Diese Zweifel kamen offen zutage, als er sich als junger Strafverteidiger immer öfter fragte, ob Richter denn tatsächlich immer gerecht urteilen. Verließ er das Gerichtsgebäude nach einem gewonnenen Prozess, versteckte sich das Triumphgefühl oftmals weit hinter dem unguten Bauchgefühl. Schollmeyer: "Ich merkte, dass etwas nicht stimmte. Mögen die Urteile rechtlich korrekt gewesen sein, manche fühlten sich für mich einfach nicht gerecht an."
Doch während andere nur mit den Schultern zucken und weitermachen, hat Schollmeyer angefangen zu graben. In Büchern, in Gesprächen, in anderen Ländern. In den USA stieß er auf die dort übliche Gerechtigkeitsforschung, deren Ziel es ist, die Geschworenen in einem Gerichtsprozess mit den eigenen Argumenten zu beeinflussen. Zurück in Deutschland fand er einen BWL-Professor an der Ludwig-Maximilian-Universität in München, der ihn ermunterte, die Forschung zu vertiefen, es folgten zudem Ausflüge in die Psychologie.
Die Flucht aus der Kanzlei
Schollmeyer wurde von Kollegen immer häufiger als Philosoph belächelt. Sich selbst nannte er Gerechtigkeitsforscher und gründete mit "Aequalitas" ein eigenes Institut, um als Coach Unternehmen darin zu beraten, mehr Gerechtigkeit in den Arbeitsalltag einzubringen.
Währenddessen verließ ihn zunehmend die Motivation, als Anwalt in der damaligen Kanzlei zu verbleiben. "Der berufliche Ehrgeiz war zu Beginn meiner Karriere noch voll ausgeprägt. Wie so viele Juraabsolventen wollte ich Partner in einer Großkanzlei werden", erzählt Schollmeyer. "Diese Ambition ist jedoch im Laufe der Zeit völlig verschwunden. Stattdessen herrschten Routine und Trott." Die Diskrepanz zwischen dem subjektiven Gefühl und dem vorgegebenen Schein von Gerechtigkeit wurde für Schollmeyer zu stark.
Der Moment, als er seine Kanzleiordner in Kisten verpackt und einfach losfährt, entsteht spontan. Er wollte weg. Ohne Ziel, ohne Plan, Hauptsache weg. "Damals arbeitete ich im Kontext eines Kronzeugenfalls des Terroranschlags vom 11. September in New York City", erinnert sich der Münchener. "Und plötzlich wurde mir bewusst: Menschenleben sind nichts wert, es geht nur um Geld." Er befand sich auf der für ihn 'falschen' Seite. An dem Tag, als er sein Büro räumte, fasste er den Entschluss, dass er das nicht mehr wollte. Und ging.
Gerechtigkeit –ein Lebensthema
Nach dieser Flucht rollte Schollmeyer sein berufliches Leben neu auf. Er trat in die Münchener Kanzlei FASP Finck Sigl & Partner ein, in der er nun seit eineinhalb Jahren als Partner arbeitet. Das anwaltliche Engagement fuhr er in dem Zuge drastisch zurück. Heute sieht seine Zeitverteilung ganz anders aus: "Einen Tag pro Woche widme ich der Mandatsarbeit, einen Tag der Gerechtigkeit und an drei Tagen arbeite ich als Social Entrepreneur."
Denn als Resümee aus seinen bisherigen beruflichen Erfahrungen zog Schollmeyer den Schluss, dass er sich für Chancengerechtigkeit in der Berufswelt einsetzen möchte. Und warum gerade als Sozialunternehmer? "Ich möchte Menschen unterstützen, die Gutes tun wollen. Junge Macher, die mit unternehmerischen Ideen gesellschaftliche Probleme lösen möchten."
In der christlichen Religion schenkt Gott den Menschen die Gerechtigkeit. Manche Menschen betrachten sie als Tugend, andere als moralischen Maßstab. Politische Aktivisten beschwören sie hinauf, Finanzkrisen zerstören sie. Für Schollmeyer ist es das Thema seines Lebens.
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