Ruft ein Verbraucher bei einer 0180-Nummer eines Unternehmens an, dann darf ihn das nicht mehr kosten als die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes, so der EuGH. Menold Bezler vertrat die Wettbewerbszentrale in dem Verfahren.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs hatte gegen den Internet-Elektro-Händler Comtech vor dem Landgericht (LG) Stuttgart Unterlassungsklage erhoben (Az. 1 O 21/15). Comtech in Aspach hatte eine kostenpflichtige 01805-Service-Hotline geschaltet. Ein Anruf kostete nach Angaben der Wettbewerbszentrale 14 Cent pro Minute aus dem Festnetz und bis zu 42 Cent pro Minute vom Handy aus.
Die Wettbewerbszentrale sah darin einen Verstoß gegen §312a Absatz 5 Satz 1 des BGB. Danach ist eine Vereinbarung unzulässig, die einen Verbraucher verpflichtet, wegen Fragen oder Erklärungen zu einem Vertrag höhere Kosten zu bezahlen als die, die für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes anfallen.
Mit dieser Vorschrift wird die EU-Verbraucherrichtlinie umgesetzt. Sie verbietet, dass Verbraucher für die telefonische Kontaktaufnahme mehr als den Grundtarif bezahlen müssen. Allerdings ist der Begriff Grundtarif weder in der Verbraucherrichtlinie noch in anderen europäischen Regelungen definiert. Deshalb hatte das LG Stuttgart die Vorabentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) eingeholt.
Laut der Entscheidung der Luxemburger Richter vom Donnerstag ist der Begriff "Grundtarif" so auszulegen, dass die Kosten für einen Anruf zu Fragen der Vertragsabwicklung unter einer Service-Rufnummer nicht die Kosten für einen Anruf unter einer gewöhnlichen Festnetz- oder Mobilfunknummer übersteigen dürfen. Der Grundtarif entspreche im Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Dieses Verständnis bestätigten sowohl der Zusammenhang, in dem die Richtlinie diesen Begriff verwendet, als auch der Zweck der Richtlinie, die ein hohes Verbraucherschutzniveau gewährleisten will (Urt. v. 02.03.2017, Rs. C-568/15).
01805-Nummer war nur ein "Gag"
Die Extrakosten bei 0180-Rufnummern dienen nach Angaben eines Anbieters solcher Nummern unter anderem als "kleine Barriere" um zu verhindern, dass bei der geringsten Frage zum Hörer gegriffen werde - und um Anrufer "schneller auf den Punkt zu bringen". Zudem bieten die Nummern in Callcentern zusätzliche Möglichkeiten, Anrufe zu steuern. Sie können verschiedenen Mitarbeitern etwa nach dem Ort des abgehenden Anrufs zugeteilt werden.
Im Fall von Comtech sei die 01805-Nummer ein "Gag" gewesen, sagt der Anwalt Walter Stillner, dessen Kanzlei Dr. Heinz & Stillner das Unternehmen vor dem LG Stuttgart vertritt, gegenüber der dpa. Die Nummer nach der Vorwahl ergab sich demnach automatisch, wenn man das Wort Comtech über die Buchstaben auf den Tasten des Telefons eingab. Mittlerweile ist die Servicezentrale von Comtech über eine gewöhnliche Nummer mit Ortsvorwahl zu erreichen.
Die Stuttgarter Kanzlei Menold Bezler hat die Wettbewerbszentrale sowohl vor dem Landgericht Stuttgart als auch vor dem Europäischen Gerichtshof beraten und vertreten. Federführend war Manfred Hammer.
Menold Bezler für die Wettbewerbszentrale:
Manfred Hammer LL.M., Wettbewerbsrecht, Stuttgart
Dr. Heinz & Stillner Rechtsanwälte für Comtech
Menold Bezler / Dr. Heinz & Stillner: . In: Legal Tribune Online, 03.03.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22253 (abgerufen am: 07.10.2024 )
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