Bierkartell: Pro­zess­auf­takt in Düs­sel­dorf

13.06.2018

Vor mehr als zehn Jahren sollen deutsche Brauer überhöhte Bierpreise verabredet haben, jetzt verhandelt das OLG Düsseldorf über die Bußgelder im sogenannten Bierkartell. Einer der Beteiligten hat jedoch einen Rückzieher gemacht.

Am Mittwochvormittag startete am Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf ein erstes Verfahren um das sogenannte Bierkartell (Az.: V-4 Kart 2/16). Das Bundeskartellamt (BKartA) hatte 2013 und 2014 gegen elf Unternehmen, einen Verband und 14 Manager aus der Bierbranche Geldbußen in Höhe von rund 338 Millionen Euro verhängt, weil sie Preisabsprachen zum Nachteil der Verbraucher getroffen haben sollen. Der größte Teil - 222 Millionen Euro - entfiel dabei auf die zu Dr. Oetker gehörende Radeberger-Gruppe und Carlsberg Deutschland.

Die deutsche Tochter der belgischen Brauerei Anheuser-Busch InBev musste keine Geldbuße zahlen, weil sie dem BKartA Informationen für das Verfahren geliefert hatte. Dabei geht es um Absprachen für Preiserhöhungen in den Jahren 2006 und 2008 für Fass- und Flaschenbier. Laut den Ermittlungen sollte ein Kasten Bier rund einen Euro mehr kosten, beim 100-Liter-Fass für die Gastronomie waren es fünf bis sechs Euro.

Radeberger zieht Widerspruch in letzter Minute zurück

Radeberger und Carlsberg akzeptierten die Bescheide des BKartA aus Bonn nicht und legten beim OLG Düsseldorf Widerspruch dagegen ein. Am Dienstag, einen Tag vor dem Prozessauftakt, zog jedoch die Dr.-Oetker-Tochter ihren Widerspruch zurück, so dass es jetzt nur noch um Carlsberg geht.

Als Begründung für den Rückzug gab Radeberger an, dass das Verfahren vor dem OLG "nicht kalkulierbare finanzielle Risiken für das Unternehmen" nach sich ziehen würde. Radeberger bekräftigte zugleich, nicht an Preisabsprachen beteiligt gewesen zu sein. "Wir widersprechen dem Vorwurf des Bundeskartellamtes gegen die Radeberger Gruppe und ihre Akteure somit auch weiterhin ausdrücklich", teilte das Unternehmen am Dienstag mit.

Andere Brauereien wie Bitburger, Veltins, Warsteiner und Krombacher hatten mit dem Kartellamt kooperiert und dann geringere Geldbußen akzeptiert. Das OLG hat ein ebenfalls anhängiges Verfahren gegen mehrere Brauereien aus dem Kölner Raum abgetrennt.

Der Rechtsbeistand von Carlsberg - neben Wessing & Partner ist laut Marktinformationen Baker McKenzie mandatiert - beantragte zum Auftakt, das Verfahren einzustellen. Die "nicht zutreffenden" Vorwürfe der Preisabsprachen beträfen die Jahre 2007 und 2008 und seien damit verjährt, argumentierte Anwalt Prof. Dr. Jürgen Wessing von Wessing & Partner. Über den Antrag hat das Gericht noch nicht entschieden. Bis September sind 20 Verhandlungstage angesetzt.

OLG könnte höheres Bußgeld verhängen

Der Rückzieher der Dr.-Oetker-Tochter überrascht Kartellrechtler nicht. Der Düsseldorfer Anwalt Johann Brück von der Kanzlei Hermanns Wagner Brück verweist auf die Folgen des Gangs vor das OLG. "Das Gericht trifft eine völlig neue Entscheidung. Der Bescheid des Kartellamtes spielt dabei keine Rolle. Das hat der Fall Rossmann gezeigt, wo es fast um das Sechsfache teurer wurde."

Das Kartellamt bewertet bei seinen Bußgeldbescheiden den durch die vorgeworfenen Preisabsprachen generierten zusätzlichen Umsatz. Der 4. Kartellsenat des OLG legte dagegen andere Bewertungsmaßstäbe an. Das Gesetz sieht eine Strafe vor, die sich am Gesamtumsatz des Unternehmens orientiert. Das können bis zu zehn Prozent sein. Dr. Oetker hatte 2016 einen Umsatz von 11,7 Milliarden Euro vermeldet, die Zahlen für 2017 stellt das Unternehmen in der kommenden Woche vor.

dpa/ah/LTO-Redaktion

Zitiervorschlag

Bierkartell: . In: Legal Tribune Online, 13.06.2018 , https://www.lto.de/persistent/a_id/29115 (abgerufen am: 05.12.2024 )

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