Wirtschaftsminister Altmaier will den Bau von LNG-Terminals staatlich fördern und dazu die regulatorischen Rahmenbedingungen ändern. Was genau sich ändern soll, erläutern Friedrich von Burchard und Christian Friedrich Haellmigk.
50 Staaten weltweit verfügen über Speicher für Liquified Natural Gas (LNG). Doch ausgerechnet Deutschland hat unter den 28 Mitgliedstaaten der EU als eines der wenigen Länder keine Regasifizierungskapazitäten, in denen vorher verflüssigtes Erdgas in seinen herkömmlichen Zustand gewandelt wird. Drei Projekte werden hierzulande zwar verfolgt, jedoch ist für keines davon auch nur eine Investitionsentscheidung getroffen worden. Und das, obwohl beispielsweise für das Projekt in Brunsbüttel offenbar eine ganze Reihe langfristiger Kapazitätsbuchungen beim künftigen Betreiber vorliegen.
Neuen Schwung könnte nun eine politische Debatte liefern: Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) schlägt eine staatliche Förderung der LNG-Terminals vor. Es geht dabei nach den offiziellen Verlautbarungen vor allem um die Energiewende.
Als mindestens gleichberechtigten Anlass für den Vorstoß dürfte aber auch das energiepolitisch angespannte Verhältnis zu den USA gelten. Nachdem sich die Bundesregierung klar zum Pipeline-Projekt Nordstream 2 bekannt hat, will man den USA entgegenkommen - indem man den Direktimport von amerikanischem LNG regulatorisch und finanziell fördert. Das Ganze firmiert unter der Überschrift "marktwirtschaftlicher Ausbau der LNG-Infrastruktur".
Finanzierung über Netzentgelte
Ein wichtiger Bestandteil ist die Änderung der regulatorischen Rahmenbedingungen. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hatte jüngst abgelehnt, die Anbindungsleitung des geplanten LNG-Terminals Brunsbüttel in den Netzentwicklungsplan Gas 2018-2028 (NEP Gas) aufzunehmen. Sie begründete das damit, dass solche Leitungen nach geltendem Recht nicht Teil des Netzes seien. Sondervorschriften gebe es derzeit nicht. Die Finanzierung von LNG-Anbindungsleitungen ist – wenn man der Auffassung der BNetzA folgt – demnach nicht über die Netzentgelte möglich. Vielmehr muss der Investor die Kosten selbst tragen.
Altmaier schlägt nun vor, den Rechtsrahmen beim LNG an die Regelungen beim Import von Gas durch Pipelines anzugleichen. Beide Formen des Gasimports kämen allen Netznutzern zugute. LNG-Anbindungsleitungen sollen deshalb künftig von den Fernleitungsnetzbetreibern errichtet und die Kosten damit über die allgemeinen Netzentgelte refinanziert werden.
Hierzu ist eine Änderung der Gasnetzzugangsverordnung erforderlich. Dass Fernleitungsnetzbetreiber die entsprechenden Leitungsinvestitionen ohne Zeitverzug finanzieren können, soll über eine Änderung der Anreizregulierungsverordnung sichergestellt werden. Gleichzeitig soll gewährleistet sein, dass die Pflicht zum Bau der Anbindungsleitung nur dann besteht, wenn der LNG-Terminal tatsächlich auch gebaut wird. Dies will man durch eine "intelligente Synchronisierung" sowie durch eine noch nicht bezifferte Beteiligung des Investors erreichen.
Vorbild für eine solche Beteiligung des Investors könnte die Regelung des Netzanschlusses für Biogas in der Gasnetzzugangsverordnung sein. Dort ist geregelt, dass der Netzbetreiber die Kosten des Anschlusses zu 75 Prozent trägt und der Anschlussnehmer, also der Anlagenbetreiber, die restlichen 25 Prozent. Die beschriebenen Gesetzesänderungen wurden für Mitte 2019 angekündigt. Bei Verabschiedung dieser Änderungen dürfte sich dann auch der schwelende Streit über die Anbindungsleitung für den LNG-Terminal in Brunsbüttel im Rahmen des NEP Gas erledigt haben.
Investitionsförderung als weitere Privilegierung
Neben dieser gesetzlichen Privilegierung soll auch eine staatliche Investitionsförderung möglich sein. Gedacht ist an Mittel der regionalen Wirtschaftsförderung, soweit sich das betreffende Projekt in einer Förderregion befindet. Für das Projekt in Brunsbüttel ist von Investitionen von rund 87 Millionen Euro die Rede – das lässt ermessen, um welche Beträge es hier gehen kann.
Einzelheiten der Förderung sind noch offen. Klar ist aber, dass sie nicht nur für den Bau klassischer LNG-Terminals, also von Kopfstationen zur Verflüssigung und Wiederverdampfung von Erdgas mit Anschluss an das Fernleitungsnetz, vorgesehen ist. Sie soll es vielmehr auch geben, wenn LNG auf Schiffe oder Tankwagen umgeladen wird, ein Terminal also ausschließlich für den Weitervertrieb von LNG genutzt werden soll, ohne dass eine Netzanbindung erfolgt.
Potenzielle LNG-Kunden sind in diesen Fällen Schifffahrtunternehmen und der Lkw-Sektor, aber auch Industrieunternehmen ohne Anschluss an das Gasnetz. Paradebeispiel für ein derartiges LNG-Lagerterminal ist das von Fluxys und Novatek im Hafen Rostock geplante Terminal für den Small-Scale-LNG-Markt.
LNG muss langfristig im Wettbewerb bestehen
Gesetzliche Förderung und direkte Subventionen als Anschubfinanzierung können sicherlich für die Realisierung einer LNG-Infrastruktur in Deutschland hilfreich sein. Eine nachhaltige Entwicklung setzt aber voraus, dass LNG mit dem insbesondere aus Europa, Norwegen und Russland bezogenen Pipelinegas konkurrenzfähig ist - und zwar dauerhaft ohne öffentliche Förderung.
Der Import von Erdgas ist ein Wettbewerbsmarkt, auf dem sich das günstigere Erdgas durchsetzt. Er wird getragen von den – mehrheitlich – privatwirtschaftlichen Investitionen der Förder- und Importunternehmen. Hinzu kommt, dass LNG aufgrund des Antransports mit Schiffen über eine hohe Flexibilität im Hinblick auf mögliche Abnehmer verfügt. Dies spiegelt sich auch in den vertraglichen Bedingungen wider. So ist zum Beispiel derzeit der asiatische Raum wegen der höheren Gaspreise für LNG grundsätzlich sehr attraktiv.
Für den Status Quo wird deshalb die Konkurrenzfähigkeit von LNG in Europa verbreitet bezweifelt. Viele europäische LNG-Terminals weisen derzeit einen erheblichen Leerstand aus. Dies mag sich langfristig ändern. Entscheidend ist, den unverfälschten Wettbewerb auf dem Gasbeschaffungsmarkt langfristig zu sichern. Nur dies wird die von Altmaier beschworene Versorgungssicherheit gewährleisten.
Dr. Friedrich von Burchard ist Partner bei CMS in Deutschland und berät im Energierecht in den Bereichen Regulierung, Erneuerbare Energie, Upstream Oil & Gas sowie im Stakeholder Management bei komplexen Energie- und Energieinfrastrukturprojekten. Zu seinen Mandanten zählen auch Fernleitungsnetz- und Gasspeicherbetreiber.
Dr. Christian Friedrich Haellmigk ist ebenfalls Partner bei CMS in Deutschland und berät im Bereich des europäischen und deutschen Kartellrechts sowie im Energiewirtschaftsrecht.
Altmaiers Vorschlag zur LNG-Förderung: . In: Legal Tribune Online, 01.03.2019 , https://www.lto.de/persistent/a_id/34161 (abgerufen am: 11.10.2024 )
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