Nach dem Insolvenzantrag der Ferienfluglinie Niki wird Kritik an der EU-Kommission laut. Sie hatte wettbewerbsrechtliche Bedenken gegen den Verkauf der Airline an die Lufthansa geäußert. Diese zog daraufhin ihr Angebot zurück.
Die Air-Berlin-Tochter Niki hat am Mittwoch einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Berlin-Charlottenburg gestellt und nur wenige Stunden später den Flugbetrieb eingestellt. Zuvor hatte die Lufthansa ihr Angebot für das österreichische Unternehmen mit seinen 21 Flugzeugen zurückgezogen.
Von der Pleite sind etwa 1.000 Mitarbeiter betroffen. Der vom Gericht bestellte Insolvenzverwalter Professor Dr. Lucas Flöther von der Kanzlei Flöther & Wissing aus Halle kündigte an, er versuche, den Geschäftsbetrieb von Niki "durch einen Schnellverkauf doch noch zu retten". "Ich werde umgehend Gespräche mit infrage kommenden Investoren aufnehmen, um einen möglichst großen Teil der Arbeitsplätze zu erhalten."
Position der Kommission "nicht nachvollziehbar"
Sowohl Niki als auch der Mutterkonzern Air Berlin gaben der EU-Kommission die Schuld an der Pleite der österreichischen Fluglinie. "Auslöser für den heute erfolgten Schritt ist das Nein der Europäischen Kommission zum Verkauf der Niki an die Lufthansa-Gruppe wegen angeblicher Einschränkungen des Wettbewerbs", schreibt Niki in einer Mitteilung. Der Generalbevollmächtigte von Air Berlin, Frank Kebekus von der Kanzlei Kebekus et Zimmermann aus Düsseldorf, sagte: "Die Position der Europäischen Kommission ist nicht nachvollziehbar."
Mit einem Verzicht auf Start- und Landerechte hatte Lufthansa zunächst versucht, die wettbewerbsrechtlichen Bedenken der Kommission gegen die Air-Berlin-Teilübernahme inklusive Niki zu zerstreuen. Als Grund für den Rückzug hatte die Airline dann aber angegeben, dass eine schnelle Freigabe des Erwerbs durch die EU-Kommission nicht zu erwarten sei. Der im Oktober geschlossene Kaufvertrag könne nicht vollzogen werden. Air Berlin ist seit August insolvent und hat den eigenen Flugbetrieb Ende Oktober eingestellt.
Kebekus: Keine Alternative zum Verkauf an Lufthansa
Air Berlin habe nach den ersten Bedenken der EU-Kommission gegen eine Niki-Übernahme durch die Lufthansa erneut Kontakt zu potenziellen Interessenten wie Thomas Cook und der British-Airways-Mutter IAG aufgenommen, sagte Kebekus. IAG habe schriftlich mitgeteilt, dass sie kein Kaufinteresse mehr an der Niki habe, auch von Thomas Cook sei kein passendes Angebot unterbreitet worden.
"Die Kommission wusste also, dass es gar keine Alternative zum Verkauf der Niki an die Lufthansa gab", sagte Kebekus. Er warf der Kommission vor, sie erreiche mit dem "unkontrollierten Zusammenbruch" der Airline "das genaue Gegenteil dessen, was sie beabsichtigt".
Die EU-Wettbewerbshüter bedauerten die neue Unsicherheit um Niki. "Zumal dies nicht das einzig mögliche Resultat seit Beginn des Verkaufsprozesses war", sagte ein Sprecher der EU-Kommission in Brüssel. Es sei von Beginn an klar gewesen, dass es auf vielen Strecken zwischen Lufthansa und Air Berlin Überschneidungen gegeben habe, mit Risiken für Verbraucher in Deutschland, Österreich und der Schweiz. "Aufgabe der EU-Kommission ist es, ihr präsentierte Transaktionen zu beurteilen. Wir müssen sicherstellen, dass Konsumenten durch Zusammenschlüsse nicht schlechter gestellt werden."
Rückzahlung des KfW-Kredits fraglich
Der Air-Berlin-Generalbevollmächtigte Kebekus sagte weiter, dass eine vollständige Rückzahlung des KfW-Kredits in Höhe von 150 Millionen Euro "unwahrscheinlicher geworden" sei. Zuvor hatte in Berlin auch Regierungssprecher Steffen Seibert gesagt: "Durch den unerwarteten Ausfall der Erlöse aus dem Niki-Verkauf kann der vom Bund verbürgte Kredit der KfW an Air Berlin möglicherweise nur zum Teil zurückgezahlt werden." Die Bundesregierung hatte für 150 Millionen Euro eine Bürgschaft übernommen.
Am Erwerb der anderen Air-Berlin-Tochter LG Walter (LGW) will die Lufthansa hingegen festhalten. Dieser Kauf steht ebenfalls noch unter dem Vorbehalt der kartellrechtlichen Zustimmung der EU-Kommission. Die Prüffrist läuft bis 21. Dezember. Lufthansa will LGW weiterhin in die Eurowings integrieren, bekräftige ein Sprecher am Donnerstag in Frankfurt. Der Kaufpreis von 18 Millionen Euro sei noch Gegenstand erneuter Verhandlungen und solle im Wesentlichen zur Tilgung des KfW-Kredits verwendet werden. Für Niki und LGW hatte die Lufthansa insgesamt 210 Millionen Euro geboten, LGW ist damit der deutlich weniger wertvolle Teil in diesem Paket.
Der Konkurrent Easyjet hatte den Kaufpreis für das Air-Berlin-Geschäft am Flughafen Tegel mit 40 Millionen Euro angegeben. Es umfasst die Übernahme von 25 Flugzeugen samt Start- und Landerechten. Die EU-Kartellbehörde hatte diese Transaktion am Dienstag genehmigt.
Unterdessen prüft der Air-Berlin-Sachwalter Lucas Flöther nach Informationen von B.Z. und Bild-Zeitung, den ehemaligen Großaktionär Etihad für die Pleite der Air Berlin haftbar zu machen. Die arabische Fluglinie habe noch Ende April schriftlich versichert, sie wolle sicherstellen, dass Air Berlin ihren finanziellen Verpflichtungen nachkommen kann. Dennoch hatte Etihad Mitte August die versprochenen Zahlungen eingestellt - daraufhin stellte Air Berlin einen Insolvenzantrag.
dpa/ah/LTO-Redaktion
Lufthansa zieht Übernahmeangebot zurück: . In: Legal Tribune Online, 14.12.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/26019 (abgerufen am: 08.12.2024 )
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