Die Länderfinanzminister wollen eine Steuerlücke schließen und Share Deals bei Immobilientransaktionen erschweren. Was genau sie vorhaben und wie das neue Modell funktionieren soll, erläutern Tino Duttiné und Stefan Feuerriegel.
Share Deals beim Erwerb von Immobilien sind dem Fiskus seit langer Zeit ein Dorn im Auge. Denn wenn die Transaktion - bei der nicht die Immobilie selbst, sondern die Gesellschaft, die sie hält, verkauft wird - geschickt gestaltet ist, kann die Grunderwerbsteuer vermieden werden. Dem Staat entgehen damit nach Schätzungen der Finanzbehörden bis zu 1 Milliarde Euro pro Jahr. Wenig überraschend also, dass die Länderfinanzminister die Lücke schließen und Share-Deals bei Immobilientransaktionen einschränken wollen.
Vorgelegt wurden die Vorschläge zur Änderung des Grunderwerbsteuergesetzes für Share Deals am 21. Juni 2018 durch Hessens Finanzminister Thomas Schäfer (CDU), der die Initiative seit Jahren vorangetrieben hatte. Der Reformplan sieht vor, dass es nicht mehr wie bisher ausreicht, wenn der Investor weniger als 95 Prozent der Anteile an der Gesellschaft erwirbt, die das Grundstück hält. Die Schwelle wird auf 90 Prozent gesenkt. Altgesellschafter müssen in nennenswertem Umfang beteiligt bleiben. Zudem wird die Haltefrist von fünf auf zehn Jahre verlängert. Erst nach Ablauf von zehn Jahren dürfen die restlichen zehn Prozent der Anteile auf die neuen Gesellschafter übertragen werden.
Für die Investoren hätte es auch schlimmer kommen können
Die Vorschläge wurden mit großer Erleichterung im Immobilienmarkt aufgenommen. In der politischen Diskussion der vergangenen Zeit waren auch Schwellen von 75 Prozent und 50 Prozent im Gespräch, ab welchen eine anteilige Grunderwerbsteuer anfallen sollte.
Auch wenn es viel schlimmer hätte kommen können, werden die vorgeschlagenen Änderungen erhebliche Auswirkungen auf Transaktionen mit Grundstücksgesellschaften haben. Die Finanzminister der Länder haben Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) mit dem Entwurf eines Gesetzes beauftragt. Es bleibt spannend, wie die Regelungen im Detail aussehen werden.
Offensichtlich gewollt ist, dass sich Transaktionen weg von den bisherigen - als künstlich und steuervermeidend angesehenen - Strukturen einer mindestens 95-prozentigen Beteiligung an Immobiliengesellschaften bewegen sollen. Wie der Markt reagieren wird, bleibt abzuwarten.
Offenbar konnten sich die Länderfinanzminister jedoch nicht auf eine Absenkung der Steuersätze für die Grunderwerbsteuer oder eine Befreiung für den privaten Hauskauf einigen. Dies ist angesichts voller Staatskassen und sprudelnder Steuerquellen enttäuschend.
Schwelle künftig 90 statt 95 Prozent
Bislang wurden nur die Kernpunkte der politischen Einigung veröffentlicht. Die in der Einzelbetrachtung wohl mildeste der vorgeschlagenen Änderungen betrifft die Übertragung wesentlicher Beteiligungen und die Anteilsvereinigung:
Werden Anteile an Immobiliengesellschaften übertragen, so löst dies Grunderwerbsteuer aus, wenn hierdurch ein Gesellschafter mindestens 95 Prozent der Anteile hält. Dem einzelnen Käufer werden abgestimmte Gruppen von Erwerbern gleichgestellt. Das ist unabhängig davon, ob er zuvor bereits Anteile hielt - dann spricht man von einer Anteilsvereinigung - oder nicht. Diese Vereinigung kann unmittelbar oder mittelbar erfolgen.
Es wird keine Grunderwerbsteuer ausgelöst, wenn zwei unabhängige Käufer je weniger als 95 Prozent der Anteile erwerben. Diese Regel gilt unabhängig von Haltefristen. Die politische Einigung sieht nun eine Absenkung der 95-Prozent-Grenze bei der Anteilsübertragung und -vereinigung auf 90 Prozent vor.
Was für Personengesellschaften gilt, soll künftig auch für Kapitalgesellschaften gelten
Eine auf den ersten Blick ähnliche, aber doch im Detail andersartige Regel gilt bislang nur für Personengesellschaften. Danach entsteht Grunderwerbsteuer, wenn sich der Gesellschafterbestand einer Personengesellschaft derart ändert, dass innerhalb eines Fünf-Jahres-Zeitraums mindestens 95 Prozent der Anteile auf neue Gesellschafter übergehen.
Hierbei ist es unerheblich, an wen die Anteile übertragen werden - solange es sich um bisher nicht beteiligte Gesellschafter handelt. Im Unterschied zur Anteilsvereinigung kann Grunderwerbsteuer nicht durch zwei unabhängige Erwerber vermieden werden. Nur wenn der Veräußerer zumindest 5,1 Prozent der Anteile an der Personengesellschaft für mindestens fünf Jahre behält, löst die Transaktion keine Grunderwerbsteuer aus. Nach Ablauf von fünf Jahren kann der Erwerber auch die restlichen 5,1 Prozent vom Verkäufer übernehmen. In diesem Fall liegt zwar bei dem Erwerber eine Anteilsvereinigung vor, diese ist aber in der Regel zu 94,9 Prozent steuerbefreit.
Nunmehr soll diese Regelung auch für Kapitalgesellschaften eingeführt werden. Danach wird es vor allem nicht mehr möglich sein, dass zwei unabhängige Erwerber Anteile an grundbesitzenden Kapitalgesellschaften übernehmen. Künftig bedarf es also stets der Mitwirkung des Verkäufers, der mindestens 10,1 Prozent der Anteile für mindestens zehn Jahre zurückbehalten muss. Dies macht solche Gestaltungen deutlich unattraktiver.
Haltefrist soll verdoppelt werden
Der Vorschlag, die Haltefristen auf zehn Jahre zu verlängern, betrifft in erster Linie die Regeln über die Änderung des Gesellschafterbestandes wie zuvor beschrieben. Es ist zu befürchten, dass die Ausweitung der Fristen auch für die Ausnahmen von der Besteuerung für Personengesellschaften gelten soll.
Diese signifikante Verschärfung geht über Missbrauchsbekämpfung weit hinaus. Selbst der noch so traditionelle Mittelständler wird seine Strukturen typischerweise nicht über zehn Jahre unverändert lassen können.
Zu befürchten ist außerdem, dass die Verlängerung der Haltefrist auf schon laufende Fünf-Jahres-Zeiträume aus vergangenen Erwerben angewendet werden kann. Ob dies so kommt und zulässig wäre, ist noch offen. Hier werden Verkäufer mit den Käufern möglicherweise über eine Verlängerung der Optionszeiträume verhandeln müssen.
Noch bleibt Zeit, die Strukturen anzupassen
Bis zu dem Moment, in dem der Gesetzesvorschlag ins Parlament eingebracht wird, dürfte das Änderungsgesetz auch Rückwirkung entfalten. Es könnte daher zwischen diesem Zeitpunkt und heute ein Zeitfenster bestehen, in dem Unternehmen ihre bestehenden Strukturen noch ändern können, um sie für die künftige Gesetzeslage zu optimieren. Wie groß das Zeitfenster sein wird, hängt davon ab, wann der Gesetzesvorschlag in den Bundestag eingebracht wird.
Bislang unterscheidet das Grunderwerbsteuerrecht in weiteren Bereichen zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften. Die nun vorgeschlagene Annäherung kann Anlass geben, grundsätzlich über bestehende Besteuerungsunterschiede nachzudenken. Sie böte auch Gelegenheit, sich mit der bestehenden Unsicherheit im Zusammenhang mit der mittelbaren Übertragung wirtschaftlichen Eigentums zu befassen. Ob es dazu kommt, ist angesichts der Zielrichtung der Initiative und der technischen Komplexität des Gegenstands fraglich.
Insgesamt werden Share Deals mit dem neuen Modell als Variante für Immobilientransaktionen an Attraktivität verlieren. Insbesondere für ausländische Investoren, die bisher häufig über Share Deals optimiert zugekauft haben, wird es deutlich teurer. Den Ländern winken erhebliche Mehreinnahmen. Diese sollten zur Senkung der aberwitzig gestiegenen Steuersätze eingesetzt werden. Nicht zuletzt, um private Hauskäufe von der Grunderwerbsteuer zu entlasten.
Die Autoren:
Tino Duttiné ist Partner in der Steuerrechtspraxis von Norton Rose Fulbright in Frankfurt. Er berät Unternehmen in allen Fragen des deutschen und internationalen Steuerrechts.
Dr. Stefan Feuerriegel ist Partner im Hamburger Büro von Norton Rose Fulbright und leitet die deutsche Immobilienpraxis der Kanzlei.
Tino Duttiné und Stefan Feuerriegel, Reform des Grunderwerbsteuergesetzes: . In: Legal Tribune Online, 19.07.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29847 (abgerufen am: 08.10.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag