Legal Tech ist im Rechtsmarkt angekommen. Und schon im Jahr 2017 wird die Digitalisierung die Juristen-Welt verändern. Ein Innovationstreiber werden dabei die Rechtsabteilungen sein, meint Micha-Manuel Bues.
Rückblickend wird man das Jahr 2016 wahrscheinlich als das wahre Geburtsjahr von Legal Tech in Deutschland bezeichnen. Während die erste Sonderausgabe der LTO den Begriff "Legal Tech" im Jahr 2015 noch nicht in den Haupttitel aufzunehmen wagte, lautete der Untertitel im Jahr 2016 bereits "Wie Legal Tech und Digital Natives die Rechtsbranche verändern". Und das tun sie.
Anwälte, Kanzleien, Rechtsabteilungen sowie Universitäten setzen sich zunehmend intensiv mit dem Thema auseinander. Tagungen und Konferenzen wie z.B. die Bucerius Herbsttagung, der Anwaltszukunftskongress, die Tagung "Computational Methods in Law" der Universität Ulm sowie die DGRI Jahrestagung haben sich eingehend damit Tech beschäftigt.
Legal Tech Meetups schießen in ganz Deutschland wie Pilze aus dem Boden. Auch Universitäten haben in 2016 begonnen, sich intensiv mit der Thematik zu befassen. An der Bucerius Law School* wurde bspw. der "Bucerius Law Port" als Legal Tech Cluster gegründet, um die Digitalisierung der Rechtsbranche akademisch zu begleiten sowie angehende und bereits praktizierende Anwälte praktisch auf die Digitalisierung vorzubereiten. Die Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder) bietet über ihr "Legal Tech Center" Legal-Tech-Kurse an. Und im Oktober 2016 hat sich die European Legal Tech Association (kurz: ELTA)* formiert, die als europäischer Verband eine Plattform schaffen will, um die Veränderungen und Umwälzungen in der Rechtsbranche mitzugestalten.
Von Realisierung zu Strategie
Für viele stellt sich nur noch die Frage nach dem Wie stark und Wie schnell der Veränderung, die Stimmung schwankt dabei zwischen ängstlichem Zuwarten und freudigem Erwarten der Revolution. Und doch steckt die Digitalisierung der Rechtsbranche hierzulande immer noch in den Kinderschuhen. Die Juristen beginnen gerade erst zu realisieren, welche tiefgreifenden und vielschichtigen Veränderungen in den nächsten 20 Jahren auf sie zukommen werden.
Im Jahr 2017 werden die Kanzleien, in denen Legal Tech bzw. Digitalisierung nun im Fokus sind, konkrete Digitalisierungsstrategien entwickeln. Digitalisierung kann nur gelingen, wenn man eine konkrete Vision und Strategie entwickelt, wie neue digitale Geschäftsmodelle und Produkte aussehen können. Viele Kanzleien werden im Jahr 2017 daher klären (müssen), warum und wie sie "digital" werden wollen.
Hierbei wird auch klar werden, dass Digitalisierung nicht bedeutet, bestimmte Tools zu installieren, sondern einen ganz neuen Blick auf bestehende Geschäftsmodelle, Produkte und Prozesse erfordert. Die Entwicklung und Definition einer Digitalisierungsstrategie ist herausfordernd, wird aber denjenigen Kanzleien, die spätestens im Jahr 2017 damit beginnen, Wettbewerbsvorteile sichern.
*Anm. d. Red: Der Autor ist Mitglied der Executive Faculty des Bucerius Center on the Legal Profession an der Bucerius Law School und stellvertretender Vorstand der European Legal Technology Association.
Legal Tech: . In: Legal Tribune Online, 20.01.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/21820 (abgerufen am: 13.10.2024 )
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