Der Wirtschaftsstabilisierungsfonds ist seit rund einem Jahr mit 20 Prozent an der Lufthansa beteiligt. Jetzt wird ein Teil der Aktien verkauft und die Beteiligung verringert. Was steckt hinter der Ankündigung?
Die Corona-Pandemie war ein harter Schlag für den gesamten Luftfahrtsektor. Der Passagierverkehr kam zeitweise nahezu zum Erliegen, die Ticketverkäufe sind eingebrochen. Obwohl die Lufthansa in der Branche zu den wirtschaftlich robusteren Akteuren zu zählen ist, waren die Umsatzeinbußen zu groß, um ein Überleben ohne externe Finanzspritze zu gewährleisten.
Im Juni 2020 griff der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Konzern deshalb mit einer stillen Einlage in Höhe von 5,7 Milliarden Euro unter die Flügel. Darüber hinaus kaufte der WSF Aktien mit einem Gesamtvolumen von 300 Millionen Euro. Seit diesem Zeitpunkt hält der WSF eine Beteiligung von 20 Prozent an der Lufthansa.
Der Einstieg wurde von vielen skeptischen Stimmen begleitet. Von Wettbewerbsverzerrung war ebenso die Rede wie von Steuergeldverschwendung. Insbesondere der Rivale Ryanair war not amused und zog vor Gericht.
Zumindest den Vertretern der These Steuergeldverschwendung will die Bundesregierung kurz vor der anstehenden Bundestagswahl am 26. September den Wind aus den Argumentationssegeln nehmen. Mit Verweis auf die positive Geschäftsentwicklung der Lufthansa wurde seitens des WSF am 16. August eine Verringerung der Lufthansa-Beteiligung avisiert. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen soll bis zu einem Viertel der Anteilsscheine abgestoßen werden. Bei der Planung und Umsetzung des Vorhabens steht der Bundesrepublik Deutschland - Finanzagentur die Wirtschaftskanzlei Hogan Lovells unter Leitung ihrer Frankfurter Partner Dr. Tim Oliver Brandi und Prof. Dr. Michael Schlitt beratend zur Seite.
Zeitpunkt des Teilausstiegs sorgt für Stirnrunzeln
Auf den ersten Blick kommt die Ankündigung überraschend. Dem Argument, dass die Lufthansa inzwischen deutlich weniger Gegenwind verspürt, weil die Sommermonate eine rege Ticket-Nachfrage mit sich gebracht haben, lässt sich durchaus folgen. Doch schon vor der Pandemie waren die Rahmenbedingungen im europäischen Luftfahrtsektor aufgrund des intensiven Wettbewerbs herausfordernd, die Nachwirkungen der Corona-Krise werden die Situation mittelfristig weiter zuspitzen.
Naheliegend scheint der Gedanke, dass sich die Bundesregierung von dem angekündigten Anteilsverkauf ein wenig Rückenwind im Wahlkampf verspricht, denn spannend ist der Teilausstieg insbesondere im Hinblick auf eine bevorstehende Kapitalmaßnahme. Die Lufthansa hatte am 14. Juni dieses Jahres bekannt gegeben, dass man BofA Securities, Deutsche Bank, Goldman Sachs und J.P. Morgan mit den Vorbereitungen einer Kapitalerhöhung beauftragt hat. Die Aktionär:innen haben einer solchen Maßnahme in einem Volumen von bis zu 5,5 Milliarden Euro im Rahmen der Hauptversammlung am 4. Mai dieses Jahres zugestimmt.
Kommt das Vorhaben zur Umsetzung, wird der WSF die Kapitalerhöhung mittragen und neue Aktien zeichnen müssen. Da die Bundesregierung bereits klargestellt hat, dass keine zusätzlichen Gelder in Richtung Lufthansa fließen werden, ist die Verringerung der Beteiligung im Vorfeld eine elegante Lösung, um einen Wortbruch zu vermeiden, ohne dabei die Kapitalerhöhung zu gefährden.
Hogan Lovells für die Bundesrepublik Deutschland Finanzagentur GmbH:*
Dr. Tim Oliver Brandi, Partner, Federführung, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Frankfurt
Prof. Dr. Michael Schlitt Partner, Federführung, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Frankfurt
Dr. Marc Schweda, Partner, Kartell- und Beihilferecht, Hamburg
Dr. Susanne Ries, Of Counsel, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Frankfurt
Dr. Timo Lockemann, Associate, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Frankfurt
Simon Kiefer, Associate, Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, Frankfurt
Nikita Ivlev, Associate, Kartell- und Beihilferecht, Hamburg
*ergänzt am 24.08.2021
WSF verringert Beteiligung: . In: Legal Tribune Online, 18.08.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/45761 (abgerufen am: 13.10.2024 )
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