Kanzlei-Manager rätseln oft, wie viel Geld sie für Marketing ausgeben sollten. Warum es meistens falsch verteilt wird, sich ein Inserat pro Jahr nicht lohnt und nach welchen Kriterien man entscheiden sollte, erklärt Alexander Gendlin.
Gehören Sie zu den Kanzleipartnern, die regelmäßig über Jahre hinweg ohne Marketingaktivitäten ständig umfassende Mandate angetragen bekommen? Und sind Sie ganz sicher, dass diese Quellen niemals austrocknen werden? Dann können Sie ruhigen Gewissens aufhören diesen Artikel zu lesen. Für alle anderen stellt sich eine Frage immer wieder aufs Neue: Gebe ich zu viel oder zu wenig für meine Marketingmaßnahmen aus?
Grundsätzlich können in Kanzleien vier verschiedene Ansätze für die Berechnung von Marketingbudgets beobachtet werden, wobei Marketing wird hier als Sammelbegriff für Business Development, Werbung und Public Relations verwendet wird.
Ein Inserat pro Jahr? Lassen Sie es bleiben!
Da gibt es zum einen die "subjektive Ausgaben"-Methode: In diesem Fall fragt sich die Kanzlei ganz einfach: "Wie hoch ist der Betrag, den ich mir leisten kann, für Marketing auszugeben?" Diese Methode verwenden vor allem kleine Kanzleien, und sie hat einen sehr großen Vorteil: Sie nimmt wenig Zeit in Anspruch. Der Nachteil: Sie ist eine lupenreine Geld- und Zeitverschwendung und zeigt nicht einmal mittelfristig irgendeine Art von Wirkung. Schließlich kümmert es den Markt wenig, wie viel sich eine Kanzlei leisten kann.
Bei einem solchen Ansatz kommt meist das berühmte, einmal im Jahr geschaltete Inserat heraus oder eine Google AdWords Kampagne in der mit einem hohen spirituellen Vertrauen ein Minibetrag auf "Anwalt" oder "Anwalt im Rechtsgebiet XY" gesetzt wird.
Bevor Sie eine solche Methode anwenden, empfehle ich Ihnen, es lieber gleich bleiben zu lassen. Wenn es überhaupt einen Effekt gibt, dann ist dieser verschwindend gering. Dem eingesetzten Geld wird garantiert keine Neuakquise gegenüberstehen.
Gießkannenmethode ignoriert Marktzyklen
Großer Beliebtheit erfreut sich auch die "Umsatzanteil"-Methode. In diesem Fall wird ein bestimmter Prozentsatz des aktuellen oder eines zukünftigen Kanzleiumsatzes für Marketingausgaben bereitgestellt. In der Rechtsbranche ist dieser Anteil übrigens mit 1 bis 4,5 Prozent recht gering, wenn auch steigend. Im Vergleich dazu gibt beispielsweise die Kosmetikindustrie mit 40 bis 45 Prozent vom Umsatz erheblich mehr für Marketing aus.
Kosmetikprodukte sind natürlich untereinander viel leichter vergleichbar und bedürfen daher zwecks Differenzierung viel mehr werblicher Emotionalisierung. Dennoch sind im Vergleich dazu die Marketingausgaben von Kanzleien noch viel zu gering.
Die Vorteile der Umsatzanteil-Methode sind eine gewisse Kontinuität der Ausgaben, ein zufriedener Chief Financial Officer und eine gewisse Verhältnismäßigkeit zu den Mitbewerbern. Nicht zu vergessen ist auch der positive Effekt, dass sich das Kanzleimanagement aktiv mit der Frage auseinandersetzen muss, was mit dem Marketing zu tun ist.
Der wesentliche Nachteil dieser Gießkannenmethode ist jedoch, dass nicht nach einzelnen Rechtsgebieten unterschieden wird und die Markt- und Produktzyklen mit ganzer Kraft ignoriert werden. So ist zum Beispiel in einem gesättigten Markt für die Bewerbung von bereits lange vorhandenen Rechtsdienstleistungen, die nur stagnierende Umsätze produzieren, ein wesentlich größeres Budget notwendig, als bei der Einführung von neuen Rechtsdienstleitungen in einem jungen Markt. Denn in einem jungen Markt, gibt es weniger Konkurrenten, mit denen man marketingtechnisch um die Aufmerksamkeit der Mandanten und Multiplikatoren kämpfen muss.
Das machen, was alle anderen tun?
Als nächstes sollte noch die "Me Too"-Methode erwähnt werden, die der Umsatzanteil-Methode sehr ähnlich ist. Bei "Me Too" orientiert sich der gewiefte Marketeer einfach an den Budgets der Mitbewerber. Es schreiben also alle voneinander ab, und man kann dabei nur hoffen, dass wenigstens einer solide gearbeitet hat. Denn diese Methode verursacht meistens unnötige Kosten, da bis auf wenige Ausnahmen einfach keine Kanzlei genau das gleiche Serviceangebot hat.
Würde es zum Beispiel für eine Kanzlei mit einem Schwerpunkt in M&A und Capital Markets sinnvoll sein, in teure Inserate zu investieren, so kann das bei einer gleich großen Kanzlei mit Schwerpunkt im Steuerrecht schon weniger Sinn ergeben. Sogar Einpersonenkanzleien, die das gleiche Rechtsgebiet anbieten, haben unterschiedliche Stärken und können nicht 100 Prozent deckungsgleich übereinandergelegt werden
Erst Ziele definieren, dann das Marketing planen
Was also tun? Meine Empfehlung ist die "Einzelzielorientierte"-Methode. Hier müssen Sie für sämtliche Rechtsgebiete zunächst klare Ziele definieren, beispielsweise: "Die Praxisgruppe Real Estate liefert zurzeit zu wenig Umsätze und soll mit Marketingmaßnahmen XY gefördert werden. Ziel ist eine Umsatzsteigerung von zehn Prozent bis Ende des Jahres." Basierend auf der gewünschten Umsatzsteigerung kann dann das Budget entsprechend erstellt werden. Dazu muss natürlich die Information bereitstehen, wie hoch die Marketingkosten sind, die bislang im Bereich Real Estate anfallen.
Diese Methode können große und kleine Kanzleien anwenden. Speziell letztere machen gerne vieles in Eigenregie und haben sehr sprunghafte Marketingentscheidungen- und Ausgaben, wenn sie sich keine konkreten Ziele setzen. Natürlich ist Zielanalyse und Zielsetzung in kleineren Einheiten weniger komplex.
Der Vorteil dieser Methode ist, dass sich die Kanzlei oft zum ersten Mal bewusst macht, welche Marketingziele sie erreichen will. Der Nachteil einer solchen Methode ist, dass man hier viel Zeit investieren muss, um die richtigen Ziele zu definieren. Das ist aber unbedingt notwendig, denn: Als Erster ans falsche Ziel zu kommen, bringt höchstens den Mitbewerbern Vorteile.
Alexander Gendlin ist seit 2004 in der Rechtsbranche tätig und ist Inhaber der Unternehmensberatung Law Business, Business Consulting for the Legal Industry" (lawbusiness.at). Gendlin ist C. H. Beck Autor und Vortragender an der Wirtschaftsuniversität Wien JUSPLUS Wirtschaftsrecht
Kanzlei-Marketing: . In: Legal Tribune Online, 06.04.2017 , https://www.lto.de/persistent/a_id/22590 (abgerufen am: 10.12.2024 )
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