Die Zeiten, als Nokia in der ersten Reihe stand, sind vorbei. Das finnische Unternehmen profitiert aber bis heute von Patenten aus diesen besseren Zeiten – auch in einem Rechtsstreit mit Amazon.
Der Netzwerk-Ausrüster Nokia hat am Donnerstag vor dem Landgericht (LG) München I einen Patentstreit gegen Amazon gewonnen. Mit der Entscheidung könnte der finnische Konzern künftig den Verkauf bestimmter Modelle des Videostreaming-Geräts Fire TV von Amazon stoppen. Das auf Patentrechtsstreitigkeiten spezialisierte Blog IPfray hatte zuerst berichtet.
In dem Rechtsstreit geht es um technische Details in den Kompressionsverfahren H.264 und H.265, die beim Videostreaming zum Einsatz kommen. Nokia hat sich diese schon vor Jahren durch Patente schützen lassen. Amazon soll von Nokia entwickelte Technologien in Streaming-Geräten genutzt, aber nicht für etwaige Lizenzen bezahlt haben.
Nokia hatte daraufhin im Oktober des vergangenen Jahres auf einem Unternehmensblog angekündigt, in den USA, Deutschland, Indien, Großbritannien sowie vor dem Einheitlichen Patentgericht gegen Amazon zu klagen.
Die Höhe der Lizenzgebühren, die Nokia aufruft, ist in der Branche umstritten. Das Unternehmen hat bereits mehrfach Patentstreitigkeiten in Deutschland austragen lassen, weil vor allem die Landgerichte in München und Mannheim oft zugunsten der Patentinhaber urteilen. In diesem Fall war es die 7. Zivilkammer des LG unter dem Vorsitz von Dr. Oliver Schön. Die Kammer bejahte eine Patentverletzung (EP 2 375 749) und untersagte Amazon den weiteren Vertrieb der betroffenen Geräte.
Kein automatischer Verkaufsstopp
Zu einem Verkaufsstopp für Fire-TV-Geräte in Deutschland kommt es nur, wenn Nokia den Unterlassungsanspruch (§ 139 Abs. 1 Patentgesetz) auch verfolgt. Da die Entscheidung bislang nicht rechtskräftig ist, müsste Nokia zunächst eine Sicherheitsleistung hinterlegen.
Amazon kritisierte die Entscheidung: "Wir halten die Entscheidung des Landgerichts München für falsch und sind zuversichtlich, dass die Situation bald gelöst sein wird." Das Urteil werde keine Auswirkungen auf bestehende Kundinnen und Kunden haben. Außerdem werde eine große Auswahl an Fire-TV-Geräten weiterhin auf Amazon.de verfügbar sein.
Man sei stets bereit, einen fairen Preis für Patentlizenzen zu zahlen und habe auch mit einer Reihe von Unternehmen zusammengearbeitet, um Videopatente dieser Art zu lizenzieren. "Nokia verlangt mehr als all diese Unternehmen zusammen und hat unser faires und branchenübliches Angebot abgelehnt. Wir bedauern, dass Nokia versucht, die Auswahl für Kund:innen einzuschränken.", so ein Sprecher des Unternehmens.
Arvin Patel, Lizenzmanager bei Nokia, feiert die Entscheidung in einem Statement auf LinkedIn als Präzedenzfall zum Schutz von Geistigem Eigentum vor "böswilligen Akteuren" in der Technologiebranche.
sts/LTO-Redaktion (mit Material der dpa)
Verkaufsstopp für Fire-TV-Geräte?: . In: Legal Tribune Online, 20.09.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/55467 (abgerufen am: 04.12.2024 )
Infos zum Zitiervorschlag