Thomas Fischer wird Anwalt, eine Kanzlei verstärkt sich direkt mit 20 Anwälten vom Konkurrenten und ein bekannter Dispute-Resolution-Spezialist kehrt seiner Kanzlei nach 33 Jahren den Rücken. Ein Blick auf die spannendsten Transfers.
Rabatt bei Abnahme mehrerer? Das klingt etwas gemein, aber auf den Gedanken könnte man schon kommen, wenn man die Personalwechsel in den Wirtschaftskanzleien der vergangenen Monate einmal genauer betrachtet. Auffallend viele Partnerduos und -trios haben sich auf den Weg in eine neue Sozietät gemacht, teilweise mitsamt ihren kompletten Teams. So kündigten gleich drei Partner ihren Abschied von Beiten Burkhardt in Richtung GvW Graf von Westphalen an. Die Münchener und Berliner Büros der Sozietät wachsen damit auf einen Schlag um rund 20 Anwältinnen und Anwälte.
Ohnehin haben die Kanzleien in der südlichsten Hauptstadt Deutschlands kräftig auf dem Transfermarkt zugeschlagen. Gleich mehrere Sozietäten verstärkten sich mit namhaften Zugängen. Prominentestes Beispiel ist Ex-BGH-Richter Prof. Dr. Thomas Fischer, der rund vier Jahre nach seiner Pensionierung Strafverteidiger bei Gauweiler & Sauter wird.
Ebenfalls auffallend: Einige Partnerinnen und Partner verließen die Kanzleien, in denen sie teilweise ihre gesamte berufliche Laufbahn verbracht hatten. Ob dieser Mut zur Veränderung mit der Corona-Pandemie zusammenhängt, die viele dazu gebracht hat, Eingefahrenes zu überdenken?
1/11 Pfiat Di, Clifford Chance!
Durchaus ein Einschnitt für das Münchener Büro von Clifford Chance war der Wechsel der beiden langjährigen Partner Barbara Mayer-Trautmann und Markus Muhs zu Milbank. Die beiden waren nicht nur wichtige Mitglieder in der Finance- bzw. Private-Equity-Praxis, ihnen folgten auch gleich neun Anwältinnen und Anwälte zum neuen Arbeitgeber.
Barbara Mayer-Trautmann gilt als eine der angesehensten Anwältinnen für Finanzierungen in Deutschland. Sie kam 1997 zu Clifford Chance, 2002 wurde sie zur Partnerin in der zur Marktspitze zählenden Finance-Praxis ernannt. Mehrere Jahre lang stand Mayer-Trautmann zudem als Office Managing Partnerin an der Spitze des Münchener Büros der Kanzlei.
Der Private-Equity-Anwalt Markus Muhs war von 2002 bis Ende 2020 bei Clifford beschäftigt, mit einer rund einjährigen Zwischenstation als Legal Counsel bei der Lufthansa System AG. 2012 wurde er Partner. Muhs war laut Branchenbeobachtern zuletzt einer der wichtigsten Private-Equity-Partner bei Clifford Chance und hat vor allem Deals im Infrastruktursektor betreut.
2/11 Shearman & Sterling wächst wieder
Linklaters musste zum März gleich zwei Partner zum Konkurrenten Shearman & Sterling ziehen lassen: Dr. Florian Harder und Dr. Jann Jetter. Die beiden haben beinahe ihre gesamte Berufslaufbahn bei Linklaters verbracht. Sie stiegen 2007 bzw. 2004 als Associates ins Münchener Team ein und arbeiteten sich dort hoch bis zur Partnerschaft.
Harder berät in den Bereichen M&A, Joint Ventures und Unternehmensrestrukturierungen. Der Steuerberater Jetter ist auf Konzernstrukturierungen sowie Private-Equity- und M&A-Transaktionen spezialisiert. Das Duo arbeitet schon seit vielen Jahren zusammen und will bei Shearman eine übergreifende Beratung von Finanzinvestoren anbieten.
Shearman expandiert mit den beiden Neuzugängen nicht nur personell, sondern auch geographisch: Die beiden Anwälte arbeiten von München aus, wo bislang das Finanzierungsteam um Partner Winfried Carli ansässig war – wenn auch nur inoffiziell. Mit Harder und Jetter eröffnet die Kanzlei den Standort an der Isar nun auch offiziell, und Harder wird Leiter der deutschen Büros von Shearman. Damit kehrt die Kanzlei nach der drastischen Schrumpfkur des Jahres 2013, als die Standorte München und Düsseldorf schlossen und viele Mitarbeitende die Kanzlei verließen, wieder auf den Wachstumspfad zurück.
3/11 Abschied nach 33 Jahren
Michael Molitoris, langjähriger Noerr-Partner und einer der erfahrensten Dispute-Resolution-Anwälte in Deutschland, hat bei SZA Schilling Zutt & Anschütz eine neue berufliche Heimat gefunden. Er wechselte mit einem vierköpfigen Team im April in das Münchener Büro der Kanzlei.
Molitoris arbeitete seit 1988 bei Noerr, 1995 wurde er zum Partner bestellt. Er baute den Fachbereich Litigation mit auf und war viele Jahre in der Co-Leitung. Molitoris betreut komplexe deutsche und internationale Prozesse und Schiedsverfahren und gilt als einer der renommiertesten Experten für Produkthaftung und Produktsicherheit in Deutschland.
Ende Januar dieses Jahres gab Noerr bekannt, dass die Kanzlei sich im Bereich Litigation neu aufstelle. Aus der vorher einheitlichen Praxisgruppe "Prozessführung, Schiedsverfahren & ADR" wurden vier spezieller ausgerichtete Einheiten.
Die Mannheimer Traditionskanzlei SZA Schilling Zutt & Anschütz – die übrigens im Jahr 2000 mit Shearman & Sterling fusionierte und sich 2008 wieder abspaltete – hat das Münchener Büro erst vor rund zwei Jahren eröffnet. Seitdem wurde es mit einigen Zugängen verstärkt.
4/11 Prominter Of Counsel für Gauweiler & Sauter
Für einen echten Coup sorgte die Münchener Kanzlei Gauweiler & Sauter: Die Sozietät um Dr. Peter Gauweiler und Alfred Sauter hat den ehemaligen BGH-Richter Prof. Dr. Thomas Fischer als Of Counsel gewonnen. Fischer, der bis 2017 Vorsitzender des 2. Strafsenats am Bundesgerichtshof (BGH) war, hatte eine Anwaltstätigkeit zwar zunächst ausgeschlossen, sich zwischenzeitlich aber offensichtlich doch davon überzeugen lassen. Bei Gauweiler & Sauter ist er nun als Strafverteidiger sowie als Gutachter zu Fragen des Straf- und Strafverfahrensrechts tätig.
Er beabsichtige nicht, "die Welt der Strafverteidigung mit höchstrichterlicher Weisheit zu beglücken", äußerte sich Fischer gegenüber LTO – wird es aber wohl zwangsläufig doch tun. Er gehört u.a. zum Verteidigerteam von Dieter Wedel. Dem Starregisseur wird Vergewaltigung vorgeworfen.
Die beiden Namenspartner von Gauweiler & Sauter haben zuletzt abseits ihrer Tätigkeit als Anwälte für Schlagzeilen gesorgt. Gegen Sauter wird im Zusammenhang mit der sogenannten Maskenaffäre wegen Korruptionsverdachts ermittelt; und die millionenschweren Beraterhonorare, die Gauweiler während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter erzielte, entfachten kürzlich eine neue Debatte über die Offenlegung der Nebeneinkünfte von Abgeordneten.
5/11 Kräftiger Zuwachs für GvW Graf von Westphalen
GvW Graf von Westphalen verstärkt sich mit gleich drei Partnern von Beiten Burkhardt: Dr. Axel von Walter, Dr. Maximilian Emanuel Elspas und Dr. Sebastian Heim. Und da die drei auch ihre Teams mitbringen, wachsen die GvW-Standorte in München und Berlin auf einen Schlag um rund 20 Anwältinnen und Anwälte.
Die drei Neuzugänge sind langjährige Partner bei Beiten Burkhardt. Von Walter ist zudem Mitglied der Geschäftsleitung der Kanzlei. Er berät vor allem im Datenschutzrecht, Gewerblichen Rechtsschutz, IT-Recht und Medienrecht. Heim ist im Patenrecht beheimatet, und Elspas hat seinen Schwerpunkt im Energiewirtschaftsrecht. Bei Beiten Burkhardt ist er Co-Leiter der Praxisgruppe Corporate/M&A und verantwortet den Kompetenzbereich Energie.
GvW will mit der Verstärkung künftig noch mehr zu Fragen der Energiewende, Digitalisierung, Innovation und Technologie beraten.
6/11 Arnold & Porter schließt die Türen
Nicht GvW Graf von Westphalen, sondern Friedrich Graf von Westphalen & Partner heißt der neue Arbeitgeber von Dr. Annette Bödeker. Die Anwältin und Notarin war seit September 2012 bei Arnold & Porter Kaye Scholer tätig und leitete das Corporate- und M&A-Geschäft am einzigen deutschen Standort der Kanzlei. Der schloss Ende März, und Bödeker wechselte zu Friedrich Graf von Westphalen, wo sie in Frankfurt als Partnerin im Bereich Corporate/M&A sowie als Notarin tätig ist.
Bödeker berät große, internationale Unternehmen, Banken sowie Mittelständler gesellschaftsrechtlich und begleitet sie bei Transaktionen. Die Juristin sieht Synergien u.a. mit dem Berliner Team für Technologie- und Venture-Capital-Transaktionen. Zudem seien langjährige Mandanten von FGvW aus dem Pharma- und Medizintechnikbereich auch Mandanten von Arnold & Porter, sagt sie.
6/11 Oppenhoff: Neuzugänge an Main und Elbe
Auch Oppenhoff profitierte vom Aus von Arnold & Porter in Deutschland und holte sich den Prozessrechtler Dr. Michael Weigel mit seinem Team ins Boot. Außerdem rüstete die Kanzlei an der Elbe auf: Dr. Sebastian Zeeck, bislang Partner bei Eversheds Sutherland, verstärkt das Hamburger Büro.
Weigel brachten och zwei weitere Anwälte zu Oppenhoff mit. Weigel berät vor allem bei Streitigkeiten im Vertrags- und Gesellschaftsrecht sowie im Bank- und Finanzrecht. Auch mit der Berufshaftung von Professional Services Firms kennt er sich aus – zuletzt vertrauten ihm etwa Freshfields und Bird & Bird bei der Abwehr von Schadensersatzforderungen und institutionelle Anleger bei Klagen gegen VW im Diesel-Skandal.
Zeeck ist im Gesellschafts- und Insolvenzrecht zuhause. Vor zehn Jahren baute er den Hamburger Standort von Heisse Kursawe, der deutschen Vorgängerkanzlei von Eversheds Sutherland, mit auf. Jetzt verließ er die Sozietätin Richtung Oppenhoff und soll dort das strategische Wachstum des Hamburger Büros vorantreiben.
7/11 Unzertrennliches Duo geht zu Squire
Seit 20 Jahren gehen Dr. Rüdiger Herrmann und Jochen Eimer gemeinsam durch Berufsleben. Jetzt ist das Duo bei Squire Patton Boggs gelandet und soll die Life-Science-Praxis verstärken. Zuvor waren beide seit 2018 Partner in der Gesundheitspraxis von McDermott Will & Emery. Der gemeinsame Weg begann im Jahr 2001 bei Mayer Brown, bevor es dann acht Jahre später zu Wilmer Hale ging. Im Jahr 2014 wechselten die beiden zu Dechert. Vier Jahre später schlossen sich die beiden Partner mit ihrem Team McDermott an.
Hermann berät Unternehmen der Biotech- und Pharmabranche u.a. bei Unternehmenskäufen und -verkäufen, Joint Ventures und Lizenzvereinbarungen und steigt bei Squire als Partner ein. Eimer wird Director. Er begleitet ebenfalls u.a. Transaktionen in den Bereichen Biotech, Pharma und Medizintechnik.
8/11 Ein Kommen und Gehen bei Deloitte Legal
Bei Deloitte Legal stehen zwei Neuzugänge im Immobilienrecht einem Weggang im Energierecht gegenüber. Von der Luther Rechtsanwaltsgesellschaft wechselten Carsten Brutschke und Dr. Katja Schwenzfeier mitsamt ihrem dreiköpfigen Team. Die beiden Immobilienrechtler haben ihre Karriere bei Luther begonnen und waren dort seit 1999 bzw. 2006 tätig. Brutschke berät vorwiegend internationale Investoren und Family Offices beim Erwerb und der Veräußerung von Immobilien. Schwenzfeier berät zu Transaktionen sowie im gewerblichen Mietrecht.
Von Deloitte Legal verabschiedet hat sich bereits Anfang des Jahres Dr. Florian-Alexander Wesche. Der Rechtsanwalt, der seit 2015 den Bereich Energierecht bei Deloitte Legal leitete, wechselte mit einem Associate in das Düsseldorfer Büro von Dentons. Die Sozietät hatte schon im vergangenen Jahr auf dem Transfermarkt zugeschlagen und seine Energierechtssparte ausgebaut: Von Baker McKenzie kam ein Team um das Partner-Duo Dr. Thomas Dörmer und Dr. Tim Heitling ins Berliner Büro.
9/11 Von der Hamburger Neustadt in die Altstadt
Der Rechtsanwalt und Steuerberater Dr. Uwe Eppler hat seinen Arbeitsplatz von der Hamburger Innenstadt in die Brandstwiete in der Altstadt verlegt - er ist nun Partner bei der multidisziplinären Kanzlei Möhrle Happ Luther, zuvor arbeitete er für Norton Rose Fulbright.
Eppler war im Jahre 2011 Gründungspartner des Hamburger Standortes der Sozietät und leitete viele Jahre die deutsche Steuerrechtspraxis der Kanzlei. Schwerpunkte des 48-Jährigen sind steuerliche Fragestellungen von M&A-Transaktionen und das internationale Steuerrecht. Besonders bekannt ist Eppler zudem für seine Beratung im Bereich Warranty & Indemnity (W&I) -Versicherungen.
10/11 Zurück zu den Wurzeln
Zum Februar kam der Kartellrechtler Tilman Siebertvon Reed Smith zu King & Wood Mallesons (KWM) in Frankfurt. Seine neue Kanzlei ist für ihn nicht unbekannt: Zwischen 2005 und 2016 war er bereits Partner bei KWM in München. Der europäische Arm der Sozietät musste allerdings 2017 Insolvenz anmelden, und Siebert und ein weiterer Partner wechselten mit ihren Teams zu Reed Smith.
Vier Jahre später kommt Siebert jetzt zu der Sozietät zurück, die seit der Insolvenz des europäischen Teils der Sozietät unter KWM Europe firmiert. Siebert ist der erste Kartellrechtler im Frankfurter Büro. Mit seinem Zugang wolle man die Beratungsfelder um das Kartellrecht erweitern und das Wachstum in Europa fortsetzen, teilt die Kanzlei mit. Siebert soll eng mit dem Transaktionsteam in Frankfurt sowie mit den internationalen Büros zusammenarbeiten und bei M&A- und Private-Equity-Transaktionen kartellrechtlich beraten.
11/11 Addleshaw baut Banking & Finance aus
Nicht ganz zwei Jahre hat die Bank- und Finanzrechtlerin Nadine Bourgeois für Luther gearbeitet, bevor sie sich nun als Partnerin der britischen Kanzlei Addleshaw Goddard angeschlossen hat, wo sie eine bank- und finanzrechtliche Praxis in Deutschland aufbauen soll. Sie berät von Hamburg und Frankfurt aus bei Restrukturierungen, Akquisitions-, Immobilien- und Unternehmensfinanzierungen.
Addleshaw Goddard hatte im Juni 2019 in Hamburg ihren ersten Standort in Kontinentaleuropa eröffnet und dazu ein zehnköpfiges Team von Bryan Cave Leighton Paisner geholt. Mittlerweile arbeiten 30 Berufsträger für die Sozietät, darunter neun Partnerinnen und Partner.
Juristen-Transfermarkt Q1/2021: Die wichtigsten Wechsel . In: Legal Tribune Online, 16.04.2021 , https://www.lto.de/persistent/a_id/44746/ (abgerufen am: 11.12.2023 )
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