Die polnische Holding PGL wollte Condor übernehmen, doch der Deal platzte. Daraufhin verlangte Condor 56 Millionen Euro Schadensersatz von PGL. Das LG Frankfurt am Main wies die zugehörige Klage, ebenso wie eine Widerklage, ab.
In einem der ersten Fälle, in dem die mündliche Verhandlung auf Englisch durchgeführt wurde, haben die Richter der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts (LG) Frankfurt am Main einen Anspruch auf Schadensersatz der Luftfahrtgesellschaft Condor gegen die polnische Holdinggesellschaft Polska Grupa Lotnicza (PGL) verneint. Eine Widerklage wurde ebenfalls abgewiesen. (Urt. v. 27.05.2022; Az. 3-02 O 1/21).
Nach der Insolvenz ihrer Konzernmutter Thomas Cook war die deutsche Ferienfluggesellschaft Condor Ende des Jahres 2019 in finanzielle Schwierigkeiten geraten und suchte deshalb einen Käufer. In einem Bieterverfahren setzte sich PGL, Muttergesellschaft der polnischen Star Alliance Fluggesellschaft LOT, Anfang des Jahres 2020 als neuer Investor von Condor durch.
Übernahme durch Corona-Pandemie überschattet
Doch dann kam Corona. Durch die gravierenden Auswirkungen der Pandemie auf den internationalen Luftverkehr und damit auch auf die ohnehin schon angeschlagene finanzielle Situation Condors änderte sich die Attraktivität der geplanten Übernahme für PGL. Im April 2020 trat PGL zwischen Signing und Closing von dem Übernahmevertrag zurück.
Die Folge: Eine Schadensersatzklage von Condor in Höhe von rund 56 Millionen Euro gegen PGL. Condor warf PGL vor, sie hätte ihre Pflichten aus dem Übernahmevertrag verletzt, der Rücktritt sei unberechtigt. Dies sah das LG anders und wies die Klage vollständig ab.
PGL zum Rücktritt von Übernahmevertrag berechtigt
Nach der Einschätzung des LG habe Condor ihrerseits Pflichten aus dem Übernahmevertrag nicht erfüllt. Daher sei PGL zum Rücktritt berechtigt gewesen.
Hintergrund ist, dass die Parteien im Übernahmevertrag verschiedene Vollzugsbedingungen vereinbart hatten, die bei Nichteinhaltung zum Rücktritt berechtigen sollten. Zu diesen Bedingungen gehörte, dass der Insolvenzplan in der gemeinsam abgestimmten Form in Rechtskraft erwachsen sollte.
Änderungen durch Condor sollten nur nach vorheriger Zustimmung durch PGL zulässig sein. Nach Auffassung des LG nahm jedoch Condor gleichwohl Änderungen ohne Zustimmung von PGL vor. Die Vollzugsbedingungen seien daher von Condor nicht ordnungsgemäß erfüllt worden, sodass PGL wirksam vom Übernahmevertrag habe zurücktreten können.
Da sich nach Auffassung des Gerichts auch PGL nicht vertragstreu verhalten hatte, wurde eine auf Schadensersatz in Höhe von zunächst rund 8 Millionen Euro gerichtete Widerklage gegen Condor ebenfalls abgewiesen. Condor wurde nach LTO-Informationen im Rahmen des Verfahrens von der Kanzlei Noerr mit Dr. Thomas Hoffmann, Dr. Kolja Dörrscheidt und Marlies Raschke vertreten.
PGL wurde im Prozess vor dem LG von der Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer mit Partner Dr. Daniel Schnabl sowie Vasileios Regkakos und Dr. Denise Gruber vertreten. Zur ursprünglichen Transaktion wurde PGL von White & Case beraten.
fz/sts/LTO-Redaktion
[Artikel aktualisiert am 22/09/22]
Urteil des LG Frankfurt nach geplatzter Übernahme: . In: Legal Tribune Online, 21.09.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/49691 (abgerufen am: 10.10.2024 )
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