Geschäftsmodell 4.0: Digi­tales Gold

von Nico Kuhlmann

07.02.2017

2/2 Programme, die Verträge auswerten und überwachen

Wenn die Verträge, die auf den Kanzleiservern gespeichert sind, entsprechend aufbereitet und strukturiert worden wären, könnte ein Anwalt mit einem Knopfdruck herausfinden, in welchen Verträgen diese Klauseln verwendet wurden. Der Anwalt könnte dann dem Mandanten zeitnah und preiswert über die notwendigen Änderungen berichten und anschließend die betroffene Klausel in allen Verträgen automatisch ersetzen.

Ein solches "Rechtsradar", welches automatisch die zu überarbeitenden Klauseln erkennt, würde eine zeitgemäße Arbeitsweise darstellen und könnte die Mandantenbeziehung verfestigen. Unternehmen wie Smartlaw, das wie LTO zu Wolters Kluwer gehört, bieten ihren Kunden einen solchen Service bereits an, einige weitere Unternehmen entwickeln intern ähnliche Lösungen.

Datenbasierte Dokumenten(vor-)überprüfung

Neben der Erstellung und Betreuung der eigenen Verträge gehört die Überprüfung fremder Verträge und sonstiger rechtlicher Dokumente zu den Kernaufgaben eines Anwalts. Bevor dieser aber einzelne Klauseln rechtlich bewerten kann, muss das Dokument erst einmal darauf überprüft werden, ob wichtige Regelungen vollständig fehlen oder welche Bestimmungen eventuell ungewöhnlich sind.

Diese Erstüberprüfung kann bei umfangreichen Dokumenten viel Zeit in Anspruch nehmen. Eine schnellere Vorgehensweise wäre, das zu überprüfende Dokument mit allen Verträgen zu vergleichen, die die Kanzlei bereits abgespeichert hat. Nicht nur großen Wirtschaftskanzleien sondern auch spezialisierten Boutiquen würde dafür eine enorme Anzahl ähnlicher Verträge bereits zur Verfügung stehen.

Ein entsprechendes Programm könnte die Verträge dann auslesen und gegenüberstellen. Sobald eine standardmäßig enthaltene Klausel fehlt oder eine vorhandene Bestimmung normalerweise nicht enthalten ist, würde diese Regelung markiert werden. Der Anwalt müsste dann nur noch die gekennzeichneten Klauseln durchsehen und hat für seine primäre Aufgabe, die rechtliche Einschätzung und die anschließende Beratung, mehr Zeit zur Verfügung.

Das Unternehmen LawGeex bietet eine solche Dienstleistung in den USA bereits für Rechtsabteilungen und selbstständige Unternehmer an. Zusätzlich zur statistischen Verbreitung der einzelnen Klauseln enthalten die automatisch generierten Überprüfungsberichte auch Beschreibungen der Vertragsbestimmungen in einfacher, nicht-juristischer Sprache.

Über das traditionelle Geschäftsmodell hinausdenken

In der gleichen Weise wie die Dampfkraft und anschließend fossile Brennstoffe die industrielle Revolution angetrieben haben, sind die Daten die Ressource der gegenwärtig stattfindenden digitalen Revolution.

Der entsprechende Goldrausch in Bezug auf die Daten hat unbemerkt von den meisten deutschen Juristen bereits begonnen. Die Betreiber juristischer Datenbanken weltweit haben den Wert ihrer Daten schon erkannt und experimentieren mit verschiedenen Verwertungsmöglichkeiten, die über die bloße Recherche weit hinausgehen. Auch für Kanzleien wird die Nutzbarmachung ihrer Daten ein relevanter Bestandteil des modernen Geschäftsmodells werden.

Es ist nun die Aufgabe der jungen Generation von Juristen über das traditionelle Geschäftsmodell von Kanzleien hinaus zu denken, die einzelnen Goldadern zu identifizieren und den darin enthaltenen Wert zu Tage zu fördern. In diesem Sinne: Frohes Schürfen!

Der Autor Nico Kuhlmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Hogan Lovells International LLP in Hamburg und Blogger für den Legal-Tech-Blog.de.

Zitiervorschlag

Nico Kuhlmann, Geschäftsmodell 4.0: Digitales Gold . In: Legal Tribune Online, 07.02.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22015/ (abgerufen am: 28.03.2024 )

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