Sabine Stetter über ein herausforderndes Wirecard-Mandat, eine einmalige Gelegenheit für Studierende und ihre Entscheidung gegen Mikroorganismen und für Jura.
Dr. Sabine Stetter ist seit 25 Jahren als Rechtsanwältin tätig, 2010 gründete sie ihre eigene Kanzlei. Als Strafverteidigerin und rechtliche Beraterin ist und war sie unter anderem am Wirecard-Verfahren vor dem Landgericht München I sowie an mehreren Verfahren zur Diesel-Abgasaffäre und zum Cum-Ex-Komplex beteiligt.
Eine Überschrift für mein Leben: Geht nicht, gibt´s nicht! Wenn Du etwas wirklich willst, findet sich immer eine Lösung.
Mein typischer Montag: Um 6:30 Uhr 30 Minuten Sport, 20 bis 30 Minuten Spaziergang durch den Englischen Garten und den Hofgarten in die Kanzlei, Rücksprache mit einer Kollegin zur Besprechung der nächsten Schritte in diversen Mandaten, Telefonate mit Behörden und/oder Gerichten, Networking Lunch-Termin, Besprechung(en) mit Mandanten oder Kollegen, zwischendurch immer mal wieder Abstimmung mit der Assistenz, Arbeit an einem aktuellen Schriftsatzentwurf, Anrufe von/bei Mandanten und Kollegen und gegen 20:30 Uhr 20 bis 30 Minuten Spaziergang am Haus der Kunst vorbei zurück nach Hause.
Mein Getränk und meine Bar: Caffè Latte oder Sanbitter auf der Dachterrasse der Blue Spa Bar des Bayerischen Hofs. Über das Jahr hinweg ist dort vom gemütlichen Hüttenfeeling bis zum perfekten Sundowner alles geboten und das mitten im schönen München – ideal für eine kurze Auszeit zwischendurch.
Ein Song, ein Buch, ein Podcast:
"Following the Sun" von SUPER-Hi x NEEKA
"Was ich gelernt habe" von John Strelecky
"Outlive" von Peter Attia
Warum Jura? Extremophile Mikroorganismen, Leben über 100°C, Ursprung des Lebens, Vulkane, heiße Quellen, Black Smoker, Probennahmen, Mikroskopieren …. Dies ist jedenfalls ein wichtiger Teil an Themen, die zum Alltag in meiner Familie gehören. Meine Eltern sind beide leidenschaftliche Naturwissenschaftler.
Ich hatte hingegen schon immer ein Faible für unsere Sprache – die ist sozusagen mein “Medium”. Deshalb gehört der Besuch des österreichisch-britischen Philosophen Sir Karl Popper bei uns zu Hause kurz vor der Kollegstufe zu den Schlüsselerlebnissen in meinem Leben. Die Begegnung mit dieser außergewöhnlichen Persönlichkeit hat einen bleibenden Einfluss auf mich gehabt und mir über die Philosophie die Welt der Geisteswissenschaften eröffnet. Bei aller Begeisterung für die Philosophie konnte ich mir für mich selbst allerdings nur eine praktische und anwendungsorientierte berufliche Tätigkeit vorstellen. Dies war der Grund dafür, warum ich Jura als Studiengang gewählt habe – nach wie vor die richtige Entscheidung.
Zahl meiner Arbeitsstunden pro Woche: In der Kanzlei um die 60 Stunden, außerhalb ist schwer zu sagen, weil es für mich als Kanzleigründerin, -inhaberin und Verteidigerin immer etwas zu tun gibt.
Ein Paragraf des Grauens: § 73a StGB, der die erweiterte Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern betrifft, darüber kann es finanziell richtig zur Sache gehen.
Anwaltsrankings finde ich: Es ist wieder Zeit für die Einreichungen bei den Rankings… Das ist der Startschuss für meinen alljährlichen Abenteuerurlaub – nur ohne Sonne, Strand und Cocktails!
Ein Mandat, das ich nicht vergessen kann: Wirecard: Ein Mandant, der während der Pandemie in Untersuchungshaft gekommen ist, vier minderjährige Kinder, die ihren Vater rund ein Jahr lang wegen der Corona-Beschränkungen nicht besuchen durften. Der Kampf um die Außervollzugsetzung dieses Haftbefehls war einer der härtesten, den ich bisher geführt habe – zur großen Erleichterung mit Erfolg schon vor Beginn der Hauptverhandlung.
Meine letzte Frage an ChatGPT: Was bedeutet EMS im Zusammenhang mit erneuerbaren Energien? Das war bei der Vorbereitung auf ein Neumandat.
Wo steht Deutschlands schönstes Gericht? Das Landgericht Tübingen gehört zumindest zu unseren schönsten Gerichten.
Eine Vorlesung, die Jura-Studierende auf keinen Fall schwänzen sollten: Nach 25 Jahren Tätigkeit als Anwältin erscheint mir die praktische Erfahrung mindestens genauso wertvoll zu sein wie eine sehr gute Vorlesung. Deshalb ist mein Tipp: Wer sich für Strafrecht interessiert und wem sich die Chance bietet, am bundesweiten Moot Court im Strafrecht teilzunehmen, sollte diese unbedingt wahrnehmen. An diesem Moot Court wirken Teams verschiedener Universitäten mit, wie beispielsweise der Universität Augsburg unter der Leitung von Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel und Prof. Dr. Johannes Kaspar.
Dieser Moot Court bietet eine einmalige Gelegenheit, selbst einmal die Rolle eines Verteidigers oder einer Verteidigerin bzw. eines Staatsanwalts oder einer Staatsanwältin einzunehmen und vor Praktikern und Praktikerinnen zu plädieren. Zu diesen Praktikern gehören beispielsweise der Top-Verteidiger Prof. Dr. Werner Leitner und die Richterin am Bundesgerichtshof Frau RiBGH Renate Wimmer.
Diese/n Juristin/Juristen müssen die LTO-Leser kennenlernen: Meine geschätzte Kollegin Katharina Humphrey, Partnerin der Kanzlei Gibson Dunn & Crutcher. Frau Humphrey ist in Großbritannien und Deutschland aufgewachsen. Ihre besondere Expertise liegt in der Leitung und Durchführung von grenzüberschreitenden Compliance-Untersuchungen einschließlich der Vertretung von Mandanten gegenüber Behörden im In- und Ausland – ein sehr spannendes Beratungsgebiet.
Mehr Most Wanted? Hier geht es zu den bisherigen Ausgaben: Tom Braegelmann | Incoronata Cruciano | Joachim Ponseck | Marc Roberts | Maximilian Riege | Fatima Hussain | Anne Graue | Victoria Fricke | Ann-Kathrin Ludwig | Stephanie Beyrich | Christiane Eymers | Martina Rehman | Martina Flade | Saskia Schlemmer | Marco Buschmann | Neda Wysocki | Anosha Wahidi | Gregor Gysi | Dirk Wiese | Konstantin von Notz | Katharina Humphrey | Jutta Otto
Köpfe im Rechtsmarkt: . In: Legal Tribune Online, 14.02.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56575 (abgerufen am: 17.03.2025 )
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