Die Trump-Administration setzt Wirtschaftskanzleien unter Druck und zielt dabei auch auf Diversitätsprogramme. Der Plan scheint aufzugehen, wie ein Blick auf die Websites, unter anderem von Freshfields, zeigt.
Raue Zeiten für Big Law: Die US-Administration um Donald Trump wirft mehreren großen Anwaltskanzleien unter anderem Verstöße gegen das Antidiskriminierungsrecht vor. Programme, die Vielfalt und Chancengleichheit fördern sollen, führten zu Diskriminierung, so die Argumentation – ein mindestens origineller Plot Twist.
Neben Exekutivverordnungen des US-Präsidenten, die sich gezielt gegen einzelne Kanzleien richteten, kam Mitte März auch von einer US-Behörde (Equal Employment Opportunity Commission), die eine potenzielle Diskriminierung in Berufen und Beschäftigungsverhältnissen aufdecken soll, Druck. 20 Kanzleien erhielten die Aufforderung, bis zum 15. April 2025 unter anderem persönliche Daten von Bewerberinnen und Bewerbern sowie von Anwältinnen und Anwälten offenzulegen, die in den vergangenen Jahren in die Partnerschaft aufgenommen wurden – offenbar um zu überprüfen, ob bei Beförderungen bestimmte Personengruppen bevorzugt wurden.
Ihre Wirkung verfehlen die Maßnahmen nicht: Während sich einige Kanzleien bemühen, den Schaden durch schnell ausgehandelte Deals mit der Regierung so gering wie möglich zu halten, versuchen andere offenbar, ihre Angriffsfläche zu verkleinern und so vom Trump'schen Radar zu verschwinden.
Chilling effect bei Freshfields?
Ein schneller Weg, Einfluss auf die Außenwirkung zu nehmen, ist die Website. Zahlreiche Kanzleien haben zuletzt öffentlich einsehbare Informationen, Bekenntnisse und Positionen zum Themenfeld Diversity, Equity & Inclusion (DEI) überarbeitet. Was nicht mehr zu sehen ist, kann nicht für Ärger sorgen?
Symptome einer DEI-Entfremdung zeigen sich zum Beispiel bei Freshfields. Eine englischsprachige Themenseite, zuvor als "Diversity and inclusion" gelabelt, wurde durch eine neue Fassung ersetzt, die jetzt unter "Culture and inclusion" läuft.
Einst prominent als "Our focus areas" platzierte Anknüpfungen an Genderdiversität ("We want to ensure Freshfields is gender diverse at all levels") oder LGBTQ+ ("Freshfields wants to be seen an employer of choice für LGBTQ+ people") tauchen auf der neuen Übersichtsseite nicht mehr auf.
Das Bekenntnis, wonach "Diversity" zentral sei, um Freshfields zu einem stärkeren Unternehmen zu machen ("We recognise that diversity … is central to making us a stronger firm"), fehlt mittlerweile. Auch die auf einem Foto präsentierte Regenbogenfahne ist verschwunden. Während der Begriff "Diversity" zuvor ganze achtmal Erwähnung fand, taucht er jetzt nur noch einmal auf.
Freshfields macht aber auch unter der neuen Überschrift deutlich, dass die Kanzlei Personen mit allen Hintergründen ansprechen will ("regardless of gender, race, ethnicity, sexual orientation, disability, socio-economic background, veteran status or other dimension of difference"). Ein Hinweis nebst Verlinkung auf die Diversitätsziele, die man sich 2021 für einen Zeitraum von fünf Jahren selbst gesteckt hatte, findet sich aber nicht mehr. Weiterhin abrufbar sind Responsible Business Reports (zuletzt veröffentlicht im September 2024), in denen die Kanzlei unter anderem über die Fortschritte beim Erreichen dieser Ziele berichtet hatte.
Eine Sprecherin von Freshfields bestätigte gegenüber LTO, dass die Website in der Folge des im vergangenen Jahr vollzogenen Rebrandings einem Relaunch unterzogen wurde. Dieser sei "seit Längerem geplant und über ein Jahr in Vorbereitung". "Hierbei stehen ein besseres Nutzererlebnis und neue Funktionen im Vordergrund, aber natürlich auch das neue Design, die neuen Bilder und die Tonalität unserer neuen Marke", so die Sprecherin weiter.
Auf Nachfrage von LTO, warum auf der neuen Themenseite auf den Begriff "Diversity" weitgehend verzichtet wurde und sich Freshfields nicht mehr explizit als Arbeitgeber der Wahl für Menschen präsentiert, die sich LGBTQ+ zuordnen, verweist Freshfields auf das obige Statement.
Law.com (Paywall) berichtet mit Verweis auf eine Quelle, die mit der Angelegenheit vertraut sei, dass sich Freshfields von den DEI-Zielen in den USA verabschiedet habe, weil diese erreicht oder übertroffen worden seien. Außerhalb der USA soll es dem Bericht zufolge aber bei den bisherigen Zielen bleiben. Gegenüber LTO hat sich Freshfields hierzu inhaltlich nicht geäußert.
DEI-Neustart bei White & Case
Unter den Kanzleien, die auf ihren Websites in der jüngeren Vergangenheit Anpassungen zu DEI-Themen vorgenommen und dabei unter anderem am Begriff "Diversity" gespart haben sollen, finden sich Medienberichten zufolge auch Hogan Lovells und Latham & Watkins. Von Hogan Lovells heißt es auf LTO-Anfrage, dass die Kanzlei hierzu derzeit keine offizielle Stellungnahme abgebe. Latham & Watkins ließ eine Anfrage mit der Bitte um ein Statement bis zum Erscheinen dieses Artikels unbeantwortet.
Bei White & Case ist man dabei, sich hinsichtlich Diversity & Inclusion neu zu positionieren. Man habe die globale Diversity & Inclusion-Funktion in eine neue Initiative überführt, erklärt Karsten Wöckener, Head of Germany von White & Case, auf Nachfrage gegenüber LTO. Die Neuaufstellung stelle sicher, dass die Initiativen der Kanzlei auch weiterhin mit US-amerikanischen Gesetzen konform seien.
Viel Kritik, wenig Solidarität
Für Kanzleien, die sich bei Trump unbeliebt machen, geht es um einiges: Mandantenbeziehungen, Reputation und vor allem Geld. Bei Perkins Coie, jener Kanzlei, gegen die sich eine Anfang März von Trump erlassene Exekutivverordnung richtete, sollen Mandate von Behörden entzogen, Verträge mit öffentlichen Einrichtungen gekündigt und erteilte Sicherheitsfreigaben widerrufen werden. Ein US-Bundesgericht hat die Umsetzung von Teilen der Verordnung zwischenzeitlich per einstweiliger Verfügung gestoppt.
Gegen vergleichbare Verordnungen wehrten sich später auch Jenner & Block sowie WilmerHale (zumindest vorläufig) erfolgreich. Im Fall von WilmerHale entschied das zuständige Bezirksgericht, dass eine Kündigung von mit der Kanzlei geschlossenen Verträgen durch Regierungsbehörden verfassungswidrig ist. Die vorübergehende Aussetzung von Sicherheitsfreigaben bleibt indes bestehen.
Trotz der fortwährenden Attacken, die auch Unternehmen aus anderen Bereichen der Wirtschaft treffen, blieb es in der Branche bisher leise. Für die weitestgehend unterbliebene Gegenwehr mussten und müssen sich die Kanzleien extern und teils auch intern viel Kritik anhören. Bei Paul Weiss, wo man sich – wie auch bei Skadden, Willkie Farr & Gallagher sowie Milbank – dem Zorn des US-Präsidenten mit einem Deal entzog, hat man auch noch fehlende Solidarität unter seinesgleichen ausgemacht. Wettbewerber hätten sofort versucht, Anwältinnen und Anwälte abzuwerben, beklagte Brad Karp, Chairman bei Paul Weiss einem Bericht der New York Times zufolge in einer internen Mail. Unterstützung habe es dagegen keine gegeben, nachdem seine Kanzlei ins Visier geraten sei.
Wegen Trumps Anti-Woke-Kurs: . In: Legal Tribune Online, 04.04.2025 , https://www.lto.de/persistent/a_id/56925 (abgerufen am: 22.05.2025 )
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