VW spielt die Hauptrolle in der sogenannten Dieselaffäre, aber auch Mercedes-Benz sieht sich Schadensersatzforderungen ausgesetzt. In Stuttgart startet nun ein Kapitalanleger-Musterverfahren.
Hätte die Mercedes-Benz Group (Mercedes) mit einer rechtzeitigen Information zur Manipulation von Abgaswerten bei Dieselfahrzeugen die eigenen Aktionäre vor Kursverlusten bewahren können? Diese Auffassung vertritt eine dreistellige Zahl von privaten und institutionellen Anlegern und macht gegen den Automobilhersteller im Rahmen eines Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz (KapMuG) Schadensersatzansprüche geltend.
Der 20. Zivilsenat des Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart unter dem Vorsitz von Stefan Vatter soll ab Mittwoch klären, ob der Konzern gegen kapitalmarktrechtliche Pflichten verstoßen hat (Az. 20 Kap 1/21). Vorausgegangen war ein Vorlagebeschluss des Landgerichts (LG) Stuttgart, das mit zahlreichen Anlegerklagen gegen Mercedes befasst ist (Az. 129 AR 1/21). Am 1. Dezember 2021 hatte das OLG einen Musterkläger bestimmt.
Investoren beziffern Schaden durch Kursverluste auf 900 Millionen Euro
Nach Ansicht der Kläger hätte Mercedes (seinerzeit noch als Daimler AG firmierend) die Kapitalmarktteilnehmer bereits ab Juli 2012 über den Einsatz von softwarebasierten Abschalteinrichtungen und damit verbundene finanzielle Risiken in Kenntnis setzen müssen. Die Forderungen der Anleger wegen erlittener Kursverluste belaufen sich auf insgesamt rund 900 Millionen Euro.
Die Kanzlei Tilp Rechtsanwälte, die im Verfahren nach eigenen Angaben neben dem Musterkläger auch die Interessen "mehrerer Hundert" weiterer Anleger vertritt, nennt § 826 BGB, § 823 BGB i.V.m. aktienrechtlichen und(wertpapier-) handelsrechtlichen Vorschriften zur Finanzberichterstattung sowie §§ 37b und c WpHG a. F. und §§ 97, 98 WpHG i. V. m. der am 3. Januar 2018 in Kraft getretenen Marktmissbrauchsverordnung als mögliche Anspruchsgrundlagen für die Investoren. Aufgrund von Absprachen zur Abgastechnik zwischen mehreren Autoherstellern kämen zudem kartellrechtliche Ansprüche in Betracht.
Der Verhandlungsauftakt am Mittwoch dient nach Angaben des Senats zunächst der Organisation und Strukturierung des Verfahrens. Eine schnelle Entscheidung ist ohnehin nicht zu erwarten: Ein vergleichbares KapMuG-Verfahren gegen Volkswagen in Braunschweig wird seit September 2019 geführt.
sts/LTO-Redaktion
Investoren fordern Schadensersatz nach Dieselmanipulation: . In: Legal Tribune Online, 27.09.2023 , https://www.lto.de/persistent/a_id/52796 (abgerufen am: 01.12.2024 )
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