Im Schadensersatzprozess deutet sich keine rasche Einigung zwischen Baden-Württembergs Ex-Ministerpräsident Stefan Mappus und seinen früheren Rechtsberatern von Gleiss Lutz an, die ihn bei dem umstrittenen EnBW-Deal beraten hatten. Bei der mündlichen Verhandlung vor dem LG Stuttgart warfen sich beide Seiten vor, Unwahrheiten über die letzten Stunden vor dem Abschluss des Geschäfts zu erzählen.
Das Land Baden-Württemberg wollte Ende 2010 die Anteile am Energieversorger EnBW zurückkaufen, die bei dem französischen Konzern EdF lagen. Der Deal sollte möglichst schnell und unter höchster Geheimhaltung vonstatten gehen.
Gleiss Lutz hatte daher grünes Licht für den Kauf über Artikel 81 der Landesverfassung gegeben. Dieses Notbewilligungsrecht erlaubt es der Regierung, unter bestimmten Bedingungen solche Geschäfte ohne Parlamentsbeteiligung vorzunehmen. Im vorliegenden Fall hatte jedoch der Staatsgerichtshof des Landes ein Jahr später das Vorgehen von Stefan Mappus (CDU) als verfassungswidrig verurteilt. Der damalige Ministerpräsident selbst hat wiederholt betont, er hätte die Transaktion mit der EdF nie vollzogen, wenn man ihn vor den rechtlichen Risiken gewarnt hätte.
Der damals federführende Anwalt Martin Schockenhoff, Partner im Stuttgarter Büro von Gleiss Lutz, hatte aber bereits vor dem EnBW-Untersuchungsausschuss des Landtags ausgesagt, die Juristen hätten sehr wohl vor einer Umgehung des Landtags gewarnt. Mappus habe trotzdem die grundsätzliche Entscheidung getroffen, diesen Weg zu beschreiten.
Wer sagt die Unwahrheit?
Bei dieser Darstellung blieben sowohl Schockenhoff als auch Mappus am Dienstag vor dem Landgericht (LG) Stuttgart. Mappus beteuerte, Schockenhoff habe auch auf mehrmaliges Nachfragen hin nichts von Risiken gesagt. Schockenhoff wiederum erneuerte seine Aussage aus dem Untersuchungsausschuss, wonach Mappus' Berater und Freund Dirk Notheis von der Investmentbank Morgan Stanley sein primärer Ansprechpartner beim Deal gewesen sei.
Notheis habe mit ihm auch ausführlich über den Umgang mit dem Parlament beim EnBW-Deal gesprochen. In einem Telefonat sei Notheis dann "eindringlich" geworden: Er habe verlangt, zu prüfen, ob es einen Weg gebe, irgendwie zu begründen, das Geschäft ohne vorherige Zustimmung des Parlaments abzuwickeln. Dies habe die Kanzlei getan. Danach müsse Notheis aber klar gewesen sein, dass es keine hundertprozentige Risikofreiheit geben könne.
Mappus will in dem Zivilgerichtsprozess alle Schäden von seinen damaligen Rechtsberatern ersetzt bekommen, die ihm durch eine "mangelhafte Beratung" bezüglich der Einbindung des Landtags entstanden seien. Gleiss Lutz wiederum will erreichen, dass Mappus' Klage abgewiesen wird. Deren Vertreter argumentieren, nicht Mappus selbst, sondern das Land Baden-Württemberg sei Mandant der Kanzlei gewesen. Ein Schaden habe daher allenfalls dem Land gedroht. Der Streitwert wurde nach früheren Angaben auf rund 500.000 Euro festgelegt.
Entscheidung Ende Januar
Das LG Stuttgart muss sich nun unter anderem mit den Fragen beschäftigen, ob Mappus' Begehren auf Schadenersatz überhaupt zulässig ist, ob eventuell erst der Ausgang des Untreue-Verfahrens gegen ihn abzuwarten ist oder noch Beweise erhoben werden müssen. Am 20. Januar will das Gericht eine Entscheidung verkünden - das muss aber nicht unbedingt ein Urteil sein, wie eine Sprecherin sagte.
Wie es heißt, soll eine Entscheidung, ob Anklage wegen Untreue gegen Mappus erhoben wird, kurz bevorstehen. Die Anwälte von Gleiss Lutz haben die Vermutung geäußert, dass Mappus eine zivilrechtliche Entscheidung zum Thema Schadensersatz braucht, um in einem möglichen Strafverfahren wegen Untreue bessere Karten zu haben. Ein "Schuldeingeständnis" könne die Kanzlei aber nicht geben. Hingegen verwies Mappus' Anwalt Franz Enderle, Partner in der Kanzlei Bub Gauweiler, darauf, dass Mappus hohe Ausgaben im Zusammenhang mit dem gegen ihn laufenden Verfahren habe.
dpa/aha/LTO-Redaktion
Beraterhaftung nach EnBW-Deal: . In: Legal Tribune Online, 28.10.2014 , https://www.lto.de/persistent/a_id/13626 (abgerufen am: 05.10.2024 )
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