Seit Dezember des vergangenen Jahres läuft der Wirecard-Prozess vor dem LG München I. Nun meldet sich einer der Hauptverdächtigen zu Wort - per Brief über seinen Verteidiger.
Im Betrugsprozess um die Insolvenz des Technologiekonzerns Wirecard wird der frühere Vertriebschef des Unternehmens, Jan Marsalek, von fast allen Seiten beschuldigt: Sowohl die Staatsanwaltschaft, als auch der ehemalige Vorstandschef Markus Braun halten Marsalek für den Hauptverantwortlichen. Der Manager ist untergetaucht, scheint den Prozess aber zu verfolgen.
Der seit drei Jahren flüchtige Hauptverdächtige, der in Russland vermutet wird, hat sich über seinen Verteidiger Frank Eckstein bei der Münchner Justiz gemeldet. Beim Landgericht München I sei ein Brief des Anwalts eingegangen, sagte ein Sprecher des Gerichts am Dienstag. Zuerst hatte die Wirtschaftswoche berichtet. Inhalt und Einzelheiten des Briefs wollten weder das Gericht noch die Münchner Staatsanwaltschaft kommentieren.
Laut Wirtschaftswoche geht der Anwalt in dem Schreiben nicht konkret auf die gegen den österreichischen Manager erhobenen Betrugsvorwürfe ein. Der frühere Wirecard-Vorstand hatte sich im Sommer 2020 ins Ausland abgesetzt, als sich der Kollaps des einstigen Dax-Konzerns abzeichnete.
In dem seit acht Monaten laufenden Prozess haben die Verteidiger von Ex-Vorstandschef Markus Braun den abwesenden Marsalek beschuldigt, den Konzern ohne Wissen und Zutun Brauns ausgeplündert und gemeinsam mit Komplizen zwei Milliarden Euro Geschäftserlöse veruntreut zu haben.
Neue Informationen zur Existenz des Drittpartnergeschäfts?
Der Brief liefert zumindest ein Indiz, dass Marsalek den Prozess aus der Ferne verfolgt. Laut Staatsanwaltschaft war das Schreiben an die vierte Strafkammer adressiert, die das Verfahren gegen Braun und dessen zwei Mitangeklagte führt.
Die Wirtschaftswoche berichtet, dass Marsaleks Anwalt in dem Brief Stellung zur Existenz des sogenannten Drittpartnergeschäfts bei Wirecard Stellung nehmen soll. Laut Anklage erfand eine kriminelle Bande in der Führungsriege des Unternehmens mit Beteiligung Brauns Scheingeschäfte, um Banken und Investoren zu täuschen. Braun zufolge waren die Geschäfte keineswegs erfunden, doch sollen die Erlöse von Marsalek und Co. beiseite geschafft worden sein.
Der Prozess wird an diesem Mittwoch fortgesetzt. Im Zeugenstand Platz nehmen wird Brauns und Marsaleks ehemalige Vorstandskollegin Susanne Steidl, die ehedem bei Wirecard für die Produktentwicklung verantwortlich war. Die Managerin, wie auch Braun und Marsalek aus Österreich stammend, soll nicht in die kriminellen Geschäfte der Wirecard-Bande eingeweiht gewesen sein.
dpa/sts/LTO-Redaktion
Gerichtssprecher bestätigt Eingang eines Schreibens: . In: Legal Tribune Online, 18.07.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52280 (abgerufen am: 08.10.2024 )
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