Köpfe im Rechtsmarkt: LTO Most Wanted mit Alfred Dier­lamm

Prof. Dr. Alfred Dierlamm ist seit 1994 als Rechtsanwalt tätig – zunächst für Redeker Sellner Dahs, seit 1999 selbständig. Der Gründer und Namenspartner der Sozietät Dierlamm Rechtsanwälte hat seine Schwerpunkte im Wirtschafts- und Steuerstrafrecht sowie der Compliance. Als Strafverteidiger war und ist er an zahlreichen bekannten Fällen von Wirtschaftskriminalität beteiligt, darunter Cum-Ex und Wirecard. Seit 2010 ist Dierlamm zudem Honorarprofessor an der Universität Trier.

Mein typischer Montag: Morgens meine Kids zum Kindergarten bringen, dann mit der Vespa ins Büro, Cappuccino mit Kakaopulver, am Vormittag einige Videocalls und Diktate, Lunch im Rue 1 in Wiesbaden, Nachmittags zur Universität Trier zur Vorlesung Wirtschaftsstrafrecht, Kaffee mit meinen Professorenkollegen, danach zurück nach Wiesbaden, wo ich mich bei einem leckeren Kaltgetränk und frisch gemachten Sushi an der Küchentheke mit meiner Frau Kati über die Ereignisse des Tages austausche.

Mein Getränk und meine Bar: Ein Kölsch in der Brauerei Päffgen in Köln.

Ein Song, ein Buch, ein Podcast: 

"Et jitt kei Wood" von Cat Ballou

1984 von George Orwell

Handelsblatt Crime

Warum Jura? Weil es in Zukunft immer wichtiger sein wird, dass die Menschen rechtsstaatliche Grundprinzipien in einer funktionierenden Demokratie leben und verstehen.

Zahl meiner Arbeitsstunden pro Woche: 24/7

Ein Problem, das mich aktuell umtreibt: Die zunehmende Erosion der Gewaltenteilung in der Strafjustiz.

Ein Paragraf des Grauens: § 261 StPO, Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung, ein Blankoscheck für Fehlurteile.

Das größte Plus in meinem Job: Freiheit und Unabhängigkeit.

Das größte Minus in meinem Job: Zu selten junge KollegInnen zu finden, die die Leidenschaft für den Beruf des Strafverteidigers teilen. 

Wäre ich kein Jurist, dann wäre ich: Rennfahrer.

Anwaltsrankings finde ich: Mit Vorsicht zu genießen.

Meine letzte Frage an ChatGPT: Wie kann in Zukunft sichergestellt werden, dass nicht KI die wichtigen Entscheidungen im Strafverfahren trifft, sondern weiterhin der Mensch.

Zwei Ideen zur Reform der juristischen Ausbildung:

Stärkere Ausrichtung auf den Anwaltsberuf. Das Studium ist vornehmlich auf die Berufsbilder von Richter und Staatsanwalt ausgerichtet. Die Grundlagen der anwaltlichen Tätigkeit kommen viel zu kurz.

Buchführung und Bilanzierung als Pflichtfach. Es ist leider immer noch möglich, zwei Staatsexamina zu absolvieren, ohne sich jemals mit einem Jahresabschluss – dem wohl wichtigsten Steuerungsinstrument in der Unternehmenspraxis – befasst zu haben.

Eine Vorlesung, die Jura-Studierende auf keinen Fall schwänzen sollten: Meine Vorlesungen zum Wirtschafts- und Steuerstrafrecht an der Universität Trier, denn hier wird man nicht nur sehr gut auf die Praxis, sondern auch auf das Examen im strafrechtlichen Schwerpunkt vorbereitet.

Diese/n Juristin/Juristen müssen die LTO-Leser kennenlernen: Prof. Dr. Mohamad El-Ghazi, Universität Trier.

Mehr Most Wanted? Hier geht es zu den bisherigen Ausgaben: Tom Braegelmann | Incoronata Cruciano | Joachim Ponseck | Marc Roberts | Maximilian Riege | Fatima Hussain | Anne Graue | Victoria Fricke | Ann-Kathrin Ludwig | Stephanie Beyrich | Christiane Eymers | Martina Rehman | Martina Flade | Saskia Schlemmer | Marco Buschmann | Neda Wysocki | Anosha Wahidi | Gregor Gysi | Dirk Wiese | Konstantin von Notz | Sabine Stetter | Katharina Humphrey | Jutta Otto | Hanno Kunkel | Mohamad El-Ghazi