Schultze & Braun / Gleiss Lutz: Insol­venz­ver­walter ver­klagt Turk­me­nistan

15.11.2018

Der Insolvenzverwalter des früheren Chemnitzer Ingenieurbüros Unionmatex hat beim ICSID Klage gegen Turkmenistan eingereicht. Er macht den turkmenischen Staat für die Insolvenz des Unternehmens verantwortlich.

Der Unionmatex-Insolvenzverwalter Dr. Dirk Herzig von der Kanzlei Schultze & Braun stützt sich bei seiner Klage auf das deutsch-turkmenische Investitionsabkommen aus dem Jahr 1997. Herzig macht Ansprüche in Höhe von mindestens 32 Millionen Euro zuzüglich Zinsen geltend. Er wirft dem turkmenischen Staat vor, durch massive Einflussnahmen auf gemeinsame Bauprojekte maßgeblich für die Insolvenz der Unionmatex verantwortlich zu sein.

Laut einer Mitteilung von Schultze & Braun sollte Unionmatex fünf Getreidemühlen und drei Einkaufszentren mit integrierten Bäckereien in mehreren turkmenischen Ortschaften schlüsselfertig errichten, entsprechende Verträge seien 2008 mit dem turkmenischen Staatsunternehmen Galla abgeschlossen worden.

Von Beginn der Arbeiten an sei es jedoch zu Verzögerungen gekommen, unter anderem hätten turkmenische Behörden Zoll- und Visafreigaben nicht rechtzeitig erteilt oder Galla vereinbarte Anzahlungen nicht geleistet. Durch die Verzögerungen seien die Kosten für Unionmatex massiv angestiegen, Ende 2010 kam es zu einem vorläufigen Baustopp. Unionmatex und Galla hätten sich daraufhin auf eine zusätzliche Vergütung des Mehraufwandes für das Chemnitzer Unternehmen in Höhe von 14 Millionen Euro geeinigt.

Verfahren habe "allen rechtsstaatlichen Grundsätzen" wiedersprochen

Die Schwierigkeiten auf den Baustellen hätten jedoch weiterhin bestanden, und Ende 2011 sei es zu einem erneuten Baustopp gekommen. Galla habe zunächst mit nicht autorisierten Arbeitern den weiteren Bau selbst übernommen, konnte die Projekte allerdings nicht fertigstellen. Im August 2012 erhob Galla dann Klage gegen Unionmatex vor einem turkmenischen Gericht, um die bestehenden Verträge aufheben zu lassen. Das Gericht gab dem statt und die Projekte wurden an türkische Unternehmen vergeben.

Insolvenzverwalter Herzig behauptet jedoch, dass der Ablauf des Verfahrens "allen rechtsstaatlichen Grundsätzen" widersprochen habe. So sei Unionmatex beispielsweise daran gehindert worden, einen Übersetzer mit zur mündlichen Verhandlung zu bringen. Der Rechtsanwalt des Unternehmen habe sich von der turkmenischen Regierung derart unter Druck gesetzt gefühlt, dass er sein Mandat noch vor der mündlichen Verhandlung niederlegte.

Im Oktober 2012 klagte Unionmatex auf Zahlung der Abschlussvergütung und Herausgabe von enteigneten Baumaschinen des Unternehmens. Diese Klage wird Herzig zufolge von turkmenischen Gerichten seit Jahren verschleppt. Die ausstehenden Zahlungen hätten schließlich dazu geführt, dass Unionmatex 2014 den Geschäftsbetrieb einstellen und Insolvenz anmelden musste.

Mehrere Versuche einer außergerichtlichen Einigung seien gescheitert, daher werde man nun den Klageweg vor dem internationalen Schiedsgericht für Investitionsstreitigkeiten beschreiten, das bei der Weltbank angesiedelt ist, heißt es in der Mitteilung von Schultze & Braun weiter. Der International Centre for Settlement of Investment Disputes (ICSID) hat den Fall unter der Fallnummer ARB/18/35 registriert. Insolvenzverwalter Herzig wird bei der Klage nach eigenen Angaben unterstützt von Schultze & Braun sowie von einem Anwaltsteam von Gleiss Lutz.

ah/LTO-Redaktion

Beteiligte Kanzleien

Beteiligte Personen

Schultze & Braun für Unionmatex/Dr. Dirk Herzig:

Dr. Annerose Tashiro, Insolvenzrecht, Achern/London

Manuela C. Becker-Schnurr

 

Gleiss Lutz für Unionmatex/Dr. Dirk Herzig:

Dr. Stephan Wilske, Schiedsverfahren, Partner, Stuttgart

Todd J. Fox

Dr. Laura Bräuninger

Zitiervorschlag

Schultze & Braun / Gleiss Lutz: Insolvenzverwalter verklagt Turkmenistan . In: Legal Tribune Online, 15.11.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/32083/ (abgerufen am: 26.04.2024 )

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