Oliver Felsenstein ist seit einem halben Jahr Managing Partner bei Latham & Watkins. Zeit für eine Zwischenbilanz. Warum ihm als Kanzlei-Neuling diese Aufgabe übertragen wurde und was in Lathams "Agenda 2020" steht, sagt er im LTO-Interview.
LTO: Sie kamen 2015 von Clifford Chance zu Latham & Watkins. Nur ein Jahr später, im September 2016, wurden Sie schon Chef der Kanzlei. Herr Felsenstein, wieso ging das so schnell?
Oliver Felsenstein: Als Chef würde ich mich nicht bezeichnen, wir sind ja eine Partnerschaft. Ich habe mich um die Position auch nicht beworben, sondern wurde ausgewählt. Ebenso wie meine Partner-Kollegen Dr. Sebastian Seelmann-Eggebert und Dr. Georg Weidenbach, die mich als stellvertretende Managing Partner unterstützen. Dass man einem Neuzugang solch eine Position anvertraut, ist wohl auch eine Frage der Kanzleikultur, in der auf die Integration großen Wert gelegt wird und man sich auch als Neuzugang sehr schnell sehr wohl fühlt.
LTO: Latham ist in der letzten Zeit massiv gewachsen, vor allem durch Neuzugänge auf Partnerebene. Und die Position eines übergeordneten Managing Partners für alle deutschen Büros gab es bis zu Ihrer Berufung gar nicht. Hat es deswegen vielleicht auch für Sie gesprochen, dass Sie als "Neuer" relativ unbelastet waren?
Felsenstein: Latham & Watkins hat sich in den letzten Jahren in Deutschland sehr erfolgreich entwickelt und dadurch eine Größe erreicht, bei der überregionale Führungsstrukturen sinnvoll sind. Jemand, der neu von außen dazu kommt, nimmt viele Dinge, die gut laufen, noch besser wahr. Ich bin schnell zu einem großen Fan von Latham geworden. Und jetzt bin ich eben der Vorsitzende des Fanclubs.
"Positiv von der Unternehmenskultur überrascht"
LTO: Was hat Sie zum Fan werden lassen?
Felsenstein: Ich war sehr positiv von der Unternehmenskultur bei Latham & Watkins überrascht. Als Anwalt bin ich in einer Lockstep-Welt aufgewachsen: Ich habe zunächst bei Lovells und später bei Clifford Chance gearbeitet, beide Kanzleien vergüten nach diesem Modell. Die Grundidee des Lockstep ist, dass es die Zusammenarbeit unter den Kollegen fördert, weil der Umsatz des anderen jedem unmittelbar zugutekommt.
Latham dagegen hat, wie viele US-Kanzleien, eine Vergütungsstruktur, die sich stärker daran bemisst, welchen Beitrag der einzelne Partner zum Kanzleierfolg leistet. Ich hatte deshalb erwartet, dass der Konkurrenzdruck hier höher sein würde als in meinen früheren Kanzleien. Das hat sich aber nicht bewahrheitet, im Gegenteil.
LTO: Der Lockstep ist also verantwortlich für schlechte Stimmung in den Kanzleien?
Felsenstein: Ich denke, die Probleme, die die Magic-Circle-Kanzleien derzeit haben, liegen unter anderem, aber nicht nur am Lockstep: Der Profitabilitätsdruck ist hoch, und dadurch gehen genau die Aspekte verloren, die das Modell eigentlich auszeichnen, nämlich dass alle gemeinsam und partnerschaftlich in einen Topf wirtschaften. Wenn sich die Magic-Circle-Kanzleien derzeit überlegen, ihre Vergütungssysteme zu ändern, dann wird damit aber nicht notwendig eine neue und bessere Kanzleikultur einhergehen.
Bei Latham war es anders: Hier haben sich die Partner zusammengesetzt und überlegt, wie die Partnerschaft aussehen soll und wie man zusammenarbeiten will. Dann erst folgte das Vergütungssystem.
LTO: Wie werden denn die Partner bei Latham vergütet?
Felsenstein: Es gibt ein Lockstep-System mit einem Bonus-Pool. Leistung wird also belohnt, aber es geht nicht nur darum, einen möglichst hohen Umsatz zu erzielen. Wer als Partner nur seinen eigenen Umsatz maximiert, wird bei uns nicht sehr hoch aufsteigen. Belohnt wird vielmehr, wer die Kanzlei insgesamt voranbringt, etwa indem er das Cross-Selling verbessert und zum Beispiel dabei hilft, einen Partner in einem anderen Büro besser zu machen.
Anja Hall, Kanzlei-Manager im LTO-Interview: . In: Legal Tribune Online, 21.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22160 (abgerufen am: 15.10.2024 )
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