Anwälte und ihre Erreichbarkeit im Urlaub: "Die Zeit ohne Smart­phone war stres­siger"

von Tanja Podolski

26.07.2016

Auch im Urlaub sind die meisten Anwälte erreichbar – und erwarten das auch von ihren Mitarbeitern, Urlaubsrecht hin oder her. Doch manchmal, für ein paar Tage, klinken sie sich ganz aus. Klaus-Stefan Hohenstatt ist einer von ihnen.

LTO: Herr Hohenstatt, Sie waren gerade im Urlaub und selbst per Email nicht erreichbar. Wo waren Sie?

Dr. Klaus-Stefan Hohenstatt: Ich war auf einer Tauch-Safari im Roten Meer. Wir waren eine Woche lang mit dem Schiff unterwegs. Schon bei der Buchung wurden wir darüber informiert, dass wir in dieser Zeit nicht erreichbar sein werden.

LTO: Wie lässt sich das mit Ihrer Arbeit vereinbaren?

Hohenstatt: Ich bin als Arbeitsrechtler überwiegend in strategischen Projekten beratend tätig. Anders als im Transaktionsgeschäft ist das etwas besser planbar.Aber natürlich passiert es auch mir, dass ich bei einer Transaktion mitberate und dann der vielleicht länger geplante Urlaub plötzlich gefährdet erscheint. Meistens gelingt es aber, rechtzeitig ein  anderes Teammitglied  einzuschalten, das meinen Part übernimmt

Die Mandanten, mit denen während des Tauchurlaubs Projekte liefen, habe ich selbstverständlich informiert. Sie wissen, welchen meiner Mitarbeiter sie im Zweifel ansprechen können. Zudem ist eine Abwesenheitsnotiz geschaltet. Alle haben diese Information ganz entspannt zur Kenntnis genommen.

Auszeit ohne Internet

LTO: Wie formulieren Sie die Abwesenheitsnotiz?

Hohenstatt: Ehrlich – so wie es ist. Ich schreibe ganz deutlich rein, dass ich eine Woche im Urlaub bin und keinen Zugang zum Internet haben werde, sodass ich keine Emails empfangen kann. Und natürlich steht auch darin, an wen sich die Mandanten alternativ wenden können.

Ich würde das aber auch nicht übertreiben. Über eine Woche gehen Mandanten und Kollegen leicht hinweg. Aber wenn man nicht gerade im Sabbatical ist, sollte man während eines längeren Urlaubs als Dienstleister schon erreichbar sein, jedenfalls für die wirklich dringenden Dinge.  Mindestens aber sollte man für eine exzellente Vertretung sorgen und das auch klar kommunizieren.

LTO: Das klingt nach der nötigen Gelassenheit gepaart mit dem Wissen, dass Sie ersetzbar sind – ist das zutreffend?

Hohenstatt: Ich bin inzwischen 55 Jahre alt und seit  19 Jahren Partner bei Freshfields. Da sollte man schon etwas Gelassenheit gelernt haben. Gelassenheit heißt aber nicht Gleichgültigkeit. Die Interessen der Mandanten gehen vor! Um meine Ersetzbarkeit weiß ich spätestens seit meinem viermonatigen Sabbatical im Jahre 2007. Freshfields Partner können alle zehn Jahre ein Sabbatical machen  – ich könnte also theoretisch nächstes Jahr wieder los.

Für die Zeit des Sabbaticals geben inzwischen 80 Prozent der Partner ihre beruflichen Smartphones bei der Kanzlei ab. Sie sind dann wirklich ganz "weg" – und nur so kann man auch wirklich Abstand gewinnen.  Sonst geht es einem wie mir 2007, als mich ein Partner während einer Reise durch Argentinien intensiv bearbeitete, ich möge doch für ein neues Mandat für ein paar Tage nach Frankfurt kommen.

Zitiervorschlag

Tanja Podolski, Anwälte und ihre Erreichbarkeit im Urlaub: "Die Zeit ohne Smartphone war stressiger" . In: Legal Tribune Online, 26.07.2016 , https://www.lto.de/persistent/a_id/20104/ (abgerufen am: 20.04.2024 )

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