Ein Jahr. Neun Themen. Neun Texte.: Kanz­leien & Unter­nehmen 2022 - Ein Rück­blick

von Stefan Schmidbauer

23.12.2022

Bild: picture alliance/dpa | Peter Kneffel

Pau­laner gewinnt den Spezi-Streit

Zwei Brauereien streiten um das Recht zur Nutzung einer Bezeichnung für ein Mischgetränk, das aus Limonade und Cola besteht. Das war die Ausgangslage eines Verfahrens, mit dem sich die 33. Zivilkammer des Landgerichts (LG) München I unter dem Vorsitz von Richterin Michaela Holzner zu befassen hatte. Der Streitwert liegt bei rund zehn Millionen Euro.

Gegenstand der juristischen Auseinandersetzung ist eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen Paulaner und Riegele, die nach Ansicht des Gerichts als Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung und nicht als Lizenzvertrag auszulegen ist (Urt. v. 11.10.2022; Az. 33 O 10784/21). Die mündliche Verhandlung hatte am 28. Juni 2022 stattgefunden, die Verkündung war ursprünglich bereits für den 30. August vorgesehen.

Mit dem noch nicht rechtskräftigen Urteil gab das LG einer Feststellungsklage von Paulaner statt, die sich gegen eine seitens Riegele erklärte Kündigung der 1974 getroffenen Vereinbarung richtete. Riegele hatte einhergehend mit der Kündigung den Abschluss einer neuen Lizenzvereinbarung und damit verbundene regelmäßige Lizenzzahlungen angestrebt.

Dr. Constantin Rehaag, Partner in der Frankfurter Niederlassung der Kanzlei Dentons, zeigt sich von der Entscheidung nicht überrascht: "Richtig ist, dass Abgrenzungsvereinbarungen grundsätzlich zeitlich unbegrenzt gelten. Marken haben – im Gegensatz zu anderen gewerblichen Schutzrechten – ja ein ewiges Leben. Daher sei es im Ergebnis nur naheliegend, dass dies auch für markenrechtliche Abgrenzungsvereinbarungen gelte. "Nur auf diese Weise lassen sich Markenstrategien langfristig ausrichten und entsprechende Investitionen rechtfertigen", so Rehaag weiter.

Kammer stellt auf Umstände der Vertragsschließung ab

Für die Auslegung der Vereinbarung als Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung spreche nach Überzeugung der Kammer bereits, dass noch vor der Unterzeichnung des Dokuments dessen Überschrift von "Lizenzvertrag" in "Vereinbarung" geändert worden sei. Die beiden Beteiligten hätten mit dem Vertragsschluss bestehende Streitigkeiten endgültig beilegen wollen. Paulaner habe im Vertrauen auf eine ebensolche endgültige Beilegung erhebliche Investitionen in den Markenaufbau gesteckt, so das Gericht in seinem Urteil, das LTO vorliegt.

Anders als Lizenzverträge sind Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen nach Auffassung des LG nicht kündbar, da die Schutzdauer eingetragener Markenrechte durch einfache Gebührenzahlung unbegrenzt verlängert werden könne. Da sich Paulaner stets vertragstreu verhalten habe, habe es keinen Anlass für eine außerordentliche Kündigung durch Riegele gegeben.

Zur Motivation von Riegele fand das Gericht klare Worte. Allein der Wunsch, vom "beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg" Paulaners zu profitieren, stelle keinen wichtigen Grund für eine Kündigung vertraglicher Vereinbarungen dar.

Eine Widerklage, mit der Riegele markenrechtliche Ansprüche auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz geltend gemacht hatte, wurde von der Kammer mit dem Verweis auf das Fortbestehen der Vereinbarung aus dem Jahr 1974 als unbegründet abgewiesen.

Zitiervorschlag

Ein Jahr. Neun Themen. Neun Texte.: Kanzleien & Unternehmen 2022 - Ein Rückblick . In: Legal Tribune Online, 23.12.2022 , https://www.lto.de/persistent/a_id/50478/ (abgerufen am: 16.04.2024 )

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