Kanzleien wurde Mitwirkung an Einträgen angeboten: Absprache bei Juve-Ran­kings?

von Stefan Schmidbauer

18.04.2024

Strikte Unabhängigkeit und aufwändige Recherchen sind Attribute mit denen der Juve-Verlag seine im Markt sehr beliebten Kanzleirankings anpreist. Ein Transparenzhinweis der Redaktion lässt genau daran Zweifel aufkommen.

Anwalts- und Kanzleirankings polarisieren. Wer einen der begehrten Plätze ergattert hat, findet sie großartig. Diejenigen, deren Schaffen ohne Wertschätzung geblieben ist, fanden Rankings schon immer unnötig. Die Ranglisten des Juve-Verlags genießen im Rechtsmarkt einen besonders hohen Stellenwert – auch und gerade deshalb, weil die Redaktion nur wenige Gelegenheiten auslässt, ihre Unabhängigkeit und Transparenz zu betonen. 

Gütesiegel und Zitate aus Bewertungseinträgen in Juve-Publikationen finden sich zu Dutzenden in Signaturen von eMails, die in der öffentlichen Kommunikation von Kanzleien genutzt werden. Sie schmücken Webseiten und Kanzleipräsentationen. Die Intention dabei: Vertrauen schaffen, Mandanten gewinnen. 

Verstoß gegen redaktionelle Standards

Was aber ist ein Ranking wert, wenn die behauptete redaktionelle Unabhängigkeit gar nicht gegeben ist? Die Frage stellt sich, nachdem die Juve-Chefredaktion am Mittwoch einen Hinweis in eigener Sache veröffentlichte. Man habe feststellen müssen, dass ein Redaktionsmitglied gegen die internen redaktionellen Standards verstoßen hat, heißt es in der Mitteilung, die als "Transparenzhinweis" gekennzeichnet wurde. 

Mindestens in einem Fall wurde nach Juve-Angaben einer Kanzlei im Vorfeld der Veröffentlichung einer Rankingpublikation der Wortlaut der sie betreffenden Bewertung "zur Abstimmung vorgelegt". Gleichzeitig ruft Juve weitere Kanzleien, die ein ähnliches Angebot erhalten haben, dazu auf, sich zu melden. Man sei dabei, den Sachverhalt aufzuklären und habe Konsequenzen gezogen, um eine Wiederholung eines solchen Vorfalls auszuschließen.

Aufarbeitung ist notwendig

Hier geht es um mehr als einen simplen Verstoß gegen redaktionelle Standards. Für den Verlag stehen die Glaubwürdigkeit im Markt und ein Teil des Geschäftsmodells auf dem Spiel. Bei dem Transparenzhinweis, den Juve proaktiv veröffentlicht hat, wird es nicht bleiben können. Vor allem im Hinblick auf eine mögliche externe Einflussnahme auf bereits veröffentlichte Publikationen müssen alle Zweifel vom Tisch.

Für die neue Chefredaktion aus den eigenen Reihen, die erst vor wenigen Monaten von den Gründern Astrid Gerber und Aled Griffiths übernommen hat, bietet der Vorfall eine Chance: Sie kann zeigen, dass Transparenz bei Juve mehr ist als nur eine PR-Floskel.

Zitiervorschlag

Kanzleien wurde Mitwirkung an Einträgen angeboten: . In: Legal Tribune Online, 18.04.2024 , https://www.lto.de/persistent/a_id/54361 (abgerufen am: 10.12.2024 )

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