Druckversion
Montag, 16.06.2025, 22:22 Uhr


Legal Tribune Online
Schriftgröße: abc | abc | abc
https://www.lto.de//recht/kanzleien-unternehmen/k/knpz-rechtsanwaelte-ovg-lueneburg-uestra-videoueberwachung-oepnv-datenschutzkonform-11LC5916
Fenster schließen
Artikel drucken
24453

KNPZ: Video­auf­zeich­nungen im ÖPNV sind daten­schutz­kon­form

11.09.2017

Videoüberwachung im ÖPNV (Symbolbild)

© hanohiki - stock.adobe.com

Im Nahverkehr von Hannover dürfen Fahrgäste in Zukunft von Kameras aufgezeichnet werden, entschied das OVG Lüneburg. Das Verkehrsunternehmen Üstra, vertreten durch KNPZ, hat sich damit gegen die Datenschutzbehörde durchgesetzt.

Anzeige

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat die Berufung der Landesdatenschutzbeauftragten gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover zurückgewiesen. Im Ergebnis hat das Gericht damit die Aufhebung einer datenschutzrechtlichen Anordnung bestätigt (Urt. v. 07.09.2017; Az.: 11 LC 59/16).

Auslöser des Rechtsstreits waren feststehende Videokameras, die das Verkehrsunternehmen Üstra in zahlreichen seiner Fahrzeuge installiert hat. Mit den Kameras werden im sogenannten Blackbox-Verfahren durchgehend Bewegtbilder vom Fahrzeuginnenraum aufgezeichnet. Die Videosequenzen werden nach 24 Stunden wieder gelöscht. Die Aufzeichnungen sollen unter anderem zur Beweissicherung bei Vandalismusschäden und zur Verfolgung von Straftaten dienen.

Die Landesdatenschutzbeauftragte gab der Üstra im August 2014 mit einer auf § 38 Abs. 5 des Bundesdatenschutzgesetzes gestützten Verfügung auf, diese Videoüberwachung in den Bussen und Stadtbahnen einzustellen. Sie könne erst wieder aufgenommen werden, nachdem das Verkehrsunternehmen entweder ein Konzept für einen nach Linien und Zeit differenzierten Einsatz der Videotechnik erarbeitet und umgesetzt habe oder anhand konkreter Anhaltspunkte darlege, dass die Videoüberwachung zeitlich und örtlich unbeschränkt erforderlich sei.

Nur scheinbarer Schutz oder sinnvolle Abschreckung?

Nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten bietet die Videoaufzeichnung in Hannover von Kriminalität betroffenen Fahrgästen nur scheinbar Schutz. Denn anders als bei einer Kameraüberwachung, bei der - wie etwa bei der Braunschweiger Straßenbahn - eine Leitstelle das Geschehen beobachtet und eingreifen kann, bewirkten die Kameras in Hannover nur eine Scheinsicherheit, die den Erwartungen der Fahrgäste nach mehr Sicherheit durch eine Videoüberwachung nicht gerecht wird. Eine Videoaufzeichnung rund um die Uhr sei nur dann gerechtfertigt, wenn etwa über Ermittlungserfolge nachgewiesen werden könne, dass diese bei der Aufklärung oder Vermeidung von Straftaten und Vandalismus hilft.

Die Üstra hingegen hatte wie die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen von einer abschreckenden Wirkung durch die Kameras gesprochen, die jedoch schwer mit Zahlen zu belegen sei. Ein Üstra-Sprecher berichtete gegenüber dpa von "zahlreichen Fällen", in denen aufgrund der Videoaufnahmen Straftäter gefasst werden konnten. "Gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Bedrohungslage auch mit Blick auf mögliche Terroranschläge scheint uns ein Abschalten von Videotechnik der vollkommen falsche Weg zu sein", argumentierte er weiter. Eine Live-Überwachung sei aber technisch zu aufwendig.

VG und OVG geben Üstra recht

Üstra klagte, vertreten durch Dr. Kai-Uwe Plath und Dr. Jan-Michael Grages von KNPZ Rechtsanwälte, gegen die Verfügung und hat vor dem VG Hannover Recht bekommen (Urt. v. 10.02. 2016; Az. 10 A 4379/15). Zur Begründung hieß es damals, das Bundesdatenschutzgesetz sei nicht anwendbar, weil die Üstra eine öffentliche Stelle des Landes Niedersachsen sei, für die der Datenschutz durch Landesgesetz geregelt sei. Das niedersächsische Datenschutzgesetz enthalte aber keine Eingriffsermächtigung, auf die die Verfügung der Landesdatenschutzbeauftragten gestützt werden könnte.

Das OVG hat die Entscheidung des VG im Ergebnis bestätigt. Nach Ansicht des 11. Senates ist das Bundesdatenschutzgesetz allerdings anwendbar und erlaubt der Üstra die Videoüberwachung in ihren Fahrzeugen. Die Videoüberwachung diene der Wahrnehmung berechtigter Interessen des Unternehmens, insbesondere der Verhütung und Verfolgung von Straftaten gegen ihre Einrichtungen, teilt das Gericht mit. Die Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Personenkreises, der von den Überwachungsmaßnahmen betroffen ist, fällt nach Ansicht der Richter zugunsten der von der Üstra geltend gemachten Belange aus.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen.

ah/LTO-Redaktion mit Material von dpa

Beteiligte Kanzleien

KNPZ

Beteiligte Personen

KNPZ Rechtsanwälte für Üstra:

Dr. Kai-Uwe Plath, Hamburg

Dr. Jan-Michael Grages, Hamburg

  • Drucken
  • Senden
  • Zitieren
Zitiervorschlag

KNPZ: . In: Legal Tribune Online, 11.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24453 (abgerufen am: 17.06.2025 )

Infos zum Zitiervorschlag
  • Mehr zum Thema
    • Datenschutz
    • Datenschutz
    • Kanzleien in der Region Nord
    • Kanzleien in Hamburg
    • ÖPNV
    • Verfahren
  • Gerichte
    • Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht
Das Bundesarbeitsgericht in Erfurt 05.06.2025
Datenschutz

Uni googelt Bewerber vor Kennenlerngespräch:

Mün­chner Anwalt bekommt 1.000 Euro DSGVO-Ent­schä­d­i­gung

Ein Anwalt, der sich bei der Uni Düsseldorf beworben hatte, bekommt von dieser 1.000 Euro DSGVO-Entschädigung, aber nicht mehr, so das BAG. Die Hochschule hatte den Mann gegoogelt, ihn über die gewonnenen Erkenntnisse aber nicht informiert.

Artikel lesen
Sachsens Justizministerin Constanze Geiert 30.05.2025
Rechtsstaat

Jumiko-Vorsitzende zur Überlastung der Justiz:

"Pakt für den Rechts­staat muss kommen, so sch­nell es geht"

Sachsens Staatsministerin der Justiz Constanze Geiert (CDU) leitet die kommende Frühjahrskonferenz der Justizminister. Mit LTO sprach sie vorab über Maßnahmen zur Justizentlastung, ein AfD-Parteiverbot und die Gefährlichkeit von Cannabis.

Artikel lesen
Ein Smartphone wird in der Hand gehalten, auf dem Display ist Metas KI-Anwendung "Meta AI" zu sehen 23.05.2025
Datenschutz

Kein DSGVO-Verstoß auf Facebook und Instagram:

Meta darf Nut­zer­daten für das KI-Trai­ning ver­wenden

Verbraucherschützer wollten per Eilantrag verhindern, dass Meta die Nutzerdaten ohne Einwilligung zu KI-Trainingszwecken verwendet. Das OLG Köln aber sieht keinen DSGVO-Verstoß. An der Datennutzung bestehe ein berechtigtes Interesse.

Artikel lesen
Die U2 der Berliner Verkehrsbetriebe 15.05.2025
Datenschutz

Cyberangriff auf Dienstleister der Berliner Verkehrsbetriebe:

Bekommen 180.000 Ber­liner U-Bahn-Kunden Scha­dens­er­satz?

Bei einem Hackerangriff haben Unbekannte persönliche Daten von rund 180.000 Kunden der Berliner Verkehrsbetriebe BVG erbeutet. Die Berliner Datenschutzbeauftragte ist alarmiert. Betroffene könnten Anspruch auf Schadensersatz haben.

Artikel lesen
OpenJur-Anwälte Dr. Mina Kianfar und Dr. Lukas Mezger von der Kanzlei Unverzagt 12.05.2025
Datenschutz

LG Hamburg zur Rechsprechungsdatenbank:

OpenJur haftet nicht für Fehler der Ber­liner Justiz

Wegen der Veröffentlichung eines nicht anonymisierten Beschlusses verklagte ein Anwalt OpenJur. Das LG Hamburg wies die Klage ab. Für den Gerichtsfehler hafte OpenJur weder nach DSGVO noch BGB. Der Betrieb dieser Datenbank sei Journalismus.

Artikel lesen
Personalverwaltungssoftware "Workday" 08.05.2025
Datenschutz

BAG zu DSGVO-Verletzung nach Betriebsvereinbarung:

Scha­dens­er­satz nach Kon­troll­ver­lust von Daten über "Workday"

Ein Unternehmen nutzt Echtdaten, um eine neue Software zu testen – und übermittelt dabei deutlich mehr Informationen als vereinbart. Das Bundesarbeitsgericht stellt klar: Betriebsvereinbarungen sind kein Persilschein für Datenschutzverstöße.

Artikel lesen
logo lto karriere
TopJOBS
Logo von Personalamt der Freien und Hansestadt Hamburg
Voll­ju­rist:in­nen (m/w/d) - Trainee­pro­gramm für an­ge­hen­de...

Personalamt der Freien und Hansestadt Hamburg , Ham­burg

Logo von DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V.
Voll­ju­rist als Re­fe­rent (w/m/d)

DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. , Ber­lin

Logo von Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg
Staats­an­wäl­tin (Rich­te­rin auf Pro­be) / Staats­an­walt (Rich­ter auf Pro­be)...

Generalstaatsanwaltschaft des Landes Brandenburg , Neu­rup­pin

Logo von DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V.
Voll­ju­rist als Re­fe­rent (w/m/d)

DGRV – Deutscher Genossenschafts- und Raiffeisenverband e. V. , Bonn

Logo von Osborne Clarke GmbH & Co. KG
Rechts­an­walt mit Be­ruf­s­er­fah­rung (w/m/d) IT-Recht, E-Com­mer­ce und di­gi­ta­le...

Osborne Clarke GmbH & Co. KG , Ber­lin

Logo von Kaufland
Con­sul­tant Da­ten­schutz (m/w/d)

Kaufland

Logo von Evangelische Hochschule Freiburg
Pro­fes­sur für Recht in der So­zia­len Ar­beit (m/w/d)

Evangelische Hochschule Freiburg , Frei­burg im Breis­gau

Logo von Osborne Clarke GmbH & Co. KG
Rechts­an­walt (w/m/d) IT-Recht, E-Com­mer­ce und di­gi­ta­le Re­gu­lie­rung

Osborne Clarke GmbH & Co. KG , Köln

Mehr Stellenanzeigen
logo lto events
NomosWebinar: Cyber Resilience Act

25.06.2025

Alles nach Plan – Unternehmenssanierung durch Insolvenz- und Restrukturierungsplan (§ 15 FAO)

24.06.2025

Webinar: ChatGPT für Jurist:innen – jetzt von ChatGPT & DeepSeek profitieren!

24.06.2025

Logo von Deloitte Legal Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
Update EUPTD, Equal Pay und Entgelttransparenz 2025

25.06.2025

Logo von GvW Graf von Westphalen
GvW DigiTalks 2025: KI in der Vergabe

24.06.2025

Mehr Events
Copyright © Wolters Kluwer Deutschland GmbH