderen Menschen haben. Wer nicht in Kontakt treten will, kann nicht sympathisch wirken. Und Sie müssen sich auf den Kontakt einlassen, also das Gegenüber erst einmal wahrnehmen und beobachten. Anschließend können Sie inhaltlich und rhetorisch an das andocken, das Sie wahrgenommen haben. Vielleicht nehmen Sie auch eine ähnliche Körperhaltung ein wie ihr Gegenüber: Wenn der Mandant beispielsweise mit verschränkten Armen am Tisch sitzt, dann machen Sie das auch.

Abneigung ist oft nur eine Projektion

LTO: Was hilft, wenn ich mein Gegenüber auf den ersten Blick völlig unsympathisch finde?

Carmen Schön: Im Coaching spricht man davon, dass man sich Menschen schöngucken kann: Wir betrachten ihn so lange, bis wir etwas finden, das uns an ihm begeistert. Das erfordert natürlich einen gewissen Entdeckergeist. Wir müssen erst einmal auf den Menschen gespannt sein und dürfen ihn nicht sofort bewerten. Oft ist eine solche Abneigung auf den ersten Blick ohnehin nur eine Projektion, denn wir kennen das Gegenüber ja gar nicht. Er erinnert uns bloß an jemanden anderen, den wir nicht mögen. Das sollte man reflektieren.

LTO: Was raten Sie jemandem, der an seiner Wirkung arbeiten will?

Carmen Schön: Fragen Sie sich in einem ersten Schritt, warum sie manche Menschen auf Anhieb sympathisch finden und andere nicht. Reflektieren Sie auch die Gründe, falls Sie mit einem Mandanten oder Kollegen gar nicht klarkommen: Woran liegt das? Was ist womöglich reine Projektion? Wenn Sie mit einem Mandanten in Kontakt treten, achten Sie darauf, sich in eine Offenheit zu begeben. Und letztlich: Netzwerken sie am besten auch nur dann, wenn Sie offen für neue Kontakte sind und Lust auf Menschen haben.

Carmen Schön berät und coacht Juristen, Führungskräfte und Anwaltskanzleien zu Themen wie Geschäftsaufbau, Führung, Auftritt und Wirkung.

Zitiervorschlag

Richtiges Auftreten im Mandantenkontakt: "Wer sympathisch wirkt, wird öfter mandatiert" . In: Legal Tribune Online, 09.08.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/30257/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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