KNPZ: Video­auf­zeich­nungen im ÖPNV sind daten­schutz­kon­form

11.09.2017

Im Nahverkehr von Hannover dürfen Fahrgäste in Zukunft von Kameras aufgezeichnet werden, entschied das OVG Lüneburg. Das Verkehrsunternehmen Üstra, vertreten durch KNPZ, hat sich damit gegen die Datenschutzbehörde durchgesetzt.

Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in Lüneburg hat die Berufung der Landesdatenschutzbeauftragten gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Hannover zurückgewiesen. Im Ergebnis hat das Gericht damit die Aufhebung einer datenschutzrechtlichen Anordnung bestätigt (Urt. v. 07.09.2017; Az.: 11 LC 59/16).

Auslöser des Rechtsstreits waren feststehende Videokameras, die das Verkehrsunternehmen Üstra in zahlreichen seiner Fahrzeuge installiert hat. Mit den Kameras werden im sogenannten Blackbox-Verfahren durchgehend Bewegtbilder vom Fahrzeuginnenraum aufgezeichnet. Die Videosequenzen werden nach 24 Stunden wieder gelöscht. Die Aufzeichnungen sollen unter anderem zur Beweissicherung bei Vandalismusschäden und zur Verfolgung von Straftaten dienen.

Die Landesdatenschutzbeauftragte gab der Üstra im August 2014 mit einer auf § 38 Abs. 5 des Bundesdatenschutzgesetzes gestützten Verfügung auf, diese Videoüberwachung in den Bussen und Stadtbahnen einzustellen. Sie könne erst wieder aufgenommen werden, nachdem das Verkehrsunternehmen entweder ein Konzept für einen nach Linien und Zeit differenzierten Einsatz der Videotechnik erarbeitet und umgesetzt habe oder anhand konkreter Anhaltspunkte darlege, dass die Videoüberwachung zeitlich und örtlich unbeschränkt erforderlich sei.

Nur scheinbarer Schutz oder sinnvolle Abschreckung?

Nach Auffassung der Datenschutzbeauftragten bietet die Videoaufzeichnung in Hannover von Kriminalität betroffenen Fahrgästen nur scheinbar Schutz. Denn anders als bei einer Kameraüberwachung, bei der - wie etwa bei der Braunschweiger Straßenbahn - eine Leitstelle das Geschehen beobachtet und eingreifen kann, bewirkten die Kameras in Hannover nur eine Scheinsicherheit, die den Erwartungen der Fahrgäste nach mehr Sicherheit durch eine Videoüberwachung nicht gerecht wird. Eine Videoaufzeichnung rund um die Uhr sei nur dann gerechtfertigt, wenn etwa über Ermittlungserfolge nachgewiesen werden könne, dass diese bei der Aufklärung oder Vermeidung von Straftaten und Vandalismus hilft.

Die Üstra hingegen hatte wie die Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen von einer abschreckenden Wirkung durch die Kameras gesprochen, die jedoch schwer mit Zahlen zu belegen sei. Ein Üstra-Sprecher berichtete gegenüber dpa von "zahlreichen Fällen", in denen aufgrund der Videoaufnahmen Straftäter gefasst werden konnten. "Gerade vor dem Hintergrund der gegenwärtigen Bedrohungslage auch mit Blick auf mögliche Terroranschläge scheint uns ein Abschalten von Videotechnik der vollkommen falsche Weg zu sein", argumentierte er weiter. Eine Live-Überwachung sei aber technisch zu aufwendig.

VG und OVG geben Üstra recht

Üstra klagte, vertreten durch Dr. Kai-Uwe Plath und Dr. Jan-Michael Grages von KNPZ Rechtsanwälte, gegen die Verfügung und hat vor dem VG Hannover Recht bekommen (Urt. v. 10.02. 2016; Az. 10 A 4379/15). Zur Begründung hieß es damals, das Bundesdatenschutzgesetz sei nicht anwendbar, weil die Üstra eine öffentliche Stelle des Landes Niedersachsen sei, für die der Datenschutz durch Landesgesetz geregelt sei. Das niedersächsische Datenschutzgesetz enthalte aber keine Eingriffsermächtigung, auf die die Verfügung der Landesdatenschutzbeauftragten gestützt werden könnte.

Das OVG hat die Entscheidung des VG im Ergebnis bestätigt. Nach Ansicht des 11. Senates ist das Bundesdatenschutzgesetz allerdings anwendbar und erlaubt der Üstra die Videoüberwachung in ihren Fahrzeugen. Die Videoüberwachung diene der Wahrnehmung berechtigter Interessen des Unternehmens, insbesondere der Verhütung und Verfolgung von Straftaten gegen ihre Einrichtungen, teilt das Gericht mit. Die Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Personenkreises, der von den Überwachungsmaßnahmen betroffen ist, fällt nach Ansicht der Richter zugunsten der von der Üstra geltend gemachten Belange aus.

Die Revision zum Bundesverwaltungsgericht wurde nicht zugelassen.

ah/LTO-Redaktion mit Material von dpa

Beteiligte Kanzleien

Beteiligte Personen

KNPZ Rechtsanwälte für Üstra:

Dr. Kai-Uwe Plath, Hamburg

Dr. Jan-Michael Grages, Hamburg

Zitiervorschlag

KNPZ: . In: Legal Tribune Online, 11.09.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/24453 (abgerufen am: 05.10.2024 )

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