Anosha Wahidi blickt in der 16. Ausgabe von LTO Most Wanted auf das Lieferkettengesetz und die Europäische Union und verrät, welche Paragrafen sie im Studium zum Verzweifeln gebracht haben.
Anosha Wahidi ist Volljuristin und arbeitet seit 2008 im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Sie begann Ihre Arbeit im Ministerium mit einem fünfjährigen Einsatz in Afghanistan (Botschaft Kabul sowie in der Provinz Kunduz). Seit 2013 arbeitete sie an den Themen Wirtschaft, Handel und Nachhaltigkeit.
Unter ihrer Leitung entstand das staatliche Textilsiegel Grüner Knopf und sie verhandelte für das BMZ im Ressortkreis das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) sowie das Pendant auf EU-Ebene (CS3D). Seit Mitte 2023 leitet sie das EU-Referat im BMZ und engagiert sich darüber hinaus in freiwilligen Initiativen gegen Rassismus und für ein modernes Verständnis von Verwaltung.
Eine Überschrift für mein Leben: Sei du selbst die Veränderung, die du dir wünschst für diese Welt.
Mein typischer Montag: Die Teamsitzung ist gesetzt und alles andere ist freestyle und zumeist atypisch.
Mein Getränk und meine Bar: Grüner Tee im klassischen Teehaus und wenn es doch der beste Cappuccino Berlins sein soll, dann im La Petite France.
Ein Song, ein Buch, ein Podcast:
Jill Scott: Golden
The hundred years‘ war on Palestine von Rashid Khalidi
What now? mit Trevor Noah
Warum Jura? Als muslimische Frau mit Migrationshintergrund in Deutschland stellt sich die Frage nach Recht und Gerechtigkeit tagtäglich.
Zahl meiner Arbeitsstunden pro Woche: Deutlich mehr als gesetzlich vorgeschrieben.
Die Europäische Union ist für mich: Ausbau- und lernfähig, insbesondere wenn es um die kritische Reflektion und Überwindung kolonialer Kontinuitäten geht.
Ein aktuelles berufliches Dilemma: Fehlende Diskurs- und Lösungsräume, wo das Unrecht und die offensichtlichen Kriegsverbrechen eines befreundeten Staates wie Israel an der palästinensischen Bevölkerung offen angesprochen und sich klar dagegen positioniert wird ohne dabei gleich reflexartig und substanzlos als Antisemitin abgestempelt zu werden.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz wird: oft verkannt und nur auf die Berichtspflichten reduziert, ohne den Mehrwert für Unternehmen, Mensch und Umwelt weltweit in den Lieferketten zu sehen.
Ein Paragraf des Grauens: §§ 16, 17 StGB und die verschiedenen Irrtumstatbestände – im Studium zum Verzweifeln.
Meine letzte Frage an ChatGPT: Kann ein Apartheidstaat zeitgleich als Demokratie bezeichnet werden?
Dieses Gesetz habe ich schon einmal gebrochen: Ich hatte in jungen Jahren eine innige Brieffreundschaft mit dem Polizeipräsidenten von Berlin zur Frage der richtigen Auszeichnung von Parkverbotszonen und angemessenen Bußgeldern.
Meine Idee(n) für eine Reform der juristischen Ausbildung: Weniger Theorie, mehr Praxis und internationale Ausrichtung.
Eine Vorlesung, die Jura-Studierende auf keinen Fall schwänzen sollten: Zu meinen Studienzeiten waren es definitiv die Strafrechtsvorlesungen von und mit Prof. Dr. Klaus Geppert an der FU Berlin – trockene Themen interaktiv mit viel Humor und pädagogisch wertvoll vorgetragen.
Diese/n Juristin/Juristen müssen die LTO-Leser kennenlernen: Nadija Samour. Weil sie all das als Anwältin verkörpert, was ich mir als Mandantin wünschen würde: Klugheit, Mut und Besonnenheit.
Mehr Most Wanted? Hier geht es zu den bisherigen Ausgaben: Tom Braegelmann | Incoronata Cruciano | Joachim Ponseck | Marc Roberts | Maximilian Riege | Fatima Hussain | Anne Graue | Victoria Fricke | Ann-Kathrin Ludwig | Stephanie Beyrich | Christiane Eymers | Martina Rehman | Martina Flade | Saskia Schlemmer | Marco Buschmann | Neda Wysocki | Gregor Gysi | Dirk Wiese | Konstantin von Notz
Köpfe im Rechtsmarkt: . In: Legal Tribune Online, 17.01.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56348 (abgerufen am: 07.02.2025 )
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